Schnellsuche:

Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

124

kehrte, in enger Freundschaft mit der ehrwürdigen Frau Äbtissin Elisabet Krelin verbunden nach Urspringen zurück, ganz erfüllt von der Sehnsucht nach der Ordensregel. Aber es schien allzuschwierig, dieses Kloster zu reformieren, weil ihr Superior, der Abt von St. Georgen, keine Neigung dazu hatte und der größere Teil des Klosters und die ganze Jugend dagegen Einsprache erhob, deren adelige Freunde und Verwandte auch nicht ein Wort von Beobachtung der Ordensregel hören wollten und gegen diejenigen, die der Ordensregel sich zuneigten, schwere Drohungen ausstießen. Trotzdem rief die ehrwürdige Frau Meisterin häufig eifrige und gelehrte Männer als Prediger herbei, die ohne Schmeichelei durch Anklagen, Beschwören und Schelten die Fehler und Gefahren (pag. 184) der nachlässigen Ordensschwestern aufdeckten, damit so durch die Kraft des Wortes Gottes der Stoff vorbereitet würde, und dies geschah auch durch die Gnade Gottes, weil mehrere auf die Seite der Frau Meisterin ihre Zuflucht nahmen und laut für die Ordensregel eintraten. Und so trat eine heilsame Spaltung im Kloster ein: ein Teil verlangte nach der Ordensregel, der andere widersprach, und es war ein täglicher Streit unter ihnen. Und weil alle Nonnen vom höheren schwäbischen Adel waren, riefen beide Teile ihre Freunde an; und so kam es, daß die Barone und Ritter, die die Parteien begünstigten, in Zwietracht gerieten. Als dies der erlauchten verwitweten Frau Erzherzogin Mechtilde 1) von Österreich, die in Rotenburg am Neckar ihren Sitz hatte, zu Ohren kam, brachte sie durch ihren mächtigen Einfluß den Abt von St. Georgen, der damals nicht sehr zur Frömmigkeit sich neigte, auf ihre Seite oder vielmehr sie bewog ihn durch Schreckmittel, daß er zur Reformation des Klosters seine Zustimmung gab. Als sie diese hatte, schickte sie nach Eichstädt (Eystadium, Eichstadium) und ließ von dem reformierten Kloster der hl. Walpurgis vom Orden des hl. Benedikt Reformatorinnen kommen, mit denen sie nach Urspringen kam, wobei sie reformatorische Karthäuser Äbte, einige Predigerbrüder und viele Adelige von der Partei der Ordensregel in ihrem Geleite hatte. Es kamen auch viele Adelige beiderlei Geschlechts von der Partei, und es kam eine große Versammlung in diesem Kloster zu stande. Aber weil die Erzherzogin mächtig war, widersetzte sich ihr niemand von den Weltlichen. Als nun im Jahr des Herrn 1475 die Frau Erzherzogin mit den Ihrigen der Reformation wegen in den Hof des Klosters Urspringen hineingekommen war, teilten sich die Nonnen, die von innen die Sache merkten, unter einander: der eine vernünftigere Teil schloß sich an die Frau Meisterin an, darunter war die Priorin des Klosters, Frau Helene von Hürnheim mit einigen anderen Wohlgesinnten. Der andere Teil aber trennte sich von der Frau Meisterin: auf dieser Seite war Frau Barbara vom Steht und mehrere andere junge und alte von Adel, die alle einmütig mit aller Macht der Reformation sich zu widersetzen gedachten (pag. 185). Sie gingen in die Krankenstube, weil dies ein besonderes Haus war, schlossen die Türen und riegelten sie fest zu, wälzten Tische, Schemel, Baumstämme, große Steine und alles Schwere, das sie haben konnten, herbei, damit man nicht mit Gewalt hereinbrechen und bei ihnen eindringen könne, und standen an den oberen Fenstern mit Steinen, Stangen, Mangrollen, Kunkeln, Holzscheiten und einem Bratspieß in den Händen, schalten mit großer Wut das herumstehende Volk und zeigten auf ihre Waffen, mit denen sie

1) Veesenm.: Witwe des Erzherzogs Albrecht von Österreich (+ 1465, der sie als Witwe des Grafen Ludwig von Wirtemberg, + 1450, geheiratet hatte); und Mutter des ersten Herzogs von Württemberg, Eberhards im Bart.