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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; bei der Post bestellt 10 Cts. mehr; aN Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.
Verlag Th. Schröter, Obere Zäune 12, Zürich.
1905. 8. Januar. Inhalt:
__)iät beim Brechdurchfall der Kinder, zuni
Vermischtes.  Kochrezepte.  Briefwechsel der Abonnenten unter sich.  Netlame.  Inserate.
. Unsere Kinder. (Schluß).  Ein Hausteuftlchen.  Gesundheitspflege.  Diät beim Brechdurchfall der Kinder, zumal der Kinder.  Kosmetik.  Wr die Küche.  Hausmittel und Rezepte.
Unsere Kinder.*)
II.
Entweder viel zu kleiner oder zu großer Kopf sind untrügliche Zeichen der Mißbildung. Gewicht und Körpermaß stimmen mit den Normalien nicht überein. Das Kind zeigt später einen vollständigen Mangel an Energie. Die Sterblichkeit dieser Säuglinge ist sehr groß. Bleibt das Kind am Leben, so gedeiht es nur sehr langsam. Das Kleine ist zart, lernt sehr spät gehen und reden, aber beides unvollständig, es ist für alle Kinderkrankheiten empfänglich. Hat es die vielen Schwierigkeiten, die es auf seinem Lebensweg gefunden, überwunden; ist es groß genug, daß man nach feinen geistigen Fähigkeiten fragen darf, so entdeckt man mit Schrecken, daß diese sehr gering sind. Die Sinne sind schwach, heißt es (daher der Ausdruck schwachsinnig), das Vermögen des Aufmerkens ist ungenügend, der Wille abwesend, die Vegriffs-bildung geht langsam; alles kennzeichnet eine, ausgesprochene Passivität. Die Grundursache des Schwachsinns ist nach dem Urteil der Autoritäten aber nicht eine Schwäche der Sinnesorgane, sondern die Unfähigkeit, die Sinneseindrücke aufzunehmen und festzuhalten, oder kurz gesagt, das Urteilsvermögen fehlt. Durch die richtige Erziehung kann diese Unfähigkeit bis zu einem gewissen Grade beseitigt werden. Nichtsdestoweniger "t dcr Schwachsinnige zeitlebens nicht imstande, intellektuell (verstandes-mäßig) selbständig zu urteilen oder, allgemein ausgedrückt, selbständig zu werden. Er wird aber auch aus dem gleichen Grunde nie moralisch denken und handeln können, wie ein geistig normaler Mensch. Direktor Kölle in Regensberg sagt darüber: "Der geistig Schwache ist im allgemeinen sittlich indifferent. Er ist gutmütig, anhänglich, aber auch wieder undankbar, un-
*) Aus dem Vortrag, gehaletn vor ser^Gemeinnützt-gen Gesellschaft Unterstraß am 20. Dezember 1903 von H. Etzensperger, Lehrer.
nahbar und böswillig. Daraus folgt aber eben, daß eine zielbewußte Erziehung imstande ist, ihn in ein bestimmtes Geleise zu bringen. Freilich wird er bei Versuchungen sehr leicht aus dem Gleichgewicht gebracht, weil er nicht imstande ist, zu beurteilen, welche Folgen seine Handlungen haben können." Daraus erhellt, daß der Schwachsinnige beständig einer Leitung, einer Fürsorge bedarf; sie kann ihm dazu verhelfen, ein nützliches Glied der Gesellschaft zu werden und sie kann es verhüten, daß er aus Mangel an geistiger und sittlicher Urteilskraft der Umgebung gefährlich wird. Die Notwendigkeit dieser führenden Hand ist es aber, was den Eltern von Schwachsinnigen eine schwere Sorge ist, von der sie nur der Tod erlöst. Doch auch das ist des Elends noch nicht genug. Kommen Sie mit mir nach Bremgarten in jenes große Gebäude jenseits der Reutz  in die Anstalt St. Josef. Von den 240 schwachsinnigen und blöden Insassen, die unter der Erziehung und Pflege von 22 barmherzigen Schwestern stehen, gilt unser heutige Besuch nur den 110 Bildungsunfähigen oder Blöden. Schon vor dem Eintritt in die Wohnstube der 28 großen, männlichen, im Alter von 1640 Jahren tönt ein wirres Durcheinander von Stimmen an unser Ohr. Beim Eintritt aber zeigt sich uns ein Bild, das wir nie mehr vergessen können. Rechts von der Türe sitzt im Lehnftuhl, ein Geschöpf von 22 Jahren, dessen Oberkörper beständig rasch hin- und herbalanciert. Unaufhörlich stößt es lallende, schreckliche Töne aus, die weder Lust noch Unlust verraten. In einer Ecke kauert auf den Knieen ganz ruhig ein Mann, normal gewachsen, aber blind. Zum Stehen ist er nur mit Gewalt zu bewegen. Er sei vor dem Anstaltsaufenthalt jahrelang in einem Keller gehalten worden. Dieses Beispiel allein dürfte genügen, um die Wohltat eines Institutes wie St. Josef zu beweisen. Auf einem Nachtstuhl wird ein 17jähriger, der nack Gewicht, Größe und Ausfehen kaum ein 7 jähriger ist, gehalten; er ist ganz hilflos und hat so verkrüppelte Füße, daß er nicht gehen kann.