Schnellsuche:

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

379

Verwunderlich sind solche Vorkommnisse nicht bei der Unwissenheit vieler Mädchen und Frauen über die Funktionen der Geschlechtsorgane. Lachend und schwatzend sieht man sie die gröbsten Arbeiten tun, jede Vorsicht außer acht lassend und wohlgemeinte Warnungen oft noch verspottend. Manche bildet sich noch wer weiß was darauf ein, Lasten zu heben, die weit über ihre Kräfte gehen. Natürlich muß dabei ein "Sich Schaden tun" oft vorkommen. Das Schlimmste ist, daß es bei Vernachlässigung den Grund zu schweren Geburten, späterem Siechtum und frühzeitigem Altern legt.

Wessen Kräfte durch stete bürgerliche Arbeit gestählt sind, kann mit den Armen wohl erhebliche Lasten bewältigen, nur muß es unter Beachtung gewisser Vorsicht geschehen. Vor allem darf der Oberkörper nicht eingeschnürt sein. In dem Moment der größten Kraftentwicklung muß der Atem angehalten werden. Einem zarten Körper aber, mit schwachen Knochen und unentwickelten Muskeln dürfen Kraftleistungen überhaupt nicht zugemutet werden. Wie oft wird in Familien in dieser Beziehung an den jungen, halbreifen Dienstmädchen gesündigt! Wie oft auch sündigt die junge hoffende Frau an sich und an dem keimenden Leben!

Wahrlich, es würde recht viel weniger Elend auf der Welt geben, wenn alle Menschen vorsichtiger wären!

Wie oft schon ist nachgewiesen und betont worden, daß fortgesetzter oder häufiger Druck auf weiche Teile eine Verhärtung nach sich zieht. Trotz alledem sehen wir täglich - selbst bei klugen Frauen - wie das Brot beim Schneiden an die Brust gepreßt wird, wie man ein Stück Holz zum Zweck des Späneschneidens einfach auf den Magen stemmt, als ob ein Küchentisch dazu nicht geeigneter wäre!

Eine Entzündung des Knies ist gewiß etwas Schmerzhaftes, aber unter hundert Dienstmädchen werden kaum zwei aus eigener Initiative sich eines Kissens beim Scheuern und Zimmeraufwischens bedienen, im Gegenteil lassen sie sich oft noch recht herausfordernd mit aller Kraft auf die Knie fallen. So heiß wie möglich wird das Aufwaschewasser genommen, oft mitten aus der Arbeit heraus mit nassen Händen ins Freie gelaufen. Kein Wunder dann, wenn sich die überhitzte Haut erkältet, springt oder gar in Blasen sich erhebt und geschwürig wird. Wenn die zuletzt angeführten Schäden sich auch nicht direkt mit der Ueberschrift decken, so sind es doch solche, die sich jede selbst zufügt, und zwar ohne Not. Zu der gleichen Gattung zählen auch jene, welche durch gebrochene Korsett- und Kleiderstäbe, schiefgetretene Absätze, hartgewordenes Schuhzeug u.s.w. entstehen. Auch jenes Schadens sei noch gedacht, der die Sehkraft so vieler junger Leute für die ganze Zeit ihres Lebens aufs höchste beeinträchtigt und durch Lesen und Arbeiten im Dämmerlichte verschuldet wird.

Ein jeder kann leicht aus eigener Erfahrung die Zahl der selbstverschuldeten Schäden um einige vermehren. Meistens kommt hier das Sprichwort zu Ehren: "Durch Schaden wird man klug". Warum letzteres erst nachher? Sollen wir unsern Verstand und die Erfahrung anderer nicht anwenden, die Gefahren zu vermeiden, um die größte und höchste Gottesgabe, die Gesundheit, uns zu erhalten?

Klaviere und Motten.

Es ist vielleicht nur Wenigen bekannt, daß Motten ein Klavier zu Grunde richten können. Das Klavier enthält sehr viel Filz. Laien besorgen die innere Säuberung in der Regel nicht selbst, dieselbe wird meistens der Hand eines Klavierstimmers überlassen. Es scheint mir aber, daß sich nur wenig Stimmer dazu hergeben, ja nur einmal nachzusehen, ob der Filz in Ordnung ist. So erging es nämlich mir; alle Jahre wurde das Klavier gestimmt, aber kein einzigesmal wurden die Tasten aufgehoben. Der Zufall wollte es wohl, daß ich, da ich die Adresse des früheren Stimmers vergessen hatte, jemand anders bestellte, der mir als sehr gewissenhaft und tüchtig empfohlen wurde. - Da zeigte sich denn, welche Verheerung Motten in der Zeit von 3-4 Jahren anrichten können. Die Hämmerchen selbst blieben verschont, doch die andern untern Filzlagen sind vollständig zerfressen. Die Kosten der Reparatur belaufen sich hoch genug, um Andere vor einer solchen unvorhergesehenen Ausgabe zu warnen. Werden die Motten im Anfangsstadium ihrer Zerstörung entdeckt, so konnte der Klavierstimmer vermittelst Einspritzung von Kampfer die Motten zerstören. Ich möchte jedem Besitzer eines Klavieres (auch ganz neue bleiben oft nicht verschont) den Rat geben, dieses so kostspielige Möbel doch alle 1-2 Jahre untersuchen zu lassen und den Klavierstimmer aufzufordern nachzusehen, ob sich keine Motten darin vorfinden. A. St.-B.

Gesundheitspflege.

Schlaf, Kindchen, schlaf! Das Wiegenlied verliert mehr und mehr seine Bedeutung, denn die Wiege selbst, dieses altehrwürdige Stück deutschen Hausrats, ist jetzt so gut wie verschwunden. In Bauernhäusern ist sie noch hie und da zu finden, aber es wird viele Leute in recht erwachsenem Alter geben, die ein solches Ding überhaupt nicht mehr gesehen haben. Namentlich in den Städten ist die Wiege ganz ausgerottet und in der Regel verdrängt durch