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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Olea äthérea, ätherische Oele.

Destillationswasser direkt in den Handel gebracht; es ist das "Aqua amygdálarum amarárum" der Apotheker. Es enthält ausser gelöstem Bittermandelöl den grössten Theil der aus dem Amygdalin entstandenen Blausäure. Der letzte Theil der Blausäure ist in dem äth. Oele gelöst und haftet diesem so fest an, dass es durch Rektifikation nicht von demselben getrennt werden kann. Soll das Bittermandelöl davon befreit werden, so geschieht dies durch Schütteln mit starker Natroncarbonatlösung.

Zur pharmazeutischen Verwendung ist ein blausäurehaltiges Bittermandelöl erforderlich. Für die Zwecke der Likörfabrikation, die ja hauptsächlich für uns in Betracht kommt, muss das Oel von der Blausäure befreit sein, da es im andern Falle stark giftig wirkt.

Das Bittermandelöl stellt eine schwach gelblich gefärbte, stark lichtbrechende Flüssigkeit dar, von 1, 060 spez. Gew. und starken Bittermandelgeruch. Das spez. Gew. wird um so höher, je mehr Blausäure das Oel enthält. Der Siedepunkt schwankt zwischen 170-180 °.

Seiner chemischen Zusammensetzung nach stellt es sich dar als Benzaldehyd; seine Formel ist C7H6O^[C_{7}H_{6}O]. Es nimmt begierig Sauerstoff aus der Luft auf und wird dadurch zu Benzoesäure; Licht und Feuchtigkeit befördern diesen Vorgang. In altem Oele zeigen sich daher häufig ausgeschiedene Krystalle von Benzoesäure; ebenso bilden sich am Stöpsel durch hängen gebliebene Tröpfchen ordentliche Krystallkrusten.

Neuerdings wird das Oel vielfach künstlich hergestellt, entweder nach dem Kolbe'schen Verfahren durch Einwirken von Natriumamalgam auf Benzoesäure oder aus dem Toluol C7H8^[C_{7}H_{8}]. Das Verfahren hierbei ist Fabrikgeheimniss. Die so hergestellten Oele sind blausäurefrei. Das vielfach künstliches Bittermandelöl genannte Produkt, welches auch sonst als Mirbanöl, Essence de Mirbane in den Handel kommt, ist in Wirklichkeit Nitrobenzol C6H5NO2^[C_{6}H_{5}NO_{2}] und wird durch die Einwirkung rauchender Salpetersäure auf Benzol hergestellt. Sein Geruch ist dem des Bittermandelöles ähnlich, jedoch darf es demselben höchstens in der Seifenfabrikation substituirt werden. Für Genusszwecke ist es strengstens zu vermeiden, da es stark giftig wirkt. Es stellt eine gelbliche bis gelbbräunliche Flüssigkeit dar ohne das starke Lichtbrechungsvermögen des Bittermandelöles. Sein spez. Gewicht ist 1,16-1,2; es ist in Wasser fast gar nicht und nur wenig in Weingeist löslich.

Prüfung des echten Bittermandelöles. Auf eventuellen Blausäuregehalt untersucht man in folgender Weise. 8-10 Tropfen Oel werden in einem Probirröhrchen mit einigen Tropfen gelbgewordener, d. h. zum Theil oxydirter Eisenvitriollösung und überschüssigem Aetzkali versetzt und mit Salzsäure übersättigt. War Blausäure vorhanden, so entsteht ein Niederschlag von Berlinerblau.

Bittermandelöl soll mit Chloroform verfälscht vorkommen. Prüfung hierauf siehe Einleitung. Die gewöhnliche Verfälschung ist die mit