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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Flüssige und feste Fette.

sich fast der ganze norwegische Fischfang, da der Zug der Fische seit Jahrhunderten hierher gerichtet ist. Die Gewinnung des Leberthrans geschah früher auf sehr primitive Weise, so dass die damals erhaltenen Sorten nur wenig den heutigen Anforderungen an einen guten Leberthran entsprachen. Man betrieb die Gewinnung nur nebenher bei der Bereitung des Stockfisches und da dieser alle Hände in Anspruch nahm, wurden die Lebern in grosse Fässer gefüllt und darin der Sonnenwärme bis nach Beendigung der eigentlichen Stockfischsaison überlassen. Dann liess man das freiwillig aus den Lebern ausgetretene Fett als bestes, als sog. hellen, blanken Leberthran ab; hierauf wurden die Lebern ausgepresst und das bei dieser Pressung gewonnene Oel hiess gelber, blanker Thran; schliesslich wurden die Lebern auch noch mit Wasser ausgekocht und das Fett abgefüllt. Diese dritte Sorte war nach dem Klären dunkel, braun, ziemlich dickflüssig und von widerlichstem Geschmack und Geruch, da die Lebern durch das lange Stehen in der Sonne in eine gewisse Gährung übergegangen waren. Heute wird die Fabrikation vielfach von besondern Gesellschaften und auf weit rationellere Weise betrieben. Man vermeidet vor Allem das lange Liegen der Lebern und sucht sie im Gegentheil möglichst frisch zu verarbeiten. Die Lofoden-Kompagnie unterhält sogar eigene kleine Dampfer, welche die Lebern von den Fischerböten während der Fahrt abholen und tagtäglich ans Land bringen. Ferner wendet man jetzt allgemein zum Auslassen des Fettes Dampf oder Wasserwärme an, daher der Name Dampfleberthran. Dieser ist weit heller (in den besten Sorten nur blass strohgelb) an Farbe und von mildem, nur schwach fischartigem Geruch und Geschmack. Die drei oben angeführten Handelsbezeichnungen sind auch jetzt noch im Gebrauch, doch gelten nur die beiden ersten Sorten als Medizinalthrane, während man früher gerade die braune Sorte als besonders wirksam schätzte.

Eine Zeit lang kam eine fast farblose Waare in den Handel, da dieselbe jedoch auf chemischem Wege gebleicht war, so war sie dem Ranzigwerden sehr stark ausgesetzt und erwies sich auch sonst medizinisch wenig wirksam.

Guter Leberthran muss völlig blank, von stroh- bis goldgelber Farbe sein, sowie von mildem Geschmack und Geruch und von nur schwach saurer Reaktion. Mit Alkohol befeuchtetes blaues Lackmuspapier in den Thran getaucht, darf sich nur schwach röthen.

Bestandtheile. Der Leberthran enthält neben den gewöhnlichen Bestandtheilen der Fette Spuren von Jod, Brom und Gallenbestandtheile.

Die Prüfung des Leberthrans darauf hin, ob wirklich reiner Leberthran vorliegt, ist eine sehr schwierige, so dass das Deutsche Arzneibuch sich darauf beschränkt hat, überhaupt zu konstatiren, dass das vorliegende Fett Leber- und nicht gewöhnlicher Fischthran sei. Sie lässt einen Tropfen in 20 Tropfen Schwefelkohlenstoff lösen und dann mit einem Tropfen Schwefelsäure durchschütteln; hierbei tritt eine violettrothe, später