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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Weichsel (Kirschsorte) - Weichtiere

Warthe und Oder in Verbindung. Schiffbar wird die W. schon von der Przemszamünduug bei Auschwitz an, für größere Fahrzeuge nach Aufnahme des San bei Sawichost. Seit 1848 ist auf der W. von Warschau aus regelmäßige Dampfschiffahrt im Betriebe. Außer dem großen Hochwasser des März hat war die W. noch zwei andere zu Johannis und Jakobi, die sog. Janówka und Jakobówka, doch wird die Schiffahrt und zumal der Dampferverkehr im Hochsommer nicht selten durch Wassermangel unterbrochen.

Auch die oft sich bildenden und nach jeder Flußanschwellung ihre Lage verändernden Sandbänke bieten der Schiffahrt große Schwierigkeiten; doch sorgt man preußischerseits eifrig für eine Regulierung des Strombettes, wie denn auch die russ. Regierung Regulierungsarbeiten von Warschau bis zur Bugmündung, von Wlozlawsk bis zur preuß. Grenze sowie unterhalb der österr. Grenze, betreibt. Die Tiefe des Stroms wechselt vielfach, besonders durch die fast alljährliche Veränderung der Strömung und den Eisgang. Sie schwankt im Unterlauf zwischen 2 und 7 m. Trotz ihrer Wassermasse und Stromgeschwindigkeit ist die W. fast jeden Winter von Ende Dezember bis Anfang März zugefroren.

Die W. liefert viele und gute Fische. Der größte Vorteil aber, den sie Polen gewährt, ist die bequeme Ausfuhr der Landeserzeugnisse, namentlich des Holzes; die Getreideausfuhr ist meist auf die Eisenbahn übergegangen.

Bei Thorn gingen 1895 durch zu Berg 26 unbeladene, 410 beladene Schiffe mit 32 684 t Güter, zu Thal 11 unbeladene, 465 beladene Schiffe mit 38 524 t Güter Und 614 552 t Floßholz. Die Plehnendorfer Schleuse passierten 1895 zu Berg: 1034 unbeladene, 2994 beladene Schiffe mit 237 528 t lauter und 375 t Floßholz, zu Thal 1024 unbeladene, 2977 Schiffe mit 244 928 t Güter und 215 175 t Floßholz.

Vgl. Die W., historisch-topographisch und malerisch (hg. von Brandstätter, Marienwerder 1855); Licht, Die untern Weichselniederungen (Danz. 1878); Lierau, Der Dünendurchbruch der W. (Berl. 1892); Führer auf den deutschen Schiffahrtsstraßen, III. Weichselgebiet (ebd. 1893); Bludau, Die Oro- und Hydrographie im Stromgebiet der W. (Gotha 1894); Keller, Das Sommerhochwasser vom Juni bis Juli 1894 in der Oder und W. (Berl. 1894).

Weichsel, Weichselkirsche, s. Kirsche und Prunus.

Weichselbahn, s. Russische Eisenbahnen.

Weichseldurchstich Siedlersfähr-Ostsee, s. Tabelle I zur Karte: Die Schiffahrtsstraßen des Deutschen Reiches, beim Artikel Scbifffahrtskanäle.

Weichselflöße, s. Flöße.

Weichselgouvernements, offizieller Name der zehn Gouvernements des Königreichs Polen, s. Polen.

Weichsel Haff-Kanal, s. Tabelle I zur Karte: Die Schiffahrtsstraßen des Deutschen Reiches, beim Artikel Schiffahrtskanäle.

Weichselkirsche, s. Kirsche und Prunus und Tafel: Rosifloren I, Fig. 4. l

Weichselmünde, Festung bei Neufahrwasser (s. d. und Karte: Danzig mit Neufahrwasser und Weichselmünde).

Weichselniederung, s. Weichsel.

Weichsel-Nogat-Kanal oder Pieckeler Kanal, s. Weichsel und Tabelle I zur Karte: Die Schiffahrtsstraßen des Deutschen Reiches.

Weichselrohr, Tabakspfeifenrohre, die aus den Stocklohden verschiedener Prunusarten gewonnen werden. Die echten oder türkischen W., die beim Rauchen einen angenehmen Geruch geben, stammen von der Steinweichsel, die hauptsächlich in Österreich (Baden bei Wien, Kottingbrunn, Vöslau) für die Zwecke der Pfeifenindustrie in Baumschulen gezogen wird. Unechte W. werden aus den Stocklohden des Sauerkirschbaums und der Ahlkirsche verfertigt. Der aromatische, etwas an bittere Mandeln erinnernde Geruch rührt von dem in der Rinde des W. enthaltenen Cumarin (s. d.) her.

Weichselstädtebahn, von Marienburg über Marienwerder und Graudenz nach Thorn mit Zweigbahn nach Culm (150,3 km), eine vom preuß. Staate erbaute, 1882-83 eröffnete Nebenbahn; sie steht unter der königl. Eisenbahndirektion zu Danzig.

Weichselzopf, Wichtel- oder Judenzopf (Plica polonica, Trichoma), besteht in einer aus Unsauberkeit stammenden unentwirrbaren Verfilzung der Haupthaare, unter dem zuletzt auch die Kopfhaut nach Art der nässenden Flechte erkrankt. In Polen hält man übrigens den W. für ein gutes Präservativ und Hilfsmittel gegen allerlei Krankheiten, gegen Behexung u. dgl. Die Behandlung des W. besteht im Abschneiden der Haare, in der Erweichung und Entfernung der Borken durch Öl und in der Anwendung adstringierender und desinfizierender Salben. (S. Ekzem.) - Über den W. beim Pferde s. Hautkrankheiten (der Haustiere).

Weichtiere (Mollusca, Malacozoa), wirbellose Tiere, die sich durch einen mehr oder weniger sackartigen ungegliederten (in seltenen Fällen äußerlich teilweise gegliederten) Körper und den Bau des Nervensystems auszeichnen; letzteres besteht aus einem über dem Schlunde gelegenen paarigen Nervenknoten oder Gehirn, von dem aus mindestens zwei Paare nervöser Verbindungen den Schlund umfassen und zu mehrern unter demselben gelagerten Nervenknoten treten, die den Fuß und die Eingeweide versorgen, so daß ein mindestens doppelter Schlundring zustande kommt. Die eine große Gruppe ist symmetrisch gebaut (Muscheln), sie begnügt sich mit diesem Schlundring. Alle übrigen (Glossophoren) haben einen unsymmetrisch aufgewundenen Eingeweidesack mit seitlich gelegenem After (Kopffüßer, Grabfüßer, Schnecken). Bei ihnen ist der Bau und die Verzweigung der Eingeweidenerven unsymmetrisch. Sie zeichnen sich außerdem durch eine aus zahlreichen, rückwärts gerichteten, hornigen Zähnchen gebildete Reibplatte (Radula) oder Zunge aus, die in einem muskulösen, verdickten Schlundkopfe liegt, der durch ein besonderes Paar von kleinen, gleichfalls mit dem Hirn verbundenen Nervenknoten versorgt wird, so daß bei ihnen noch ein dritter Nervenschlundring vorhanden ist. Alle haben, zum mindesten in der Jugend, eine ringförmige Hautfalte auf dem Rücken, den Mantel, der bei den Muscheln so weit nach beiden Seiten herunterwächst, daß er das ganze Tier zu umhüllen vermag. Bei den Glossophoren wächst der Eingeweidesack in den Mantel hinein, so daß er bruchsackartig am Rücken vorgestülpt wird. Bei den Schnecken und Grabfüßern vermag sich auch der übrige Körper in den Mantel zurückzuziehen. Nur in einzelnen Familien wird der Eingeweidesack nachträglich wieder aus dem Mantel heraus und in die übrige Haut wieder hineingeschoben (Napf- und Nacktschnecken). Stets ist es der Mantel, der das Ge-^[folgende Seite]