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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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Patronatsrecht der Kirchen und Altäre ihm gehört hatte, ferner alle Zehenten, alle Zölle, alle Weg- und Geleitsgelder, Steuern, Einkünfte von jedem Haus, Herd und Garten, von jeder erwachsenen Person, das Umgeld und die Bußen für Gewalttätigkeiten, der Preis für die Barchet- und Leinwandschau, das Einkommen aus allem, was im Waghause gewogen wurde, ein Teil der Schenkungsgelder fast in jeder Sache und die Gebühr bei allen Ämtern und die täglichen Geschenke der Bürger; dies alles (pag. 144) kauften die Ulmer bis zum letzten Nagel. Ähnlich kauften sie die Rechte, Besitzungen und Güter des Abtes von Bebahusen, der viele in Ulm hatte, daß er nicht einen Halm mehr daselbst hatte. Auch von andern, sei es Geistlichen oder Weltlichen, die irgend etwas von Recht in der Stadt zu haben schienen, kauften sie ihre Rechte ab und machten die Stadt frei. Und es gibt heute keine Stadt im Reich, die, ich sage es kühnlich, freier wäre als Ulm, in der kein Fürst, kein Bischof, kein Abt etwas hat, außer unter der allgemeinen Steuer der Stadt. Außer dem eben Genannten begannen sie auch die Dörfer und Burgen im Umkreis der Stadt zu kaufen. Ja viele Bauern übergaben von selbst sich und das Ihrige den Ulmern. Auch mehrere Reiche und Adelige, die keine Erben hatten, hinterließen ihre Habe den Ulmern, wie wenn das Gemeinwesen der Ulmer etwas Göttliches wäre. So berichtet Augustinus de civitate dei lib. 3 cap. 11 von Attalus, dem König von Syrien, der sterbend die Römer zu Erben seines Reiches einsetzte. Auch eine öffentliche Dirne vermachte bei ihrem Tod in der Stadt Rom ihre Güter den Römern darum, daß sie sie ehrenvoll bestatteten und unter die Göttinnen des römischen Volkes rechneten, wie Augustinus de civitate dei lib. 3 cap. 6 sagt. So begehen die Ulmer auch die Jahrtage derjenigen, deren Güter sie besitzen, alle Jahre feierlich, nämlich die der Herren von Helfastein und der Grafen von Werdaberg wegen Albeggs, bei den Predigern, wünschen und beten, nicht daß sie Götter, aber göttlich zu verehren seien. So taten also die alten Ulmer alles, was sie zur Erweiterung ihres Gebietes kaufen und erhalten konnten, plötzlich und sparten kein Geld. Nicht also machen es die kleinlichen und kleinmütigen Ulmer Herren in neueren Zeiten, denn in unserer Zeit war ihnen die edle Grafschaft Kirchberg um einen geringen Preis angeboten worden, und da sie, wiederholt gebeten sie anzunehmen, es nicht tun wollten, kaufte diese Grafschaft der Herzog von Bayern und diese Grafschaft wurde für die Ulmer ein Dorn in den Augen und ein Pfahl im Fleisch. So ging es auch mit dem Schloß Ellerbach, 1) das neben ihnen mit allem Zugehörigen käuflich war; da sie sich weigerten, es zu kaufen, so kaufte es ihr Feind und Widersacher. Ähnlich war es in früheren Jahren: als die Herrschaft Hochberg noch in der Gewalt der Ulmer war, bot ihnen ein Herzog von Österreich hiefür die ganze Markgrafschaft Burgau an, die unmittelbar das Gebiet der Ulmer berührt. Aber da die Ulmer den Tausch nicht machen wollten, nahm der Herzog von Österreich (pag. 145) nichtsdestoweniger die Herrschaft Hochberg, indem er den Ulmern nur wenig bezahlte, und verpfändete später dem Herzog von Bayern die Markgrafschaft Burgau, und so haben die Ulmer ihre Widersacher als Nachbarn zu fühlen. Doch ich kehre zu den alten Ulmern zurück. Als sie nämlich, wie gesagt, ihre Stadt mit Gräben und Mauern umgaben und die Kirche der hl. Jungfrau errichtet, ihre Widersacher besiegt und ihre Herrschaften gekauft und sich von dem Joch der Mönche befreit hatten und alles dies zugleich und auf einmal taten, wurden die Ulmer allen Fürsten furchtbar. Daher verfolgten sie ihre Widersacher weit und breit

1) Erbach an der Donau oberhalb Ulm.