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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

XIV. Band. Nr. 36

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; bei der Post bestellt 10 Cts. mehr; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag Th. Schröter, Obere Kirchgasse 25, Zürich.

1905. 5. März. Inhalt: Spargel in der Küche. - Die Kindergärtnerin. - Kopfschmerzen und ihre Ursachen. - Aus unserem Leserkreise. - Hausmittel und Rezepte. - Haus- und Zimmergarten. - Gesundheitspflege. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Zur gefl. Notiz. - Reklame. - Inserate.

Spargel in der Küche.

Eine bunte Schüssel von Käthe Göbel.

(Nachdruck verboten.)

Immer wenn der Frühling kommt, pflegt alle Welt über den Spargel dies und jenes, altes und neues aufzutischen: allein über seine Verwendung in der Küche erfährt man im allgemeinen herzlich wenig. In der Tat weiß die Hausfrau meistenteils so gut wie nichts von all den köstlichen Spargelgerichten, die bei einer nur ganz geringen Umsicht und Kenntnis möglich sind: der "König der Gemüse" wird vou ihr recht und schlecht wie ein Bettler behandelt. Ich kenne Familien, in denen auf eine wirklich gute Küche gehalten wird; man schwelgt iu Saucen und singt Hymnen auf die kompliziertesten Farcen; jedoch bei der Zubereitung des Spargels geht mau nachgerade primitiv zu Werke. Er wird nach ältestem Rezept geschält, gewaschen, in Salzwasser gekocht und dann mit zerlassener Butter übergossen oder in holländischer Sauce auf den Tisch gebracht. Meistens bedient man sich beim Kochen nicht einmal der so sehr wichtigen Hilfsmittel an geeignetem Geschirr, mit dem uns die betreffende Industrie bedacht hat. Die Stangen werden mit einem Faden umwickelt und das gesamte Bündel, sobald sie hinreichend weich sind, davon wieder befreit. Ob sie dadurch an Ansehen einbüßen oder gar die zarten Köpfe abgestoßen sind, das kommt als völlig belanglos ganz und gar nicht in Betracht. Solche Leute verdienen überhaupt nicht, von dieser Götterspeise auch nur kosten zu dürfen. Vor allem haben sie keinen Sinn für Aesthetik des Essens. Speisen sollten eben nicht allein gut munden, sondern auch schmuck aussehen. Nur wenn diese beiden Bedingungen zusammentreffen, wird die Kochkunst wirkliche, echte Triumphe ersiegen.

Selbst jene denkbar einfachste Art und Weise der Spargelzubereitung erfährt eine ebenso geschickte, wie glückliche Steigerung, wenn man geriebenes Weißbrot - "Semmelbröseln", - in zerlassener Butter bräunt und damit die eben dem Kochtopf entnommenen Stangen überschüttet. Infolgedessen schmecken sie um vieles herzhafter und kräftiger: ich für meinen Teil ziehe diese Art auch ganz entschieden der so vielfach beliebten, allem stets etwas weichlichen holländischen Sauce vor. Sehr zu empfehlen ist ferner die folgende: ein Löffel voll Mehl wird mit einer ganz geringen Menge kalten Wassers leicht verdünnt; dazu mischt man den Dotter vou mehreren Eiern, Zitronensaft nach Geschmack, einen Schuß Weißwein und läßt alles unter stetem Rühren bei mäßigem Feuer aufkochen. Währenddessen gibt man einen Teil der Spargelbrühe dazu und, kurz bevor die Sauce vom Herd genommen wird, nach Gutdünken sauren Rahm. Sie gewinnt noch überaus an Wohlgeschmack, wenn ihr je nach Quantität eine oder mehrere Messerspitzen voll Liebig's Fleisch-Extrakt - selbstverständlich noch während des Kochens - zugesellt werden. An Tischen, wo die gastrosophische Individualität geschätzt und respektiert wird, also wo jeder gewissermaßen kulinarisch nach der eigenen Façon selig werden kann, möchte ich der nachstehenden Sauce recht entschieden das Wort reden. Aus hartgesottenen Eiern, die in hinreichender Anzahl zur Verfügung stehen müssen, schält man sich das Gelb, zerkleinert es mit der Gabel, fügt als Würze Pfeffer und Salz dazu und stellt nun mit Hilfe des heißen Spargelwassers und der zerlassenen Butter einen Brei her. Mancher verrührt ferner etwas Zitronenneusaft und Senf, sowie einige Tropfen Olivenöl dazu und erzielt damit eine Sauce, die wirklich ganz herrlich mundet. Die Allerweltssaucen in ihrem monotonen Einerlei und dem oft so deutlich zu Tage treten-