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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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"hochmodern" ist, aber sie hat doch kaum mehr Zeit dazu.

"Ich versichere Sie, liebe Frau M., das ist gleich besorgt. Sie kommen schnell mit mir; in einer Viertelstunde sind wir fertig und kommen Sie noch bald genug nach Hause."

Nur ein Viertelstündchen! ja, da kann sie sich's schon erlauben! Und Frau M. geht mit zu Frau A. und hat da so viel zu bewundern und zu betrachten, daß die Minuten gar unbemerkt davon fliegen, und wie sie endlich die hochmoderne Blouse mit einem Seufzer: "Ja, so eine gefiele mir auch" bei Seite legt und fortgeht, so entdeckt sie mit Schrecken, daß diese "Viertelstunde" drei mal 15 Minuten beansprucht hat. Wie eilt sie nun zum Metzger, der gerade heute keine ganz kleinen Zungen, nur größere vorrätig hat, und wie wird dann daheim gehastet und pressiert, damit doch das Mittagessen zur Zeit fertig werde. Aber natürlich geht heute alles schief: das Feuer will nicht recht brennen und die Bohnen sind doch zäher, als sie geglaubt, und die Zunge - die will gar nicht weich werden. Als Herr M. nach Hause kommt und sein Lieblingsgericht aufgetragen wird, blickt er gar befriedigt drein; aber wie es nun ans Zerscheiden ^[richtig: Zerschneiden] und ans Essen geht - o weh! da folgt die schlimme Ueberraschung: die Zunge ist noch hart, und die Bohnen nicht weich, und der Hausherr muß dies doch rügen, wenn auch mit schonenden Worten, da er sieht, wie niedergeschlagen sein Frauchen schon ist; und dieses macht sich im Stillen immer Vorwürfe, wegen dem "fatalen Viertelstündchen" dies verschuldet zu haben.

(Schluß folgt.)

Erziehung und Gewöhnung des Kindes zur Reinlichkeit.

Der wesentlichste Grundpfeiler einer vernünftigen Gesundheitspflege ist die Reinlichkeit. Gesundheitspflege ist ohne Reinlichkeit geradezu undenkbar. Auf beide müssen wir deshalb bei unsern Kindern hinwirken und zu beiden sie zu erziehen suchen. Fragen wir nun zunächst: wie erziehen wir unsere Kinder zur Reinlichkeit?

Rückert mahnt:

"Rein gehalten dein Gewand

Rein gehalten Mund und Hand,

Rein das Kleid von Erdenputz,

Rein von Erdenschmutz die Hand!

Sohn, die äußre Reinlichkeit

Ist der innern Unterpfand!"

Reinlichkeit muß vom ersten Lebenstage an das Kind herantreten. Es darf nicht längere Zeit unrein in seinen Windeln liegen bleiben und Schmutz, der von außerhalb an dasselbe herantreten könnte, darf überhaupt bei dem Kinde

nicht zu finden sein. Dazu dienen Bäder, Abwaschungen und reine Wäschen. Tägliche Waschungen des ganzen Körpers sind für das Wohlbefinden und die Gesundheit von größter Wichtigkeit. Seife nützt auch, weil sie den Schmutz auf der Haut, den das bloße Wasser nicht entfernen kann, auflöst. Möglichst oft ist die Leibwäsche bei den Kleinen zu wechseln. Die Wäsche saugt nämlich die Hautabsonderung in sich ein, nimmt auch den in der Luft schwebenden Staub, der sich auf die Haut legen würde, auf, und verhindert auf diese Weise die Ansammlung von Schmutz auf der Haut. Durch Verdunstung und Waschen verschwinden die aufgesogenen Hautausdünstungen aus der Wäsche, und so wird dieselbe wieder zum Tragen brauchbar. Ferner achte man auf die Spielsachen der Kinder; man lasse sie nicht so lange im Gebrauch, bis sie vor Schmutz starren. Abgesehen von dem schädlichen Einfluß schmutzigen Spielzeuges auf das Gemüt, kann dasselbe auch direkt gesundheitsgefährlich werden. Man kaufe daher nur solche Spielsachen, die leicht abwaschbar sind, und überlasse es nicht nur den Dienstboten, dieselben zu reinigen, sondern halte auch die Kinder selbst dazu an. Besonders sehe man darauf, daß die kleinen Mädchen ihre Puppen immer recht sauber halten. - Kommen die Kinder mit schmutzigen Händen vom Spielplatz nach Hause, so warte man mit der Reinigung der Finger nicht bis zur Essenszeit, sondern mache es sofort. Auch gewöhne man die Kinder frühzeitig, sich in solchen Fällen die Hände sofort selbst zu waschen. - Sind die Kinder so weit, daß sie sich morgens allein waschen, so führe man doch darüber Aufsicht, daß die Reinigung eine gründliche sei, und halte sowohl Knaben als Mädchen in der Sommerszeit in geeigneter Weise zum Baden an. Sehr gute Dienste würde auch eine Badwanne zur Winterszeit leisten. - Schmutzige Nasen und Ohren dulde man in keinem Falle. - Die Kleidung sei stets reinlich. Es ist besser, daß das Kleid eine ausgebesserte Stelle zeige, denn eine fleckige; auch eine ärmliche Kleidung kann rein gehalten werden. Man dulde auch nicht, daß Bücher und Hefte der Kinder beschmutzt werden. Es muß ihnen ein solcher Widerwille eingeimpft werden, daß sie die Bücher von selbst rein halten. - Zur Reinlichkeit gehört auch, daß das Haar stets in Ordnung sei; Läuse, Nisse und andere Kopfparasiten müssen sorgfältig fern gehalten werden. Auch achte man auf die Reinhaltung des Schuhzeuges. Ferner sehe man darauf, daß die Kinder nur mit reinlichen anderen Kindern Umgang pflegen. - Ist im Hause sonst alles rein, strahlen Zimmer, Möbel und Treppen in möglichster Reinlichkeit, gehen die Eltern in derselben mit möglichst gutem Beispiel voran, sind saubere Dienstboten vorhanden, mit einem Worte, herrscht im Hause ein Geist der Reinlichkeit, so wird es auch mit den