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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Olea äthérea, ätherische Oele.

gewisse Centren herausgebildet, z. B. Sicilien für die Schalenöle (Citronen, Bergamottöl etc.), Südfrankreich für die feinen Blumenöle und Extraits, deren Gewinnung in der Gegend von Nizza und Grasse in wahrhaft grossartigem Maßstabe betrieben wird. England excellirt in Pfefferminz- und Lavendelöl; die europäische Türkei produzirt am Abhänge des Balkangebirges weitaus den grössten Theil alles Rosenöles u. s. w. Die letzten Jahrzehnte haben Verbesserungen in der Fabrikation hervorgerufen, namentlich die Destillirvorrichtungen sind von der Technik immer mehr und mehr vervollkommnet worden.

1. Pressung. Diese Art der Gewinnung ist natürlich nur möglich bei Rohstoffen, welche das Oel in grossen Mengen enthalten: es sind dies einzig und allein die Fruchtschalen der verschiedenen Citrusarten (Citronen, Apfelsinen, Pomeranzen, Bergamotten etc.). Die Manipulation ist eine äusserst einfache. Die Schalen werden von der Frucht getrennt, die Oelbehälter durch eigene Vorrichtungen (Reibtrommeln) zerrissen und der entstandene Brei durch Hand-, Dampf- oder hydraulische Pressen ausgepresst. Das Oel fliesst, gemengt mit schleimigem Saft, in untergesetzte Gefässe und wird nun rasch in grosse, geschlossene, kühl zu stellende Behälter gebracht, in welchen es sich allmälig durch Absetzen klärt. Ein so gewonnenes Pressöl enthält neben dem reinen äth. Oel immer noch andere aufgelöste Stoffe, z. B. den Farbstoff der Schalen.

2. Destillation. Dieser Weg der Gewinnung wird bei der grössten Anzahl der äth. Oele in Anwendung gebracht, obgleich es nicht zu leugnen ist, dass die Güte der Oele vielfach durch die Destillation beeinträchtigt wird. Es zeigt sich, selbst bei kräftigen Oelen, eine Veränderung; denn ein destillirtes Citronenöl ist an Feinheit des Geruches nicht mit einem gepressten Oel zu vergleichen, und ein destillirtes Rosenöl, so schön auch sein Geruch sein mag, ist doch nur ein schwacher Abglanz des Duftes der frischen Rose. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, dass man für die feineren Oele den Weg der Destillation verlassen wird, um zu den der Extraktion, den wir später kennen lernen werden, überzugehen. Frankreich hat in dieser Beziehung mit der Bereitung von Rosenduft durch Extraktion den Anfang gemacht. Die auf diese Weise gewonnenen Extraits sind gar nicht zu vergleichen mit alkoholischen Lösungen von destillirtem Rosenöl.

Die Destillation selbst geschieht nun auf verschiedenen Wegen, theilweise direkt über freiem Feuer in einfachen Destillirblasen mit Kühlvorrichtung; es ist dies die älteste, einfachste, aber auch schlechteste Methode, nach der aber immer noch in den Ländern mit geringer Kultur gearbeitet wird. Noch heute z. B. wird alles türkische Rosenöl auf diese Weise gewonnen. In einzelnen Fällen, bei schwer flüchtigen Oelen, setzt man dem Wasser, mit welchem das Rohmaterial in der Destillirblase gemischt ist, Kochsalz hinzu, um den Siedepunkt zu erhöhen.