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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Franz Ferdinand - Französische Eisenbahnen
worden. Die Spitze der franz. Politik richtet sich gegen
Italien und gegen Deutschland. Mit dem erstern gab
es (Aug. 1893) bei dem Zusammenstoße ital. und
franz. Arbeiter in Aigues-Mortes, der zu blutiger
und so gut wie unbestrafter Niedermetzelung vieler
Italiener führte, und auch sonst unfreundliche Be-
rührungen. Gegen Deutschland bewahrte man die
alte Abneigung und behielt sich die Abrechnung
offiziell genug vor; in den Monaten Nov. und Dez.
1894 brachte der Spionageprozeß des .Hauptmanns
Dreyfus leidenschaftliche Angriffe der Presse auf die
deutsche Botschaft und, als rasche Folge, ein Spionen-
gesetz hervor. Im Febr. 1895 nahm die nationale
Gesellschaft der schönen Künste eine Einladung zur
Berliner Kunstausstellung an. Auch der Aufforde-
rung zur Teilnahme an der Einweihung des Nord-
ostseekanals (Juni 1895) hat sich F., trotz heftigen
Protestes in der Presse, nicht entziehen können, aber
es kam mit deutlichem Widerstreben und ließ hei den
Festlichkeiten die franko-russ. Gemeinschaft fast ver-
letzend hervortreten. Die Erinnerungstage an 1870
-71 hatten in F. schmerzlichen und zornigen Nach-
hall. Dennoch ging F. im äußersten Orient im Pro-
test gegen den Frieden von Simonoseki (s. China, Ge-
schichte) mit Ruhland und Deutschland zusammen; wo-
bei vor allem wohl der Gegensatz zu England wirk-
sam war. Schon der Konflikt mit Siam (Mai bis Okt.
1893), der mit einer Erweiterung der franz. Rechte
am Me-kong endete (s. Siam), war zugleich ein stiller
Konflikt mit England, und der Gedanke, daß Eng-
land gegenüber den Interessen F.s und Deutschlands
sich bereichere, ist wohl nicht nur östlich von den Vo-
aesen gefaßt und empfunden worden. Hanotaur ins-
besondere hat, seit 189-1, die Rechte einer franz. Welt-
politik der englifchen gegenüber mehrfach mit Schärfe
wahrgenommen; so im Aug. 1891 in einem mit dem
Kongostaate abgeschlossenen Vertrage; so in der
afrik. Politik überhaupt. F. strebt in Nordwestafrika
offenbar nach Erweiterungen, die es mit England
mindestens in Wetteifer bringen. Vor allem hat F.
die Unterwerfung Madagaskars wieder aufgenom-
men, das sich dem 1885 anerkannten Protektorat
zu entziehen suchte und dabei nach England hinüber-
schielte. Im Nov. 189-1 wurde die Expedition gegen
die madagassische Königin beschlossen, im März
1895 begonnen; die Ausführung legte mancherlei
Mängel besonders in der Kriegsverwaltung, imVer-
pflegungs- und Krankenwesen, an den Tag; aber
30. Sept. 1895 zog General Duchesne dennoch sieg-
reich in der Hauptstadt Tananarivo ein und schloß
1. Okt. mit der Königin einen neuen, die Schutzherr-
sckaft F.s befestigenden Vertrag (s. Madagaskar). Die
Regierung Bourgeois ging über die Absichten Hano-
taur' in der Behandlung Madagaskars hinaus, in-
dem sie es, anstatt nur das Protektorat zu erklären,
direkt dem Kolonialamt unterstellte. Seitdem haben
die südafrik. Bewegungen und die ital. Niederlagen
m Abcssinien sowie der engl. Zug in den Sudan die
afrik. Verhältnisse in neuen Fluß gebracht. Ein über-
stürzter Versuch F.s unter Berthclot, die engl. Stellung
am Nil zu erschüttern, mißlang jedoch, da der Drei-
bund zu England hielt. - Vgl. K. Vogel, Die dritte
franz. Republik bis 1895 (Stuttg. 1895); Coubertin,
(Par. 1896).
^Franz Ferdinand, Erzherzog von Öster-
reich-Este, kehrte 1893 von seiner Weltreise zurück
und veröffentlichte "Tagebuch meiner Reise um die
Erde, 1892-93" (2 Bde., Wien 1895-96). Er wurde
1894 Commandeur der 38. Infanteriebrigade in
Vudweis uild 1896 Feldmarschalllieutenant. 1896
wurde er zum Protektor der böhm. Kaifer-Franz-
Ioseph-Akademie der Wissenschaften in Prag und
zum Protektor der Akademie der Wissenschaften in
Krakau ernannt. Seit dem Tode seines Vaters (gest.
19. Mai 1896) ist er der nächstberechtigte Thronerbe
der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.
'"Franz II., der letzte König beider Sicilien,
starb 27. Dez. 1894 in Arco.
Franz, Joh. Mich., Geograph, geb. 14. Sept.
1700 zu Öhringen in Württemberg, studierte seit
1721 in Halle. Joh. Christoph Homann (s. d., Bd. 9)
berief ihn 1729 nach Nürnberg, wo F. zuerst als
Sekretär in die Homannsche Anstalt und nach
Homanns Tode als Teilhaber in das Geschäft ein-
trat. F. wurde von nun an die Seele des gro-
ßen kartogr. Instituts der "Homännischen Erben"
und begründete um 1740 die Kosmoczraphische Ge-
sellschaft, die erste geogr. Gesellschaft, die es als
ihre Hauptaufgabe ansah, die Geographie und
Kartographie des deutschen Vaterlandes zu ver-
bessern, ^o, erschien 1750 die 'erste kritische Karte
von Deutschland, entworfen von Tob. Mayer. Doch
verfiel F. weiterhin einem nnruhigen Plänemachen,
wußte sich und Lowitz 1754 eine Professur in Göt-
tingen zu verschaffen und starb 1761. F. schrieb:
"Homännische Berichte von Verfertigung großer
Weltkugeln" (1746), "Homännische Vorschläge von
der nötigen Verbesserung der Weltbeschreibungs-
wissenschaft und einer diesfalls bei der Homann-
scken zu errichtenden nenen Akademie" (1747),
"Kosmographische Nachrichten und Sammlungen
auf das I. 1748" (Wien und Nürnb. 1750), "Der
deutfche Staatsgeographus" (Wien 1753).
Franzburger Kreisbahnen, schmalspurige
(1 m) Privatbahnen von Stralsnnd über Barth nach
Damgarten mit Abzweigung von Altenpleen nach
Clausdorf. Die Kosten der 64,8 kni langen, 4. Mai
1895 eröffneten Bahnen betrugen 1942000 M.
Franzburger Südbahn, die der gleichnami-
gen Gesellschaft in Barth gehörige normalspurige
Kleinbahn (29,i Km) von Velgast an der Bahn
(Htralsund-Rostock nach Tribsees; sie wurde 19. Mai
1895 eröffnet. Die Kosten betrugen 995 400 M.
^ Französische Eisenbahnen. Das Eisenbahn
netz umfaßte 1. Jan. 1896: 36 595 km Linien des
.Hauptnetzes, 3871 km Lokalbahnen und 2179 km
Straßenbahnen. Von den Linien des Hauptnctzes
entfielen 32 281 km auf die Hauptbahnen, 1084 km
auf die Nebenbahnen, 2631 Km auf Staatsbahnen,
372 km auf nichtkonzessionierte und 227 km auf
Werk- und andere Bahnen. Das Anlagekapital für
36 208 km Hauptbahnen betrug 1. Jan. 1895:
12 350351000 M. oder 341048 M. für 1 km.
Auf den Hauptbahnen (1. Jan. 1895: 36 249 km)
wurden 1894:336 544148 Personenund 99105 421 t
Güter befördert. Die Einnahme betrug 514098324
Frs. aus dem Personen-, 684 837 244 Frs. aus dem
Güterverkehr und 35 043 400 Frs. an sonstigen und
Nebeneinnahmen, zusammen 1233 978 968 Frs.,
die Ausgabe 688 029170 Frs. Die Netze der sechs
großen Gesellschaften hatten 1. Jan. 1896 eine
Länge von 32465 km, deren Herstellung einschließ-
lich der Kosten für Betriebsmittel die Summe von
13132525881 Frs. erforderten. Die Linien der
Nordbahn umfaßten 3728, der Paris-Lyon-Mittel-
meerbahn 8613, der Paris-Orle'ansbahn 6775, der
Ostbahn 4810, der Westbahn 5365 und der Südbahn