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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Olea äthérea, ätherische Oele.

Namentlich bei Oelen, welche in grossen Massen hergestellt werden, wendet man sog. kontinuirliche Apparate an. Hier ist der Cylinder, in welchen die Rohmaterialien eingeführt werden, zwischen dem Destillirkessel und dem Helm eingeschoben. Das Kondensationswasser fliesst, sobald es sich vom Oel geschieden hat, durch eine sinnreiche Vorrichtung immer wieder in den Kessel zurück. Ist der Inhalt des Cylinders erschöpft, so wird die Verbindung zwischen Kessel und Cylinder geschlossen, letzterer mit neuem Material gefüllt und die Destillation nimmt sofort mit demselben Wasser ihren Fortgang. Auf diese Weise ist es möglich, fast ohne Verlust an äth. Oel zu arbeiten. Alle Massenartikel, wie Kümmelöl, Anisöl werden auf diese Weise dargestellt.

Um dem Uebelstände entgegenzuarbeiten, dass die Feinheit des Geruchs der äth. Oele bei den hohen Temperaturen der gewöhnlichen Destillation leidet, hat die Firma Schimmel & Co. Versuche gemacht, die Destillation im luftverdünnten Räume vorzunehmen. Die hierbei gemachten Erfahrungen sollen sehr befriedigend sein, so dass die Firma glaubt, durch die neue Methode weit feinere Oele liefern zu können, als dies bisher der Fall war.

Bei allen Destillationen, sie mögen nach irgend einer beliebigen Methode ausgeführt werden, ist das Haupterforderniss eine möglichst starke Kühlung der entweichenden Dämpfe, damit diese gänzlich in den tropfbar flüssigen Zustand übergeführt werden.

Die Kondensationsprodukte treten am Ausflussrohr der Kühlschlange als milchig trübe Flüssigkeit hervor, welche in ein untergesetztes Gefäss von eigenthümlicher Form, die sog. Florentiner Flasche, fliesst. Diese ist derart konstruirt, dass über ihrem Boden ein S-förmig gebogenes Rohr eingefügt ist, welches etwa zu Dreiviertheilen die Höhe der Flasche erreicht. Der Vorgang ist nun folgender: in der Flasche scheiden sich Oel und Wasser alsbald in 2 Theile, das fast immer leichtere Oel schwimmt oben auf, das schwerere Wasser sinkt zu Boden und tritt, sobald die Flüssigkeit die obere Höhe des S-förmigen Rohres erreicht hat, aus diesem aus, während das Oel schliesslich, sobald sich die Flasche völlig füllt, durch eine Tülle in ein zweites Gefäss abfliesst. Bei Oelen, welche schwerer sind als Wasser, ist die Scheidung selbstverständlich eine umgekehrte. Die gesammelten Oele werden durch Dekantiren möglichst vom Wasser getrennt und dann in verschlossenen Gefässen der Ruhe überlassen; hierbei scheidet sich noch immer etwas Wasser aus, und diese letzten Spuren werden schliesslich im Scheidetrichter von demselben entfernt. Bei allen diesen Operationen ist die Luft möglichst fern zu halten, darum sind die Scheidetrichter stets mit festschliessenden Deckeln versehen.

Die bei der ersten Destillation gewonnenen ätherischen Oele haben selten den Grad von Feinheit und Reinheit, den man von ihnen verlangt; sie enthalten fast immer andere, bei der Destillation aus dem Rohmaterial