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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bierbaum - Biermann
den, wo die Bienen selten oder wenig schwärmen,
muß der Züchter, um den Bienenstand auf der Nor-
malhöhe zu erhalten, zur künstlichen Vermehrung
schreiten. Die älteste künstliche Vermehrungsart ist
das Abtrommeln oder Abtreiben. Es besteht
darin, daß man aus einem schwärmreifen Korde die
fruchtbare Mutter mit dem größten Teil der flüggen
Bienen in einen dicht aufgesetzten leeren Korb durch
Klopfen (Trommeln) treibt. Der junge Stock heißt
Triebling und wird auf den Platz des Mutter-
stockes gestellt; den abgetriebenen Korb aber stellt
man an den Platz eines recht volkreichen Stockes;
letztcrm giebt man einen beliebigen Platz auf dem
Stande. Das Ablegen besteht in seiner einfachsten
Form darin, daß man Bau und Bienen eines recht
starken schwärmreifen Volks in zwei Teile zerlegt;
der schwächere Teil behält die alte fruchtbare Mutter,
während der brüt- und bicnenreichere Teil sich eine
Königin erbrüten muß, wenn man ihm nicht sofort
eine der Neife ziemlich nahe Wcisclzclle einfügen
kann. Es ist also diese Vermehrungsart ein kühner
Eingriff in den Haushalt der Bienen, der darum
nur von einem Meister ausgeführt werden sollte.
Dem Anfänger ist das fog. Zufammenstoppeln
von Völkern zu empfehlen. Sobald einige starke
Völker Drohnenbrut angesetzt haben, stelle man
einige kleine Brutableger zur Erbrütung von Köni-
ginnen her, die man auf einem etwas entfernten
Orte aufstellt. Sind die Königinnen dieser Völkchen
fruchtbar geworden, so verstärkt man sie zunächst
vom heimischen Stande aus mit flüggen Bienen,
hernach noch mit einigen möglichst reifen Vrutwaben.
In allen honigarmen Gegenden muß man mit der
Vermehrung im Juni fertig fein; denn später ein-
gerichtete Völker finden nicht mehr Tracht genug,
ihre Wohnung auszubauen und Nabrung für den
Winter einzutragen. Ende Juni und im Juli be-
schränkt man den Wabenbau dadurch, daß man nur
noch im abgesonderten Zonigraume bauen läßt.
Jeder übermäßige Vrutansatz nach dem 24. Juni
ist nachteilig; denn alle Bienen, zu denen nach dem
Johannistage die Eier gelegt wurden, werden im
laufenden Jahre zu jeglicher Tracht zu spät flügge.
Völker, die geschwärmt haben, abgetrommelt oder
abgelegt wurden, untersucht man Ende Juni und
Anfang Juli auf ihre Wciselrichtigkeit. Hat das
Volk jetzt nicht wieder junge Brüt, so ist es weisellos
oder hat eine untaugliche Königin. Dem weisel-
losen Volke giebt man eine Königin oder Weiselzelle
oder doch junge Bienenbrut; die untaugliche Königin
muß vorher aus dem Volle entfernt werden.
Die vierte Periode des Bienenjahrs umfaßt
die Honigernte und die Zeit der Vorrichtun-
gen für die Einwinterung, August und Sep-
tember. In Zeidegegenden gewährt das Heidekraut,
das Anfang August in Blüte tritt, den Bienen oft
so reichlich Nahrung, daß sie in der Heide mitunter
nochmals das Schwärmen vorbereiten. Man wan-
dert darum Anfang August mit den Stöcken in die
Heide, von wo man sie erst Ende September zurück-
holt. In honigarmen Gegenden ist bereits im August
jegliche Tracht vorüber. Der Vermehrungstrieb er-
stirbt jetzt, weshalb die weiselrichtigen Völker spä-
testens Anfang August die Drohuen als fortan
nutzlofe Glieder abstechen; man nennt diesen Vor-
aang die Drohnenschlacht. Nur weisellose und wei-
selunrichtige Völker vertilgen die Drohnen nicht.
Die Honigernte wird jetzt beendet. Die Honigräume
werden geleert und den Körben entnimmt man die
An- und Auffätze. Das Hauptaugenmerk muß da-
bei auf die Wintervorräte sich richten. Jetzt muß
ein Korb mindestens 20-25 Pfd. inneres Gut
haben, soll er überwinterungsfäyig sein, zumal
wenn er alten schweren Bau hat. Bei Stöcken mit
beweglichen Waben schätzt man die Honigvorräte
nach dem Gewicht. Honigarme Stöcke unterstützt
man mit bedeckten Honigwaben oder füttert sie An-
fang September mit aufgelöstem Kandis auf. Nur
volksstarke Stöcke vermögen den Gefahren des Win-
ters energisch zu trotzen. Schwache Völker muß
man darum im August und September vereinigen;
um dabei Veißerei zu verhüten, besprengt man die
zu vereinigenden Bienen mit Honigwasftr.
Erntebereitung. Den geernteten Honig sortiert
man in 1) Scheibenhonig, den man als solchen
an Liebhaber verkauft, und 2) in Waben, die aus-
gefchleudert werden sollen. In einem warmen Raume
entdeckclt man mit einem recht dünnklingigen Messer
dieWabenundschleudertdenHonigmitdcrHruschka-
schen Schleudermaschine aus den Zellen. Die ge-
schleuderten Waben hängt man auf einige Tage in
die Honigräume, wo sie von den Bienen ausgeputzt
werden, wonach man sie an einem trocknen Orte,
an dem Mäuse nicht hausen, für das nächste Jahr
zu abermaliger Benutzung aufbewahrt. Wachs ge-
winnt man mittels der Wachsdampfpresse;
kleinere Wabenrückstände preßt man mit einer ge-
wöhnlichen Handwachsprefse aus.
Litteratur. Ieker, Kramer und Theiler, Der
schweiz. Vienenvater (Aarau 1895); Huber, Die
neue, nützlichste B. (11. Aufl., Lahr 1892); Friese,
Die Bienen Europas (2 Tle., Verl. 1895-96).
Nierbaum, Otto Iul., Schriftstell er,geb. 28. Juni
1865 in Grünberg in Nicderschlesien, studierte in
Zürich, Leipzig, München und Berlin Philosophie,
Jura und Orientalia, wandte sich aber schließlich der
schriftstellerischen Laufbahn zu und wurde 1890 in
Müuchen einer der Begründer der sog. modernen
Richtung in der Litteratur. 1892 erschien die Skizze
"Detlev von Liliencron" (Leipzig). Auch an dem mo-
dernen Knnstleben nahm V. als Kritiker lebhaften An-
teil und wandte insbesondere den Münchener "Seces-
sionisten" von 1893 sein Interesse zu ("Münchener
Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen",
Münch. 1890; "Arnold Voecklin", ebd. 1391, Text
zu der Albertschen Heliogravürenmappe; "Fritz von
Uhde", ebd. 1893; "Franz Stuck", ebd. 1893; "Aus
beiden Lagern. Betrachtungen, Charakteristiken und
Stimmungen aus dem ersten Doppelausstellungs-
jahr in München 1893", ebd.). Der von ihm seit
1891 herausgegebene "Moderne Musenalmanach"
(München) giebt ein höchst charaktenstWes Bild
von der modernen Lyrik. Der Zusammendang der
modernen Bewegung in der Litteratur und in der
frowe disen Kranz", ebd. 1892; das lyrische Drama
"Lobetanz", Vühnenspiel, 1805). 1896 erMcn von
ihm ein Roman: "Die Freiersfahrten und Freiers-
meinungen des weiberfeindlichen Herrn Pankrazius
Graunzcr". 1894 übernahm B. in Berlin die Redak-
tion der "Freien Vübne"; 1894 gründete er die Ge-
nossenschaft "Pan" (s. d.), deren gleichnamige Zeit-
schrift er im ersten Jahrgang redigierte. Seit 1895
lebt er in Südtirol.
* Biermann, Karl Eduard, starb 16. Juni
1892 in Berlin.