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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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Aus allem bisher Gesagten steht der Ursprung der obersten Bürger fest, auch warum kein Zünftiger in ihren Stand zugelassen wird; und daß sie als wahrhaft Adelige anerkannt werden, das erhellt aus folgendem.

Erstens weil sie mit Adeligen Ehen eingehen und so, wenn sie auch nicht adelig gewesen sind, dadurch geadelt werden; dies ist das Erste.

Zweitens sind sie wahre Adelige; denn sie besitzen die Sitze der Adeligen mit richtigem Titel.

Drittens weil sie von Alters her Lehensgüter von Fürsten und Grafen erhalten haben.

Viertens weil die Adeligen von den Obersten in den Städten Ehrenbezeigungen nicht annehmen, während sie wollen, daß diese von andern ihnen erwiesen werden, und weil sie sie nötigen, daß sie sie duzen, was sie durchaus nicht leiden würden, wenn sie nicht wüßten, daß sie ihnen an Adel gleichstehen; obgleich der Adelige edler ist als der Bürger, scheint es doch noch, daß der Bürger, wenn nur nicht Verachtung dazu kommt, ihn duzen kann, besonders wegen der Verwandtschaft. Wie auch der Kaiser den Papst duzt, während dieser doch über ihm ist, wie die Sonne über dem Mond (wie zu sehen ist in cap. solita de maior. et obed. ) und wie das Gold über (pag. 73) dem Blei steht, so das Priestertum über dem Diadem des Königs (z. B. 96 dig. 3 talibus institutis): wie also der Kaiser den Papst duzt und umgekehrt (wie ebendaselbst dig. 3 de domino steht... unde 97 de ecclesiae, wo Bonifacius den Kaiser Honorius und ebenso der Kaiser den Papst Bonifacius duzt wegen der besonderen Verbindung), so duzt der Bürger den Adeligen und umgekehrt. Aber dies darf nicht allgemein von allen geschehen, sondern nur von dem Adel einer alten Bürgerschaft.

Fünftens sind Bürger Adelige, weil sie mit der Jagd sich beschäftigen und ihnen die Jagd erlaubt ist; wem aber die Jagd gestattet ist, das wird gelesen und bemerkt 86 dig. qui venatori und c. de venatione ferar. l. 11 t. 123, [cod. lib. 11, tit. 44], und ausführlich bei den Summistae (geheimen Kammern) über die Jagd der Geistlichen 1. 5, t. 24.

Sechstens ist der Adel der Bürger dadurch klar, daß Abkömmlinge aus ihrem Geschlecht, Söhne ihrer Töchter oder Schwestern, den Turnieren beiwohnen: diese Turniere sind eine Art Siebe der Adeligen, durch welche man erkennt, welche makellose, wahre Adelige sind, und keiner wird geschont von den gewöhnlichen Adeligen bis hinauf. Denn Turniere sind (wie gelesen und bemerkt wird in I. 13 bestias... Dig. de postul. tit. 1) eine Art Märkte oder Feste, an welchen adelige Krieger und Dienstmannen nach verabredetem oder erlassenen Befehl der Fürsten an bestimmtem Ort und zu bestimmter Zeit auf einer Pferderennbahn oder unbebautem Land oder (pag. 74) einer von Balken (Brettern) umzäunten und mit Blechen geschmückten Ebene mit Schilden, Helmen und Helmbüschen, wie wenn sie als Feinde mit einander ohne alle Angriffswaffen kämpfen wollten, zusammenkamen, nur daß den Neulingen, die zum erstenmal in diesen Kampf eintreten, ein abgestumpftes Schwert, andern eine hölzerne Keule von bestimmtem Gewicht gegeben wird. Mit blitzenden Waffen aber treffen sie in zwei Abteilungen zusammen, treffen die Untauglichen mit den härtesten Streichen und lassen diejenigen, welche es verloren haben, halbtot oder ganz vernichtet zurück. Diese Turniere verbot Papst Johann XXII. bei Strafe der Exkommunikation und hob das Verbot nachher wieder auf. Da also Leute von bürgerlichem Blute den Turnieren beiwohnen können, so ist klar, daß sie adelig sind,