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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lilienthal - Lindenschmit
fallen und durch einen Pistolenschuß verwundet wurde. Im Aug. 1895 wurde L. seines Amtes als Oberstatthalter enthoben und als Reichskanzler und erster Minister nach Peking entboten, wo er mit dem japan. Gesandten die den Friedensvertrag ergänzenden Verhandlungen leitete und den Vertrag vom 8. Nov. wegen Rückgabe von Liau-tung abschloß. Danach wurde er mit der Vertretung Chinas bei der Krönung des russ. Kaisers im Mai 1896 beauftragt und begab sich von Rußland nach Deutschland, Belgien und Holland, Frankreich, England und den Vereinigten Staaten von Amerika, wo er überall mit den größten Ehren aufgenommen wurde. Nach seiuer Rückkehr nach China wurde er im Okt. 1896 in das Thung-li-jamên berufen. - Vgl. R. K. Douglas, Li Hungchang (Lond. 1895).
Lilienthal, Otto, Ingenieur und Flugtechniker, geb. 23. Mai 1818 zu Anklam, studierte Maschinenbau an der Berliner Gewerbeakademie, war dann in der Schwartzkopffschen und in der Hoppeschen Maschinenfabrik thätig und gründete Anfang der achtziger Jahre aus bescheidenen Mitteln eine Werkstatt, die sich besonders durch Ausführung seiner eigenen Erfindungen (Schlangenrohrkessel, schmiedeeiserne Riemenscheiben, Accordsirenen, die von der kaiserl. Admiralität allgemein eingeführt wurden, u. a.) zu einer bedeutenden Fabrik erhob. Nebenbei beschäftigte sich L. mit dem Flugproblem und gelangte nach 20jährigen Forschungen zu dem in seinem Werk "Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst" (Berl. 1889) ausführlich dargestellten Ergebnis, daß nur die genaue Nachahmung des Vogelflugs dem Menschen ein Mittel zum freien Fluge in der Luft gewähre. Seine 1889 begonnenen Flugversuche erregten das Interesse der Fachgenossen. (Näheres darüber s. Flugtechnik.) L. starb 10. Aug. 1896 an den Folgen eines Absturzes, den er bei einem dieser Versuche bei Rhinow erlitt.
Limburg-Stirum, Friedrich Wilhelm, Graf zu, Diplomat und Politiker, geb. 6. Aug. 1835 im Haag, studierte 1853-56 in Bonn und Breslau Jurisprudenz, trat dann in den preuß. Justizdienst, ging 1860 zur diplomat. Laufbahn über und war nacheinander Attaché in Wien, Legationssekretär in Dresden, 1861 interimistischer Geschäftsträger in Stockholm, 1862-63 in Lissabon, ging 1869 als Legationssekretär der Gesandtschaft beim Vatikan nach Rom und wurde 1871 Geschäftsträger in Konstantinopel. 1873-75 wurde L. in der polit. Abteilung des Auswärtigen Amtes beschäftigt, war dann bis 1881 Gesandter in Weimar, jedoch vom 1. Sept. 1880 an mit der interimistischen Wahrnehmung der Geschäfte des Staatssekretärs im Auswärtigen Amte betraut. Am 1. Juli 1881 wurde er zur Disposition gestellt und 1892 wegen eines gegen die Handelspolitik der Regierung gerichteten Zeitungsartikels durch Disciplinarverfahren zur Dienstentlassung verurteilt, aber begnadigt, worauf er auf sein Gesuch in den definitiven Ruhestand versetzt wurde. L. ist Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses für den Wahlkreis Breslau-Neumarkt seit 1871 und gehört dort der Deutschkonservativen Partei an; er beteiligte sich an den kirchenpolit. Kämpfen der siebziger und achtziger Jahre und unterstützte dabei entschieden die Politik des Fürsten Bismarck. Seit 1893 ist L. auch Mitglied des Reichstags für denselben Wahlkreis, den er im Abgeordnetenhaus vertritt; als einer der Führer der deutschkonservativen Partei gehört er auch zu den Hauptvertretern der agrarischen Bestrebungen. L. ist Mitglied des Staatsrates, Besitzer von Großpeterwitz (Kreis Neumarkt) und der Fideïkommißherrschaft Ebersperk (Kreis Wirsitz).
*Lindau, Paul, wurde 1895 zum Intendanten des Hoftheaters in Meiningen ernannt. Von seinen neuem Werken sind noch zu nennen: der Roman "Die Gehilfin" (2 Bde., Bresl. 1895), "Vorspiele auf dem Theater. Dramaturgische Skizzen" (Dresd. 1895), "Der kleine Finger" (ebd. 1896), die Schauspiel "Die Venus von Milo" (Bresl. 1895), "Die Erste" und "Die Brüder" (Dresd. 1896), sowie "Eine Jachtfahrt nach Norwegen" (Bresl. 1895).
Lindemann, Ferdinand, Mathematiker, geb. 12. April 1852 als Sohn eines Lehrers in Hannover, besuchte das Gymnasium in Schwerin und studierte 1870-73 in Göttingen und Erlangen, promovierte hier 1873, hielt sich einige Zeit in München, dann in England und in Paris auf und habilitierte sich 1877 in Würzburg als Privatdocent der Mathematik. Im selben Jahre erhielt er einen Ruf als außerord. Professor nach Freiburg i. Br. und wurde hier nach zwei Jahren ord. Professor. 1883 wurde er nach Königsberg berufen und von da 1893 an die Münchener Universität. Ein besonderes Verdienst erwarb sich L. um die Herausgabe von Clebschs "Vorlesungen über Geometrie" (2 Bde., Lpz. 1875-91). Von L. rührt der erste exakte Beweis der Unmöglichkeit der Quadratur des Kreises her, indem er, gestützt aus Vorarbeiten von Hermite über die Exponentialfunktion, zeigte, daß die Zahl 71 keiner Gleichung endlichen Grades mit ganzzahligen Koefficienten genügt. (Vgl. Berliner Sitzungsberichte, 1882, und Mathem. Annalen, Bd. 23.) Ferner schrieb er: "Untersuchungen über den Riemann-Rochschen Satz" (Lpz. 1879) sowie Abhandlungen in den "Mathem. Annalen", dem "Bulletin de la Société mathématique de France", den "Berichten der Freiburger naturforschenden Gesellschaft", den "Berichten der Münchener Akademie" und den "Göttinger Nachrichten". In letztern findet sich eine Methode zur Lösung von Gleichungen beliebigen Grades durch transcendente Funktionen (und zwar Θ-Funktionen), während man früher nur Gleichungen fünften Grades durch elliptische O-Funktionen zu lösen verstand.
*Linden bei Hannover hat (1895) 35851 (17852 männl., 17999 weibl.) E., darunter 29830 Evangelische, 5651 Katholiken, 227 andere Christen und 153 Israeliten, ferner 1688 bewohnte Wohnhäuser, 8056 Haushaltungen und 6 Anstalten, d. i. eine Zunahme seit 1890 um 7816 Personen oder 27,91 Proz. Die Zahl der Geburten betrug 1895: 1554, der Eheschließungen 417, der Sterbefälle (einschließlich Totgeburten) 864.
Linden in Westfalen, Dorf im Kreis Hattingen des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, hat (1895) 5484 E., darunter 2056 Katholiken und 29 Israeliten, Post, Telegraph, evang. und kath. Kirche, evang. und kath. Krankenhaus; Eisengießerei und Maschinenfabrik, Ziegeleien und Steinkohlenbergbau (Zechen Friedlicher Nachbar und Baacker Mulde).
Lindenberg in Bayern, Markt im Bezirksamt Lindau des bayr. Reg.-Bez. Schwaben, hat (1895) 2399 E., Postexpedition, Telegraph, kath. Kirche, elektrische Straßenbeleuchtung; bedeutende Fabrikation von Strohhüte und Käse, Strohfärbereien und -Bleichereien. In der Nähe der aussichtsreiche Nadenberg (826 m).
*Lindenschmit, Wilh. von, starb 8. Juni 1895 in München.