Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Curaçaoschalen - Cyankalium
Curaçaoschalen (Cortices Aurantiorum curasavienses) heißen die
Schalen einer auf der holländisch-westindischen Insel gleichen Namens kultivierten Abart
der Pomeranzen. Sie sind dünner, bitterer und brauner als die gewöhnlichen und haben einem
bittern Likör den Namen Curaçao verliehen, zu welchen
sie verwendet werden. Neben diesen echten Schalen werden
auch grüne Pomeranzenschalen überhaupt als C. bezeichnet.
Einfuhrzoll s. Tarif im Anh. Nr. 25 p 2 (getrocknete, marinierte); in Zucker eingemachte
oder kandierte 25 p 1.
Curare (Pfeilgift), von Eingebornen Südamerikas nach unbekannten
Rezepten bereitet, sonst nur als Seltenheit nach Europa kommend, bildet jetzt einen regelmäßigen
Artikel des Droguenhandels und hat in der Medizin als ein Mittel gegen Starrkrampf Eingang gefunden.
Dasselbe bildet, als aus Pflanzenextrakten bestehend, eine extraktartige, schwarze, bröcklige,
sehr bittere Masse, die in irdenen Töpfen eingebracht wird und sowohl aus Brasilien als auch aus
Peru kommt. Der Stoff kann als ein heftiges Gift natürlich nur in sehr kleinen Gaben zu
Heilzwecken verwendet werden. Er ist außerdem noch von besonderm Interesse für physiologische
Untersuchungen an lebenden Tieren, da seine Erstwirkung nur in Lähmung der Glieder besteht,
während die übrigen Lebensfunktionen ihren Fortgang haben, also ungestört von Bewegungen beobachtet
werden können. Der wirksame Bestandteil des C. ist ein Alkaloid, Curarin
genannt. - Zollfrei.
Curcuma (Gelbwurz, rhizoma Curcumae, radix
Curcumae) ist die Wurzel, richtiger der Wurzelstock (Rhizom), der zu den Scitamineen
(Gewürzlilien) gehörenden Pflanze Curcuma longa, die im
östlichen Asien einheimisch ist und in Ostindien, China, Japan, wahrscheinlich nebst einigen
verwandten Arten kultiviert wird und auch nach Réunion und Westindien verpflanzt wurde. Die sog.
runde und lange C. kommen
von derselben Pflanze, indem erstere die rundliche nußgroße Hauptknolle, letztere die
abgeschnittnen bis fingerdicken Nebenknollen bildet. Verschiedenheiten in den Eigenschaften
bestehen zwischen beiden nicht. Man unterscheidet im Handel die Ware nach ihren Erzeugungsländern,
und hiernach zeigt sie allerdings wesentliche Verschiedenheiten. Die beste und teuerste Sorte
ist die chinesische, meist in Stücken wie ein kleiner Finger, äußerlich goldgelb, innen orange
oder rotgelb wie Gummigutt. Gepulvert erscheint sie feurig hochgelb. Die gangbarsten, unter sich
weniger verschiednen Sorten sind Bengalische, Java, Madras; öfter kurze und lange gemischt, außen
graugelb oder schmutzig weißstaubig, innen blaßgelb bis bräunlich (verdorbene fast schwarz),
durchschnitten wachsglänzend, gepulvert nicht so schönfarbig wie die chinesische, die deshalb
vorzugsweise als Farbstoff benutzt wird. Der Geruch der C. ist dem des Ingwers ähnlich, aber
schwächer, der Geschmack bitter gewürzhaft. Beim Kauen färbt sie den Speichel stark gelb. Als
charakteristischen Bestandteil enthält die Wurzel neben einem ätherischen Öle einen gelben
Farbstoff, das Curcumin, der bei seiner harzigen
↔
Beschaffenheit vom Wasser nicht, aber leicht von Weingeist, ätherischen Ölen und Alkalien gelöst,
von letztern aber dabei in Braunrot umgewandelt wird. Medizinisch wird die C. jetzt nicht mehr
verwendet und auch in der Färberei nur noch wenig; zum Färben von Buntpapier, Kuchen und anderm
Gebäck, von Butter, Käse, Ölen, Firnissen, Salben etc. wird sie noch benutzt. Mit C. gelb gefärbtes
Papier dient in der Chemie als Reagens auf Alkalien und sich wie diese verhaltende Stoffe, indem
es von solchen in Rotbraun umgefärbt wird. Als neue Ware erscheint
afrikanische C., die von der in Westafrika häufig wachsenden
prächtigen Canna speciosa kommt und lange bandförmige Knollen bildet. Geruch und Geschmack wie
sonstiges Verhalten stimmt mit der indischen C. überein. - Die C. kommt meist gepulvert zum
Verkauf und ist nicht selten der Vermischung mit fremden Substanzen unterworfen, die am besten
durch das Mikroskop gefunden werden. Der Wert der Einfuhr von C. in das Deutsche Reich belief
sich 1880 auf 239000 Mk. Bengal C. kostet 30 Mk. pr. 100 kg, Madras 50 Mk. - Zollfrei.
Curry powder (Ragoutpulver), ist eine pikant schmeckende Mischung von
Gewürzen, die in Indien als Zuthat zu Speisen (Curry heißt gepfefferter Reisbrei) allgemein
gebraucht wird und deren Verwendung sich von dort über England nach dem Kontinent verbreitet
hat. Die Rezepte zu echtem Ragoutpulver sind sehr verschieden, doch mehr hinsichtlich der
Menge als der Art der Zuthaten, die in allen Vorschriften ziemlich dieselben sind, nämlich
Curcuma und Koriander, schwarzer Pfeffer, Ingwer, Zimt, Muskatblüten, Würznelken, Cardamom,
Kümmel, Cayennepfeffer. - Einfuhrzoll gem. Tarif im Anh. Nr. 25 i.
Cyankalium (Kaliumcyanid, blausaures Kali, Kalium
cyanatum). Eine technisch wichtige und fabrikmäßig dargestellte Verbindung von Kalium
mit Cyan, dem merkwürdigen gasförmigen, höchst giftigen
Kunstprodukt, das, obschon aus zwei Elementen (Kohlenstoff und Stickstoff) bestehend, sich doch
ganz wie ein einfaches Element verhält und zufolge seiner Eigenschaften sich dem Chlor, Brom,
Jod, Fluor anreiht, sodaß für alle Chlor- etc. Verbindungen auch die analogen Cyanverbindungen
bestehen. Soweit das C. zum medizinischen Gebrauch statt der Blausäure dienen soll und also
chemisch rein sein muß, stellt man es dar durch direktes Zusammenbringen von reinem Ätzkali
und Blausäure. Für die Technik wird dasselbe aus Blutlaugensalz
(s. d.) erzeugt, und enthält dann stets wechselnde Mengen von kohlensaurem und cyansaurem Kali,
auch unzersetztes Blutlaugensalz, welche aber in den meisten Verwendungen
nicht störend sind. Die Lauge, welche zur Bereitung des Blutlaugensalzes dient, enthält zwar
schon unreines C., ist aber zur direkten Reindarstellung desselben ungeeignet; es wird daher
erst jenes Salz fertig gestellt, dann in gelinder Hitze entwässert und unter Zusatz von Pottasche
gelinde geglüht und so lange in Fluß erhalten, bis die Umwandlung erfolgt ist, und eine
herausgenommene Probe nicht mehr gelb, sondern weiß erscheint.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 89.