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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wien (Friedhöfe. Weltliche Bauten)

Schottenkirche, im 17. Jahrh. umgebaut, mit wertvollen Altarblättern, einem prachtvollen neuen Altar, der Grabstätte und dem Denkmal (1893) des Babenbergers Herzog Heinrich Jasomirgott (gest. 1177); die Peterskirche (1702) von Fischer von Erlach und die Universitäts- oder Jesuitenkirche (1628‒31), reiche Spätrenaissancebauten mit Fresken; die Kapuzinerkirche mit der Gruft der Habsburger (seit 1619), die Malteserkirche, die Annakirche (1747) im Barockstil, die Pfarrkirche am Hof (15. Jahrh.) mit Barockfaçade (1662), die 1895 prächtig erneuerte Franziskanerkirche in der Weihburggasse, die zierliche frühgot. Salvatorkapelle (1360), jetzt den Altkatholiken gehörig, mit prächtigem Renaissanceportal (1540), und die kleine Ruprechtskirche, die älteste Kirche der Stadt. Unter den neuen Kirchen nimmt die 1856 begonnene, 1879 vollendete got. Heilandskirche («Votivkirche»), nach dem Plane Ferstels erbaut, den ersten Rang ein (s. Tafel: Wiener Bauten Ⅱ, Fig. 3); sie ist dreischiffig, hat zwei durchbrochene Türme (99 m) und ist eine der schönsten got. Kirchen der Neuzeit; die griech. Kirche am Alten Fleischmarkt ist 1858 von Hansen erbaut. Unter den ältern Kirchen der Vorstadtbezirke sind die bedeutendsten die Pfarrkirche des heil. Karl Borromäus auf der Wieden, infolge eines Gelübdes Kaiser Karls Ⅵ. wegen Abwendung der Pest 1716‒37 nach dem Plane Fischers von Erlach durch Martinelli nach dem Muster der Peterskirche in Rom aufgeführt (s. Tafel: Deutsche Kunst Ⅲ, Fig. 1); die Kirche der Salesianerinnen mit mächtiger Kuppel; die berühmte Wallfahrtskirche Mariahilf und die Pfarrkirche Maria-Treu in der Josefstadt. Aus neuester Zeit stammen die St. Johanneskirche (1845) von Rösner in der Leopoldstadt, mit schönen Fresken, die Alt-Lerchenfelderkirche, von F. Müller 1853 im ital.-mittelalterlichen Stil aufgeführt und mit Fresken von Führich, Kupelwieser, Mayer u. s. w. geschmückt, die 1866 vollendete Elisabethkirche nahe der Belvedere-Linie von Bergmann, die got. Pfarrkirchen unter den Weißgärbern (1873), in der Brigittenau (1873) und in Fünfhaus (s. Tafel: Wiener Bauten Ⅱ, Fig. 1), ferner die got. Lazaristenkirche am Neubau, sämtlich 1860‒75 von Fr. von Schmidt erbaut; die prot. Kirche im Bezirk Mariahilf, 1846 von L. Förster im roman. Stil erbaut, u. s. w. Unter den israel. Bethäusern ist der 1853 von L. Förster erbaute Tempel in der Leopoldstadt von Bedeutung.

Friedhöfe. Die fünf kath. Friedhöfe wurden, nachdem sie Eigentum der Gemeinde geworden waren, 1874 geschlossen und bei Kaiser-Ebersdorf ein großer Centralfriedhof (207 ha groß) für alle christl. Konfessionen nach den Plänen der Architekten Bluntschi und Mylius in Frankfurt a. M. errichtet und 1. Nov. 1874 eröffnet. Seit März 1879 werden daselbst in einem gesonderten Raume auch die Leichen der Israeliten beerdigt; die Protestanten benutzen noch ihren alten Friedhof. Der Centralfriedhof besitzt zahlreiche prachtvolle Grabdenkmäler, darunter das großartige Grabdenkmal der Opfer des Ringtheaterbrandes und vieler berühmter Männer, wie der Generale John und Uchatius, des Bürgermeisters Prix in Bronze, des Stadtrats Meißel, des Erbauers der Semmeringbahn Ghega, des Feldmarschalls Freiherrn von Heß, der Feldzeugmeister Maroičić di Madonna del Monte und Hauslab, des Ministers des Äußern Freiherrn von Haymerle, der Komponisten Gluck, Mozart, Beethoven und Schubert, der Dichter Bauernfeld, Anzengruber und Weilen, der Maler Makart, Amerling und Laufberger, der Bildhauer Fernkorn und Tilgner, der Architekten Freiherr von Schmidt und Romano, des Freiherrn von Dingelstedt, der Schauspieler und Schauspielerinnen Fichtner, Löwe, Antonie Adamberger, der Gelehrten Mohs, der beiden Littrow, Arlt, Adam Burg u. a.

Weltliche Bauten. Das an Umfang und Alter bedeutendste Bauwerk ist die kaiserl. und königl. Hofburg, gewöhnlich «die Burg» genannt, eine Gebäudegruppe aus den verschiedensten Zeiten, deren jüngster Teil 1897 vollendet worden ist. Die Hofburg enthält alle Hof- und Staatsgemächer sowie die Repräsentationsräume. Sie umschließt vier Höfe, den Schweizerhof, den Innern Burgplatz oder Franzensplatz, den Amalienhof und den Äußern Burgplatz und bildet am letztern ein 387 m langes unregelmäßiges Gebäude. Der älteste Teil umschließt den Schweizerhof, ist von Herzog Leopold Ⅵ. dem «Glorreichen» angelegt und seit dem 13. Jahrh. Sitz der österr. Regenten. Vom Schweizerhof, in den über den alten Burggraben eine Brücke führt, ist der Eingang in die berühmte Schatzkammer des Kaiserhauses und in die got. Burgkapelle (1449). Der Augustinergang führt von hier aus zum Josephsplatz und zur Augustinerkirche. Den Innern Burgplatz mit dem Franzensmonument umschließen im Südwesten der Leopoldinische Trakt, von Kaiser Leopold Ⅰ. nach dem Brande von 1668 erbaut, mit dem prächtigen Rittersaal, und ihm gegenüber der Reichskanzleipalast, 1728 von Fischer von Erlach erbaut, mit den Wohnräumen des Kaisers im ersten Stock. Vom Innern Burgplatz gelangt man westlich in den Amalienhof (17. Jahrh.), mit den Gemächern der Kaiserin. Am Äußern Burgplatz befinden sich nebst den Repräsentationsgemächern, zu welchen eine Zufahrt an der sog. Bellaria führt, der Ceremoniensaal sowie der neue, von dem Architekten von Hafenauer entworfene großartige Neubau. An diesen wird sich dann ein weiterer Bau anschließen, während der zweite, dem neuen Flügel (am Hofgarten) gegenüberliegende geplante gleiche Flügel am Volksgarten erst später ausgeführt wird. Infolge Niederreißung des alten Burgtheaters (1889) ist die früher nur als Torso bestandene Burgfront gegen den Michaelerplatz nach den alten Plänen Fischers von Erlach ausgebaut und 1893 vollendet (s. Tafel: Wiener Bauten Ⅰ, Fig. 1). Dieser neue Bau enthält über der Einfahrt einen mit Statuen geschmückten Kuppelbau. An die Burg schließen sich gegen den Josephsplatz an die 1722 von Fischer von Erlach erbaute prächtige Hofbibliothek mit 78 m langem und 17 m breitem Büchersaal (Fresken von Daniel Gran) und ovaler Kuppel, die ehemaligen Redoutensäle und die von demselben Architekten 1735 erbaute Winterreitschule, die schönste in Europa, mit einer von 46 Säulen getragenen Galerie. Den Äußern Burgplatz umschließen ferner die beiden neuen k. k. Hofmuseen, das Kunsthistorische (s. S. 708) und das Naturhistorische (s. Tafel: Museen Ⅰ, Fig. 4), 1870‒89 nach Plänen von Semper und Hasenauer im Hochrenaissancestil erbaut, dann das alte Gebäude der Hofstallungen. Der Justizpalast (s. Tafel: Wiener Bauten Ⅰ, Fig. 2) ist 1875‒81 in deutscher Renaissance nach Plänen von Wielemans erbaut; das got. Rathaus, 1872‒83 von Fr. von Schmidt mit einem Kostenaufwand von 15 Mill. Fl. erbaut (s. Tafel: Rathäuser Ⅱ, Fig. 1), hat einen 100 m hohen Turm, sechs kleinere und einen großen Arkadenhof, das