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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Abriss der allgemeinen Chemie.

Will man die Werthigkeit oder die Verwandtschaftseinheiten (Affinitäten)

eines Elementes bezeichnen, so setzt man über oder neben das Symbol

desselben Striche oder römische Zahlen, z. B.

I II III IV

Cl, O, N, C, oder Cl' O" etc., oder Cl-, O=, N^ etc., oder in Formeln

Ag-Cl, H2=O, K-O-H, C^H4^[C^H_{4}], C^O2^[C^O_{2}], Cl-N^H4^[Cl-N^H_{4}], Ca=(OH)2^[Ca(OH)_{2}], B^[?](OH)3^[B^(OH)_{3}], H-C^[?]Cl3^[HC^Cl_{3}] etc. Sind alle Affinitäten der Elemente einer Verbindung befriedigt, so heisst dieselbe eine gesättigte; es giebt aber auch sogenannte ungesättigte Verbindungen (z. B. CO, Hg2^[Hg{2}] Cl2^[Cl_{2}]). Wie diese scheinbaren Abweichungen vom Werthigkeitsgesetz zu erklären sind, soll hier nicht weiter erörtert werden.

Die Werthigkeit der Elemente macht sich noch ganz besonders bemerkbar bei der Substitution, d. h. bei solchen chemischen Umsetzungen, wobei eine Substanz in einer anderen einen Bestandtheil der letzteren verdrängt und an dessen Stelle tritt. So tritt z. B. bei der Einwirkung von Natrium auf Wasser Na an die Stelle von H, und es entsteht Natriumhydroxyd: Na + H2O^[H_{2}O] = NaHO + H. Oder: durch Einwirkung von Natrium auf Schwefelsäure entsteht schwefelsaures Natrium und Wasserstoff: Na2^[Na_{2}] + H2SO4^[H_{2}SO_{4}] = Na2SO4^[Na_{2}SO_{4}] + H2^[H_{2}], durch Einwirkung von Zink auf Schwefelsäure schwefelsaures Zink und Wasserstoff: Zn + H2SO4^[H_{2}SO_{4}] = ZnSO4^[ZnSO_{4}] + H2^[H_{2}]. Während 2 Atome Na nöthig sind, um 2 Atome H zu vertreten, vermag 1 Atom Zn 2 Atome H zu ersetzen. Also erscheint H einwerthig, Zn dagegen zweiwerthig. 1 Atom Zn ist 2 Atomen H gleichwerthig oder äquivalent, und da das Atomgewicht des Zn = 65,5, ist das Aequivalentgewicht desselben = 32,7. Oder: das Atomgewicht des C ist = 12, und, da C vierwerthig ist, sein Aequivalentgewicht = 3. Nur äquivalente Mengen der Elemente können sich vertreten. Man achte darauf, die Bezeichnungen "Atomgewicht" und "Aequivalentgewicht" nicht zu verwechseln!

Auch Gruppen von Elementen können sich in dieser Beziehung wie Elemente verhalten und als Gruppen ein- oder austreten; man nennt sie Radikale. Auch sie können verschiedene Werthigkeit haben, z. B. im Ammoniak NH3^[NH_{3}] kann der Wasserstoff durch das einwerthige Radikal Methyl (CH3^[CH_{3}])' ersetzt werden: ^[img], aus Jodmethyl und Ammoniak entsteht Jodwasserstoff und Methylamin. Solche Substitutionen durch Radikale spielen in der organischen Chemie eine ganz ausserordentlich wichtige Rolle. -

Die Elemente werden hergebrachter Weise nach ihren allgemeinen Eigenschaften in zwei Gruppen eingetheilt: in Metalle und in Nichtmetalle oder Metalloide, und von den Verbindungen unterscheidet man gewöhnlich zwei Hauptabtheilungen: man nennt solche, welche aus dem Mineralreich stammen oder den mineralischen Verbindungen ähnlich sind, anorganische, und solche, welche nach ihrem Ursprunge dem Thier- oder