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Drucken & Binden

der 4. Auflage des Meyers Konversations-Lexikon

Schriftsetzen

Bibliographisches Institut, Setzerei, 2. Stock
Bibliographisches Institut, Setzerei, 2. Stock

Auf einer Fläche von 700 Quadratmetern arbeiteten etwa 100 Schriftsetzer. Sie stellten im Bleihandsatz Type für Type, Zeile für Zeile, Artikel für Artikel, Seite für Seite zusammen. Die anstehenden Artikel wurden separat gesetzt um später in eine nicht enden wollende Spalte (sie wäre ca. 6,5 km lang) eingereiht zu werden, die dann für die Seiten passend umgebrochen wurde. Die Druckseiten durchliefen bis zu fünf Korrekturstufen. Deshalb wird der Leser nur wenige Druckfehler entdecken, im Durchschnitt etwa einen pro 15 Seiten.

Abformung

Bibliographisches Institut, Papierstereotypie, 2. Stock
Bibliographisches Institut, Papierstereotypie, 2. Stock

Bibliographisches Institut, Stereotypengiesserei, 2. Stock
Bibliographisches Institut, Stereotypengiesserei, 2. Stock

Die fertig gesetzten und korrigierten Bleiseiten wurden zur Druckvorbereitung mit Spezialpappmaché abgeformt. Dazu drückte man dünne Seidenpapierlagen und Kleister auf den Bleisatz und trocknete das Ganze in einer Presse. Nun konnte die Papierschicht (Matrize) vorsichtig abgelöst werden. Nach der Abformung löste man den Bleisatz auf und sortierte die Bleilettern zur weiteren Nutzung oder schmolz sie ein.

Um aus den Papiermatrizen einen Druckstock zu gewinnen, mussten sie wiederum mit Blei ausgegossen werden. Für die Hauptauflage des Lexikons wurden gebogene Druckplatten benötigt, da sie mit einer Rotationsdruckmaschine hergestellt wurde. Der Nachdruck dagegen entstand auf Schnellpressen mit flachen Druckstöcken. Je nach Verwendungszweck wurden die Papiernegative deshalb in ebenem oder vorgebogenen Zustand ausgegossen. Nach der Abkühlung wurde die Matrize abgelöst, der frisch gegossene Druckstock zugeschnitten und von Gussgraten befreit. Die Pappmatrizen überstanden diesen Prozess und wurden für eventuelle Nachdrucke einige Jahre in den Kellergewölben aufgehoben.

Drucken

Für die hohen Auflagen des Lexikons besaß das Bibliographische Institut zwei Rotationsdruckmaschinen, Spezialanfertigungen der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN). Je 8 Seiten auf Ober- und Unterseite des Papiers wurden gleichzeitig gedruckt. Bis zu 12000 fertige Bogen pro Stunde konnte so eine Maschine theoretisch herstellen, aber eine annehmbare Druckqualität war nur mit weniger als 8000 Umläufen pro Stunde erreichbar. So war eine der beiden Maschinen mit der Herstellung des Lexikons voll ausgelastet.

Bibliograhisches Institut, MAN-Rotationsdruckmaschine, Erdgeschoss
Bibliograhisches Institut, MAN-Rotationsdruckmaschine, Erdgeschoss

Die Rotationsdruckmaschine übernahm viele Arbeitsschritte. Im vorderen Bereich wurde das Papier angefeuchtet, zwischen den Hauptwalzen bedruckt, im mittleren Teil der Maschine geglättet und mit einer Perforation zwischen den Bogen versehen. Auf der Rückseite konnte die Maschine die Bogen automatisch trennen und falzen.

Papier

Bibliographisches Institur, Trockenraum mit Pressen
Bibliographisches Institur, Trockenraum mit Pressen

Das zum Bedrucken angefeuchtete Papier würde sich unansehnlich wellen, wenn es nicht in völlig ebenem Zustand trocknen würde. Dafür gab es eine Spezialabteilung im Erdgeschoß, in der bei 30° R (37,5° C) die Bogen von der größten Feuchtigkeit befreit wurden. Anschließend durften in der so genannten Bücherstube die hydraulisch gepressten Papierlagen in langen Reihen ein paar Tage trocknen.

Die Graphiken

Bibliographisches Institut, Arbeiterinnen im Maschinensaal der Buchdruckerei, 1. Stock
Arbeiterinnen an der Schnellpresse.
Ausschnitt aus Holzschnitt, Original 1x1 cm

Besonderen Wert legte man auf die den Text begleitenden Abbildungen. Sie wurden speziell für das Lexikon angefertigt (nicht einfach aus anderen Werken zusammengeklaubt) und bieten deshalb eine einheitliche Optik. Die Schwarz-Weiß-Graphiken, vor allem die innerhalb der Textseiten, sind Xylographien, also klassische Holzschnitte. Holzschneider setzten die Vorlagen, die ihnen von Wissenschaftlern, Ingenieuren, Künstlern oder Kartographen geliefert wurden, in druckbare Graphiken um. Geschnitten wurde in die Stirnseite von Buchsbaumholz. Alles, was nicht schwarz werden sollte, musste weggeschnitzt werden, was für die dünnen Linien in den Bildern hohe handwerkliche Fähigkeiten der Holzschneider fordert. Die Holzschnitte für Abbildungen im Text wurden in die Bleisatzseiten montiert, gemeinsam stereotypisch mit Papier abgeformt und wie die normalen Seiten im Druckprozess behandelt. Die Holzschnitte für die Schwarz-Weiß-Tafeln dagegen kopierte man galvanoplastisch und druckte sie gesondert.

Bibliographisches Institut, Steindruckerei, 1. Stock
Bibliographisches Institut, Steindruckerei, 1. Stock

Die Farbtafeln und manche Karten sind Lithographien. Bei diesem Verfahren werden die später schwarzen oder farbigen Bildteile mit einer speziellen Ölkreide auf plangeschliffene Kalksandsteinplatten gemalt. Trägt man zum Drucken Öldruckfarbe auf diesen Stein auf, bleibt die Farbe nur an den ölhaltigen Stellen haften und kann so auf das Papier übertragen werden. Durch zusätzliches Ätzen und Gummieren können von einer Steinvorlage mehrere hunderttausend Abzüge hergestellt werden. Die Chromolithographien in Meyers Lexikon haben bis zu 10 Farbschichten, die nacheinander deckungsgleich übereinander gedruckt werden mussten. Das Drucken ist sehr zeitraubend, weswegen die Verlagsleitung den Bestand an Steindruckpressen während der Produktionszeit der 4. Auflage von 16 auf 29 erhöhte.

Buchbinden

Biblioghraphisches Institut, Buchbinderei, 3. Stock
Biblioghraphisches Institut, Buchbinderei, 3. Stock

Das Bibliographische Institut betrieb eine eigene Binderei. Hier wurden sowohl die broschierten Lieferungen wie auch die fertigen Bände produziert. Die Bildtafeln wurden von Hand in die Lagen eingelegt oder an vorbereitete Papierstreifen zwischen die Seiten geklebt. Im Gegensatz zur klassischen Buchbindetechnik nähte man die Lagen der Konversationslexika nicht mit Fäden zusammen, sondern klammerte sie maschinell, ähnlich den heutigen Zeitschriften. Die verschiedenen Lagen wurden über ein breites Leinenband verbunden. Solange die Klammern nicht rosten, ist das eine überaus haltbare Bindetechnik. Der Leinenstreifen wurde dann sehr solide mit Papier und den Buchdeckeln verklebt und schließlich der geprägte Lederrücken angebracht. Da der Rücken selbst nur eine geringe tragende Funktion für den Band hat, löst er sich bei vielbenutzten Exemplaren einzeln ab, wobei Buchblock und Deckel dann trotzdem noch lange zusammenhängen und benutzbar bleiben.

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