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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Germanische Kunst

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Germanische Kunst.

rings um den Chor besonders auffällig hervor. Hier sind auch die Kirchen vielfach noch einschiffig. Der Einfluß der Antike giebt sich namentlich in der Gestaltung der Pforten, der Säulen und des bildnerischen Schmuckes kund.

Spanien. Von Südfrankreich abhängig erscheinen auch die Südschweiz sowie Spanien. Letzteres war in diesem Zeitraum erst zum Teil von der arabischen Herrschaft befreit und die kriegerischen Verhältnisse ließen eine besondere Kunstentwicklung nicht zu. Die ältesten Bauten sind sehr einfach, das Hauptwerk aus dem 12. Jahrhundert, die Kirche von San Jago di Compostella ist nach dem Vorbild der Kirche St. Sernin zu Toulouse erbaut, und wurde dann wieder Muster für andere Bauten.

Italien. Auf italischem Boden finden wir auch drei Hauptgebiete: Oberitalien, Toscana und Rom. In Oberitalien macht das germanische Wesen am stärksten sich geltend, und hier nähert sich auch der Stil am meisten dem deutschen. Die gewölbte Basilika herrscht vor; eigentümlich ist jedoch der oberitalischen Bauweise das Fehlen der Querschiffe, die Anordnung der Stirnseite mit einem alle drei Schiffe abschließenden Giebel, sowie die abgesonderte Stellung des Turmes, die übrigens für ganz Italien bezeichnend ist. Rom hielt an der altchristlichen, meist flachgedeckten Säulenbasilika fest, und hat in dieser Zeit nichts Besonderes aufzuweisen, dagegen zeigt sich in Toscana eine bedeutsame, unmittelbare Anknüpfung an die Antike. Es ist keine bloße Nachahmung antiker Formen, sondern eine selbständige Verwertung und Durchbildung derselben im neuen Geiste. Die Pfeilerbasilika kommt am häufigsten vor; das augenfälligste Merkmal der toscanischen Bauweise ist die überaus reiche Ausschmückung der Stirnseiten durch übereinander angeordnete Reihen von Bogenstellungen. Das prachtvollste und vorbildliche Werk ist der Dom zu Pisa.

Venedig. Wie Unteritalien, wo hochnordische und morgenländische Kunstweisen sich vermählen, nimmt auch Venedig eine Ausnahmestellung ein; es ist noch ein morgenländisches Stück auf italischem Boden. Die byzantinische Kunstweise war hier vorbildlich, denn sie entsprach der Prachtliebe der stolzen Kaufleute mehr als der strenge romanische Stil. Dieser ist zwar in den Domen der Inseln Murano und Torcello vertreten, Venedig selbst aber schuf in San Marco ein Werk, welches in der That seines Gleichen nicht hat. Der byzantinische Stil ist hier geistvoll angewendet und mit neuen Formen bereichert. Die Grundanlage hat die Form eines griechischen Kreuzes mit fünf Kuppeln; die Eckpfeiler der Vierung des Mittelraumes wurden jedoch in vier Pfeiler aufgelöst und damit die Bildung von Seitenschiffen in allen vier Kreuzarmen angebahnt.

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Besprechung der Abbildungen. Um die Eigenart des romanischen Baustiles möglichst deutlich zu veranschaulichen, sind die Abbildungen so gewählt, daß die Bauten in verschiedenen Ansichten sich zeigen. Dadurch ist es dem Leser möglich, obwohl der be-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 261. Säulengang aus dem Klosterhofe von St. Paul außer den Mauern.

Rom.]