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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Steuerbefreiungen - Stickstoffsammler
und 2850 Israeliten, ferner 4723 bewohnte Wohn-
häuser, 32149 Haushaltungen und 101 Anstalten,
d. i. eine Zunahme seit 1890 um 24496 Personen
oder 21,08 Proz. Die Zahl der Geburten betrug
1895: 4847, der Eheschließungen 1201, derSterbe-
fälle (einschließlich Totgeburten) 3863. Ein Monu-
mentalbrunnen (Stettina auf einem Schiffe) von
Ludw. Manzel (Berlin) foll errichtet werden. Der
haushaltplan (1896/97) weist eine Einnahme und
Ausgabe von 9453044 M. nach; unter den Aus-
gaben sind 1898 024 M. für Schulverwaltung,
751811 M. für Armen- und Wohlthätigkeitspflege
und 293631M. für Straßenreinigung. Die direkten
Steuern find 28 Proz. der ordentlichen Einnahmen
(1896/97: 110 Proz. Zuschlag zur Einkommen-,
165Proz. zur Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer).
Verkehrswesen. 1895 kamen im Seeverkehr
an (gingen aus) 4159 (4163) Schiffe mit 1335 664
(1339 262) Registertons, im Fluhverkehr 12 041
(12073) Kalme mit 1574057 (1575686) t Lade-
raum. Die Reederei umfaßte an größern Seeschiffen
1895: 52 Segelschiffe mit 6941 und 90 Dampfschiffe
mit 34 647 Registertons. Die Stadt S. erhält auf
den Mölnwiesen einen Freihafenbezirk. Der Bau
des einen der beiden projektierten Hafenkanäle von
1200 iu Länge und 100 m Breite nebst vorliegen-
dem Wendebafsin von 230 in Breite hat (und zwar
auf Kosten der Stadt, die zunächst 16, im ganzen
30 Mill. M. für die neuen Hafenanlagen vorgesehen
hat) 6. Febr. 1894 begonnen und ist der Vollendung
nahe. Die anschließenden Wasserstraßen im Bezirk
von S. haben ebenfalls bedeutende Verbesserungen
erfahren (s. Oder).
Einwohnerzahl des Regierungsbezirks und
seiner Kreise:
Ortsanwesende
Zunahme (-j-)
Kreise
Bevölkerung
Abnahme (-)
1895
1890
in Proz.
Dcmmin.......
47 588
46 288
^ 2,81
Anllam........
3170"
30 689
-j- 3,31
Usedom-Wollin ...
51404
49 035
^- 4,84
ückl'rmüude......
52 680
50793
-s- 3,71
Randow .......
118 208
115412
->- 2,42
Stettin (Stadtkreis)
140 724
116 228
^-21,08
Greifenhagen.....
50 528
50 737
- 0,41
Pyritz ........
43 632
43 559
-> 0,17 4- 3,15
Saatzig mit Stargard .
70176
68 035

Naugard.......
54 266
54 298
- 0,06
Cammin.......
43 456
43632
- 0,40
Greifenberg......
35435
35 039
-^ 1,13
Regenwaldo......
45426
45272
-j- 0,34
Neg.-Bez. Stettin j 785 229 > 749 017 j -j- 4,83
Steuerbefreiungen, f. Gemeindesteuern.
Steuerhinterziehung, Steuerkontraven-
tion, f. Steuervergehen.
Steuervergehen, Finanzdelikt, das Vev
gehen, welches als für die Staatseinnahmen nach-
teilig unter Strafe (fiskalische, Finanzstrafe) gestellt
ist. Es giebt zwei Arten des S.: die Defraudation,
oder Hinterziehung, das auf Verkürzung der
Staatseinnahmen gerichtete, unter Strafe gestellte
Verhalten, und die Stcuerkontravention, die
fonstige, nur mit Ordnungsstrafe belegte Verfehlung
gegen fiskalische Sicheruugsvorschriften (z. B. Er-
fchwerung vou Überwachung). Die Hinterziehung
kann unter Anwendung von Täufchung (Erregung
von Irrtum) erfolgen, notwendig ist es nicht. Ist
es der Fall, so liegt doch kein Betrug im Sinne des
Strafgesetzbuchs zugleich vor, weil die Täuschung,
welche der Defraudant anwendet, in der Volksüber-
zeugung nicht als ein Angriff gegen fremdes, d. i.
Staatsvermögen betrachtet wird, wie es der Betrugs-
begriff erfordert, sondern nur als Abwehr gegen den
fistalifchen Eingriff in das Privatvermögen. Kein
Finanzdelikt ist an sich die Konterbande, die strafbare
Verletzung eines Ein- oder Durchfuhrverbotes.
Solche Verbote ergehen aus andern Rücksichten als
aus solchen auf die Staatseinnahmen, insbesondere
behufs Fcrnhaltung schädlicher Dinge von den
Staatsgrenzen. Allein die Durchführung dieser
Verbote ist mit der Zoll- und Steuerkontrolle ver-
bunden und die Behandlung der Übertretungen dieser
Verbote daher aus Zweckmäßigkeitsgründen nach
Zollstrafrecht geordnet. Da die Defraudation haupt-
sächlich mittels Verheimlichen und Versteckthalten
begangen wird, stellt die Gesetzgebung zahlreiche
gesetzliche Vermutungen für das Vorhandensein der
objektiven und subjektiven (Verschulden) Voraus-
setzungen der Defraudation auf. Da ferner die auf
S. gefetzte Strafe nicht bloß Übelszufügung fein,
sondern zugleich dem Fiskus eine Art Schadenersatz
gewähren soll, sind hier, im Gegensatz zum sonstigen
Strafrccht Haftungen für Untergebene, Angestellte,
Kinder und Ehefrauen, wie andererfeits die Befug-
nis der Steuerbehörden vorgesehen, auf die Strafe,
wie fönst auf Schadenersatz, zu verzichten und die
Sache auf sich beruhen zu lassen. Bei direkten
Steuern ist schon die unrichtige Angabe (Deklara-
tion, Fassion) des Einkommens Defraudation und
wird mit dem 4-lOfachen der defraudierten Steuer
bestraft. - über die Zolldefraudation f. Defrauda-
tion (Bd. 4). - Vgl. Otto Mayer, Deutsches Ver-
waltungsrecht, Bd. 1 (Lpz. 1895), §. 31.
In Österreich besteht ein besonderes Gefällstraf-
gefetzbuch vom 11. Juli 1835, ebenfo in Ungarn
(Gefetzesartikel 44 vom I. 1883); dasfelbe ist in
andern Staaten, z. B. den Niederlanden (Zoll- und
Accifengesetz vom 20. Aug. 1882) der Fall.
* Sticket, Johann Gustav, starb 21. Jan. 1896
in Jena.
^Stickstoff. Ausführliches über Argon f. d.
^Stickstofffammler. Die Hellricgelfche Ent-
deckung wurde ander pflanzenphyfiol.Verfuchsstation
zuTharandt durch Nobbe und Hiltner feit 1889 weiter
verfolgt. Sie stellten fest, daß die reingezüchteten Bak-
terien einer Leguminosenart bei neuen Pflanzen die
Knöllchen hervorrufen und fo die Pflanzen zur Stick-
stoffaufnahme befähigen. Es ergab sich ferner, daß
jede Leguminose durch die Bakterien ihrer eigenen Art
am meisten in ihrem Wachstum gefördert wird, daß
Bakterien naher verwandter Leguminofen sich in ge-
wissem Grade gegenseitig vertreten können, daß aber
Bakterien von verwandtschaftlich fern stehenden Le-
Mminofen nicht befähigt sind, eine wefentliche Stick-
jtoffernährung in der betreffenden Leguminofcnart
zu bewirken. Dementsprechend ist es als zweckmäßig
erkannt worden, den Boden mit reingezüchteten
Bakterien der betreffenden Leguminosenart zu
impfen, statt mit Erde eines andern Feldes. Dies
hat unter anderm den Vorteil, daß dadurch die
Übertragung schädlicher Keime ausgeschlossen wird.
Solche Reinkulturen werden in Flaschen mit gallert-
artigen Flüssigkeiten (Gelatine) unter dem Namen
Nitragin oder Impfdünger für verschiedene
! Leguminofen von den Farbwerken vormals Meister
i Lucius & Vrüning in Höchst a. M. hergestellt. Mit
^ dem durch vorsichtiges Erwärmen verflüssigten und
mit Wasser verdünnten Impfdünger tränkt man ent-
weder das Saatgut oder eine Quantität Erde des
,!?.