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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Erscheint wöchentlich. Abonnement halbjährlich Fr. 1.35; bei der Post bestellt 10 Ets. mehr; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Ets. Redaktion: Frau Gkse Schröter. Verlag von Erhard Richter, Zürich I, Seidengaffe 10.
1905. 17. Dez. Inhalt: Weihnachtsspeifen und Getränke auS aller Welt.  Neujahrs-Glückwünsche den Eltern.  Vermischtes.  Hummer.  WewnachtSgebäck.  Eingesandt.  Kochrezepte.  Briefwechsel der Abonnenten unter stch.  Briefkasten.  Kleine Rundschau.  Inserate.
Meihnachtsfpetsen und Oetritnke aus aller MeN.
Von M. Lorenz.
-------- (Nachdruck verboten.)
Seit die zivilisierte Welt auf christlichem Boden steht, hat sich die Feier des Weihnachtsfestes mehr und mehr ausgestaltet, dabei freilich halb unbewußt so manches aus grauem Hcidengötterkult herübergenommen.
Weihnachten ist nun einmal die Zeit der Tafelfreuden, der Hausbäckerei, der Süßigkeiten und Lebkuchen.
Noch heute haben verschiedene Länder ihre ganz bestimmten feststehenden Weihnachtsgerichte, so kann sich ein echter Berliner, Schlesien Märker und Böhme wohl keinen "heiligen Abend" ohne Bierfische, speziell soweit es die Mittel erlauben, "Karpfen" für voll anrechnen lassen. Freilich kommen heut auch diese alten Traditionen mehr und mehr ins Wanken, aber wo's möglich ist, sollte man den alten Sitten (unsere Voreltern wußten sehr genau, was gut schmeckt!) doch Konzessionen macheu.
Fisch ist. in anbetracht ehemaliger Fastenspeisen, wohl allgemein das Weihnachtsessen par exellence!
Italien rühmt sich dreizehn verschiedenartiger Bereitungsarten von Aal für das Weihnachtsfest; ganz besondere Spezialistcn darin sind die Neapolitaner und Capresen. Auch dürften die mit Stuffina (einer Sahne-crememasse) gefüllten Bastoni d'oro nirgends fehlen, sie ersetzen das bei uns übliche Lebkuchengebäck, doch ohne dessen Haltbarkeit und Konsistenz.
Auch die Portugiesen bevorzugen den Fisch für die heilige Abendtafel, bereiten aber ausschließlich Seefische in einer weißen, mit Weinessig und Knoblauch viel gewürzten Sauce. Auch die Bewohner der Pyrenäen und der Großstadt Madrid halten an der hergebrachten Sitte ihres "Vesugo" genannten Fischgerichts fest, das allerdings für uns durch die
übermäßige Knoblauchswürze unangenehm ist, sonst aber. da vielerlei feine Kräuter hinzukommen, erinnert das Vesugo an unsere beliebten Spreewaldfische mit Petersiliensauce. Ein für deutsche Gaumen beinah unmöglicher Genuß ist der im nördlichen Schweden übliche Lütgefisk, der so gräulich riecht, daß schon das allein die Eßlust vertreibt. Die Sitte der Skandinavier verlangt zudem, daß die Herrschaft am Weihnachtsabend, auch in den vornehmsten Häusern herrscht dieser Brauch mit den Dienstboten in der Küche speist, und da diese letztere naturgemäß am ärgsten nach dem Lüt-geftsk riecht, so ist der Genuß ein sehr zweifelhafter. Die Dänen bevorzugen dagegen Gänsebraten mit Rotkohl, ein auch in manchen Gegenden Deutschlands übliches WeihnachtZes-sen, dazu gibt's als Dessert die besonders geformten Weihnachtskuchen, "Kleinen" genannt. Auch begegner man besonders auf den dänischen Inseln dem aus altheidnischer Zeit stammenden Usus, eine Schüssel Buttergrütze oder Milchreis in das Weihnachtszimmer zu stellen für die Hausgeister,  "die Kleinen", Gnomen, Alben, Zwerge!  Wird die "Groed" vergessen, so kann man sicher darauf rechnen, daß die beleidigten Kleinen allerlei Schabernack im Hause treiben.
Schlesien ist das Land der Mohnklöße und Mohnstriezel, ohne die kein echter "Eselsfresser" seinen Christabend feiern kann. Mecklenburg und Pommern backen Plunderbrezeln, ein wunderschönes Gebäck, das auch Anklang an graue Vorzeit mit sich führt. Die Brezel ist immer das Symbol der Midgardsschlange, ohne Anfang und Ende, die Welt umspannend.  Auch Heetweck mit heißer Milch, ein Semmelgebäck, Grünkohl und der Weihnachtshase sind als Christfestessen gebräuchlich.
Noch einer Sitte in Sevilla sei gedacht, wo der Truthahn eine große Rolle als Festgericht spielt. In den Wochen vor Weihnachten werden große Herden dieser feisten Tiere durch die Straßen der Stadt getrieben, und jeder Hausherr oder Familienvater greift sich den