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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zehnt - Zeichenschulen

Zehnt, Dezem (Decima), zehnter Teil der gewonnenen Naturalfrüchte eines Grundstücks, bei Naturalwirtschaft am wenigsten drückende, von Luther im Sermon vom Wucher befürwortete, der Güte der jedesmaligen Ernte sich anpassende Grundbelastung, durch diese Art der Anpassung von den sonstigen Reallasten (s. d.) sich unterscheidend. Großer Z. von Korn, kleiner oder Krautzehnt von Gemüse, Wurzelgewächsen und Obst, Fleisch- oder Blutzehnt von landwirtschaftlichen Tieren. Der Z. ist sehr alten Ursprungs: Ägvpt. Doppelzehnten 1 Mose 47, 24; jüdische Z. der Erstlinge; in Griechenland kam bis in die neuere Zeit ein an den Staat gegebener Z. vor. Es giebt sowohl privatrechtliche Z. wie solche, welche dem öffentlichen und zumal dem Kirchenrecht angehören. Die röm. Kirche hat schon früh behauptet, daß mit dem übrigen Alten Testament auch der Levitenzehnt (3 Mose 27, 26; 4 Mose 18, 11) vom Christentum übernommen sei, und es ist ihr auch wirklich gelungen, dies in den meisten röm.-kath. Ländern zum Teil sogar zur ausdrücklichen staatsgesetzlichen Anerkennung zu bringen, nur nicht bei dem Großgrundbesitz, insbesondere den Rittergütern. Oft wurde der Kirchenzehnt auf Laien durch Verleihung übertragen und veräußert und verblieb, wenn auch die Kirche die Veräußerlichkeit bestritt, in Laienhänden. Ein allgemeines Zehntrecht der Kirche ist übrigens nicht durchgedrungen; wo die Kirche ein Zehntrecht behauptete, mußte sie dessen besondere Entstehung beweisen, ein Beweis, welcher jedoch, wenn ein ganzer Bezirk zehntpslichtig war (Decimae universales im Gegensatz zu particulares), durch die Zugehörigkeit zum Bezirk erbracht wurde. Meistens war der Zehntherr befugt, auszusuchen und zu wählen, mußte aber auch abholen; die Garben mußten bis zur Ankunft des Vogts auf dem Felde bleiben. Ein Bestellungszwang oder ein Zwang, bei der bisherigen Kulturart zu bleiben, fand nicht statt. Rott-, Noval-, Neubruchzehnt nennt man denjenigen Z., welcher von zuerst in Kultur genommenen, in einem im ganzen zehntpflichtigen Bezirk belegenen Lande zu entrichten ist.

Bei Fortentwicklung des Landbaues fängt der Z. an schädlich zu wirken. Er hält von dem Betrieb einer intensivern Wirtschaft ab, da dem Zehntherrn eine Teilnahme am Mehrertrag ohne Teilnahme an Risiko und Kosten zugewendet sein würde. Deshalb wurden oft die Z. in Korn oder Geld als Bringschuld (Sackzehnt, Geldzehnt) fixiert. Die neuere Ablösungsgesetzgebung hat neben der Ablösbarkeit fast überall bestimmt, daß künftighin neue Z. als Reallasten nicht begründet werden können (preuß. Gesetz vom 2. März 1850, §. 35). Das Einführungsgesetz zum Bürgerl. Gesetzbuch Art. 115 hält diese Gesetzgebung aufrecht.

Zehntland, s. Decumatische Äcker.

Zehrfieber, s. Fieber.

Zehrkraut, s. Betonica.

Zehrung, s. Raketen.

Zehrwurz, s. Arum.

Zeichen, astronomische, s. Ekliptik und Tierkreis; chemische, s. Chemische Zeichen; Z. in der Jägersprache, s. Kennzeichen.

Zeichenbrett, s. Zeichengeräte.

Zeichendeuter, grch. Teratoskopoi, eine Art Wahrsager, welche aus Naturerscheinungen, besonders am Himmel, die Zukunft prophezeiten. (Vgl. Hieroskopie und Empyra.)

Zeichengeld, soviel wie Kreditgeld (s. Geld und Papiergeld).

Zeichengeräte, Werkzeuge und Vorrichtungen zum Zeichnen (s. d.). Das Zeichenpapier (s. d.), auf welchem die Zeichnung ausgeführt werden soll, wird auf der Platte eines Zeichentisches oder auf einem Reißbrett befestigt, d. h. entweder mit Reißnägeln (s. d.) aufgezweckt oder, was eine ebenere Zeichenfläche liefert, "aufgespannt". Beim Aufspannen oder Aufziehen wird das vorher stark mit einem Schwamm befeuchtete Papier an den Rändern mit Klebstoff (dickem arab. Gummi) auf dem Zeichenbrett befestigt. Das Reißbrett oder die Platte des Zeichentisches haben genau rechteckige Form. An der linken Kante wird behufs Gewinnung von horizontalen Geraden die Reißschiene angelegt, ein langes Lineal mit einer am Ende befestigten Querleiste. Die Dreiecke (s. d.) dienen zur Konstruktion anders als horizontal gerichteter Parallelen und zum Fällen von Loten (s. Zeichnen II). Strecken von bestimmter Länge greift man auf einem Maßstab (s. d.) mittels eines Stockzirkels ab, während Kreise mit einem Einsatzzirkel geschlagen werden (s. Zirkel). Besonders enge, gleichweit entfernte Parallelen (z. B. Schraffuren) können mit besondern Schraffierapparaten (s. d.) erzeugt werden. Die in Bleistift gezogenen Linien werden in Tusche (s. d). mittels einer Reißfeder nachgezogen ("ausgezogen"). Über die verschiedenen Formen der Reiß- oder Ziehfeder s. Ziehfeder.

Weitere Z. zu speciellen Zwecken sind: der Ellipsenzirkel (s. d.) zum Zeichnen von Ellipsen; der Pantograph (s. d.) oder Storchschnabel zum Verkleinern und Vergrößern von Zeichnungen; der Perspektograph (s. d.) und die Fluchtpunktschienen (s. d.) zur Gewinnung perspektivischer Linien; der Kurvenmesser (s. d.) zum Ausmessen von Kurven; das Planimeter (s. d.) zum Ausmessen von Flächen.

Zeichenkattun, soviel wie Pausleinwand (s. d.).

Zeichenkunst, s. Zeichnen.

Zeichenpapier, Bezeichnung für die zum Zeichnen verwendeten Papiersorten. Ein gutes Z. ist fest und zäh, nimmt die Tusche leicht an, wird von Radiergummi nicht verletzt und gestattet das Wegwaschen falscher Tuschlinien und Farbentöne. Für Maschinen, Ornamente, Tuschzeichnungen, Aquarellen wird meist ein gekörntes, wenig geleimtes Z., für Lagepläne, Höhenkarten, graphische Konstruktionen dagegen ein glattes Papier mit fester Oberfläche gewählt; für Werkstattzeichnungen ein dauerhaftes zähes Z. Das vorzügliche engl. Whatmanpapier ist neuerdings auch von deutschen Sorten erreicht worden. Zu den Z. gehören auch das Bristolpapier (s. d.) und das Pauspapier (s. d.).

Zeichenrätsel, s. Rebus.

Zeichenregister, Zeichenrolle, s. Marke und Markenschutz.

Zeichenschiefer, s. Thonschiefer.

Zeichenschlüssel, s. Signatur.

Zeichenschulen, Schulen für die Ausbildung im Zeichnen. Man kann die Z. in vier auf verschieden hoher Stufe befindliche Gruppen einteilen. In erster Linie stehen die kunstgewerblichen Schulen, in denen mit vollem Tagesunterricht und bei drei- bis vierjährigem Kursus in sämtlichen Fächern des Zeichnens unterrichtet wird, zumeist mit besonderer Berücksichtigung eines oder mehrerer Zweige des Kunstgewerbes. In zweiter Linie kommen die Musterzeichnerschulen, die bestimmt sind, Musterzeichner für Gewebemusterung und Gewebe-^[folgende Seite]