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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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zogen viele Adelige dahin und die Bürger, die daselbst ihren Wohnsitz hatten, brachten, durch Reichtum glücklich geworden, ihr Gemeinwesen in die geordnetste Verfassung; daher war ein Sprichwort in Schwaben, daß keine Municipalstadt besser eingerichtet sei als Lauingen. Es waren nämlich daselbst würdige und reiche Ratsherren und keiner wurde in den Rat aufgenommen, der ein Handwerk trieb und sich mit dem Handel abgab. Unter diesen Ratsherren waren nicht die geringsten die Rembold, die auch manchmal die Bürgermeisterwürde inne hatten, weil sie von so langer Zeit her zu den Geschlechtern gehörten, daß nicht in der Erinnerung der Leute ist, daß sie einem andern Stand angehört haben. Während dieser Ruhe nun geschah es, daß in einer Nacht vor Fastnacht (carnisprivium) die Söhne von adeligen Bürgern mit Musik-Instrumenten durch die Straßen liefen, um den jungen Mädchen zu gefallen. Zufällig aber lief ihnen ein zahmes Schäflein nach, das immer wieder blökte, weil es verirrt in der Finsternis seinen Stall nicht fand und die ihm Bekannten verloren hatte. Und da das Schäflein mit seinem Blöken den Klang der Musikinstrumente störte, trieben die jungen Leute es einigemal mit Schlägen zurück, aber es kam immer wieder und störte sie mit seinem Geschrei. Daher gab einer von ihnen den Rat, sie sollen das Schäflein schlachten und es dem Wirt für ihre Gesellschaft zum Braten geben und am folgenden Tage es dem Mann, dem es gehörte, auf den Pfennig bezahlen. Als dies alles geschehen war, kam der folgende Tag heran und beim Rat wurde eine Klage wegen des Schäfleins vorgebracht. Nun waren die Räte wegen der Sache unter sich geteilt und verschiedener Meinung. Und es entstand eine große Spaltung und Aufruhr unter der Bürgerschaft, so daß die Augsburger und Ulmer kamen, um den Frieden wieder herzustellen. Aber da sie nichts ausrichteten, wurde die Sache vor den Herzog von Bayern gebracht, der sich lange vergeblich (pag. 103) bemühte; da er aber keine Besserung erreichte und mehrere Gerichtstage der Adeligen und Bürger wegen dieser Sache gehalten wurden, wurde endlich an das Gericht des Kaisers appelliert, wo die Sache so sehr sich verschlimmerte und hartnäckig für beide Parteien vorgetragen und verteidigt wurde, daß der Kaiser, als jeder Rechtsweg vergeblich war, den Parteien einen Einzelkampf d. h. ein Duell ankündigte und Ort und Zeit dazu bestimmte. Es waren aber 6 auf einer und 6 auf der andern Seite, unter denen ein Rembold war. Aber als der Tag des Duells festgesetzt war, erschien die eine Partei nicht an dem bestimmten Ort, durch den Fürsten mit Absicht verhindert; und so blieb viermal auf dem Feld, während die eine Partei erschien, die andere Partei aus, indem irgend ein Hindernis dazwischen kam, das durch irgend jemand absichtlich besorgt worden war. Denn die Parteien hätten die Sache sehr gern zum Austrag gebracht, da sie auf beiden Seiten erbittert waren. Infolge dieser Zwietracht löste sich die ganze Harmonie des Regiments der Stadt Lauingen auf, und der Herzog von Bayern selbst erhielt volle Gewalt über die Bürger und tat mit ihnen, was er wollte. Daher zog der größte Teil der Bürger sein Hab und Gut an sich und suchte an verschiedenen Orten andere Wohnsitze für sich; unter diesen waren die Rembold, die Ulm als Wohnort wählten; und heute wohnen sie daselbst, wenn auch mit wenig Nachkommen, in Ehre und Ruhm. Nachdem aber die Stadt Lauingen erwähnt worden ist, will ich von ihr nur kurz sagen, was ich nicht durch Urkunden oder Schriften, sondern nur durch gewöhnliche Erzählung erfahren habe. Es war einst, wie oben gesagt worden ist, Lauingen eine Reichsstadt und vom Kaiser dem Abt von Fulda gegeben worden; diese Schenkung geschah, glaube ich, durch Karl I,