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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; bei der Post bestellt 10 Cts. mehr; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Ueber Erziehung zur Sparsamkeit.

Von Berta Imhof.

Wenn man von Sparsamkeit redet, kommen mir unwillkürlich drei Frauengestalten in den Sinn, die alle in meiner Jugendzeit eine wichtige Rolle spielten und an meiner Erziehung zu jener Tugend mithalfen:

Die eine, eine kleine, magere Gestalt mit lebhaften schwarzen Aeugleinl Sie ist sehr "huusli", wie man sagt. Sie zieht nur alle 14 Tage eine saubere Küchenschürze an, um die Seife zu sparen; denn es geht dann in einem zu, wenn die Wäsche kommt. Sie kocht Aepfel ohne Butter, Kaffee mit möglichst wenig Bohnen, um die Leute nicht zu verwöhnen, in Wirklichkeit aber, um möglichst wenig von diesen Dingen zu brauchen! Sie wichst die Schuhe nur Sonntags, um das Leder zu sparen, es mit den Bürsten nicht aufzureiben, in Wirklichkeit, um im Jahr nur eine Schachtel Schuhwichse zu brauchen. Sie merkt nicht, wie die Wäsche unter Ihrer Sparsamkeit leidet, wie ihre eigenen und die ihr anvertrauten Töchter infolge mangelhafter Ernährung mager und bleichsüchtig werden!

Meine zweite ist kugelrund und hat auch schwarze Augen. Auch sie zählt zu den Sparsamen und aus guten Gründen; muß sie doch mit dem Einkommen einerseits und einer ansehnlichen Kinderschar anderseits rechnen! Sie hat wirklich erkannt, daß Sparen am Essen nicht das richtige Sparen ist; dafür zeugt die rundliche Fülle auch ihres Ehegesponses. Sie greift die Sache besser an: Was abfällt: Faden, Nadeln, »Bletz" und Schnüre, Papierresten, zerrissene Schuhe, alles wird aufbewahrt, weil mans ja später brauchen könnte! - Und jetzt ist der Augenblick der Verwendung gekommen! Man erinnert sich eines alten Hemdenknöpfleins, das man einstens zur Wiederverwertung aufbewahrt hat. Frau und Dienstmagd, Mann und Kinder suchen nun in der Unmasse "noch wertvoller" Dinge nach dem verschwundenen Juwel, während in der Küche die Milch übersiedet und "Büsi" liebenswürdig den Braten vorkaut! -

Die gute Frau hat eben vergessen, daß Sparsamkeit ohne Ordnung eine Unmöglichkeit ist!

Und die dritte? Auch klein ist mein drittes Weiblein, hat schaffige Hände, rote Wangen und ein freundliches Gesicht! Viele Leute sagen: Sie ist nicht "huusli". Sie erlaubt ihrem Manne wöchentlich einmal und am Sonntag erst recht ins Wirtshaus Zu gehen! Ihre Kinder sind gekleidet wie Herrenfräuleins! Ihr Häuschen ist aufgeputzt wie an einem Fest! - Und doch, wer ist schuld, daß alles gut gehen kann? Es ist lieb Mütterlein, das am richtigen Orte zu sparen versteht, das die Leute kennt und ihre Magen mit den Lebensbedürfnissen, das die Resten in der Küche richtig zu verwenden weiß, das im ganzen Hause musterhafte Ordnung hält, alles zu einem "Schmucktrückli" macht, das aus nichts etwas macht, das auch hie und da mit den Abfällen verschwundener Herrlichkeiten abfährt und, sparsam wie sie ist, über dem Feuer einen guten Kaffee kocht. Sie nimmt eine mächtige Hand voll Bohnen; der Trieb zur Sparsamkeit aber läßt es nicht zu, daß sie nicht noch die drei letzten Bohnen zurückbehält "für ein andermal"! Zu kurz kommt doch niemand, am wenigsten ein Bettler, der um eine kleine Gabe fleht! Auch hier heißt es: Nicht viel, aber von Herzen und vor allem aus: Zweckmäßig!

Sie verstehen mich, was ich sagen will: Sparen ist gut, aber man soll am richtigen Orte sparen! Und Sie werden auch meine andere Behauptung billigen: Die richtige Sparsamkeit geht von unsern Hausmüttern aus, und darum vor allem: Schaffe man sparsame Hausfrauen!

Die erste Erziehung und die Hauptarbeit derselben liegt im Pflichtenkreis der Hausfrau und Mutter. Leibliches und geistiges Gedeihen des jungen Lebens sind in ihre Hand gegeben. Vom ersten Tage an vermittelt sie dem Kinde eine Reihe von guten Gewohnheiten, doch nur die, welche sie selbst besitzt. Und wehe dem Menschen, dessen Mutter nicht sparsam war. Er hat die wichtigsten Momente in der Erziehung zu dieser Tugend verloren! Er wurde