Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Eisenbahn'
wären ohne Landschenkung heute noch nicht ausgeführt worden. Die Umstände gestatteten übrigens, die
Unionsbahnen um vieles billiger als die europäischen Bahnen herzustellen. Die Verwaltung der
amerikanischen E. hat in den letzten Jahren viele und nicht unberechtigte Angriffe erfahren und
rief eine große Agitation hervor, um von der Regierung strenge Gesetze zum Schutz der Rechte der
Bevölkerung gegen die vorgekommenen Erpressungen von seiten der Eisenbahngesellschaften zu erlangen.
Infolgedessen wurden von den Legislativen einzelner Staaten drakonische Maßregeln getroffen, unter
deren Druck seit 1876 etwa 144 bankrotte Gesellschaften unter den Hammer kamen. Bei den hierdurch
entstandenen enormen Verlusten sind britische Kapitalien in besonderm Maß beteiligt. Wie beträchtlich
und beklagenswert nun auch der Ruin der Einzelnen gewesen sein mag, die Ausstattung des Landes mit
weitverzweigten, riesigen Transportmitteln, deren Verhältnisse sich nach erfolgter Liquidation zum
Teil erst konsolidiert haben, kam der Urproduktion und dem Verkehr dennoch zu statten und bildete
ein Element des rasch aufblühenden Wohlstandes. An Einwohnerzahl nur um wenige Millionen stärker als
Deutschland, übertreffen die Vereinigten Staaten mit ihrem Schienennetz dasjenige Deutschlands um das
Fünffache und überragen das von ganz Europa (mit 330 Mill. Einw.) gegenwärtig um 4000 km. Anfang 1884
belief sich die Länge der im Betrieb befindlichen E. auf 194,006 km. Demnächst hat auf dem amerikanischen
Kontinent Kanada mit (1885) 16,222 km
das ausgedehnteste Eisenbahnnetz aufzuweisen. Hierauf folgt Brasilien mit etwa 6115 km. Nahezu ebenso
bedeutend ist die Länge der Linien in Mexiko und Argentinien, und auch in Chile und den übrigen
südamerikanischen Staaten ist der Bahnbau im Aufschwung begriffen.
In Asien haben (mit Ausnahme kurzer Strecken auf Java und Japan,
in der asiatischen Türkei, Russisch-Asien, in jüngster Zeit auch in Französisch-Kochinchina und in China)
bloß die Engländer in Ostindien E. gebaut. Das ostindische Eisenbahnnetz, vom Ingenieur Stephenson
entworfen und mit europäischem Kapital erbaut, ist nicht bloß in volkswirtschaftlicher, sondern auch
in sozialer und politischer Hinsicht sehr einflußreich. Die Great Indian Peninsula gilt für einen Triumph
der Ingenieurkunst. Die E. auf der Insel Ceylon, welche die Hauptstadt Kolombo mit dem Innern der Insel
verbindet, wie die von den Holländern auf Java und Sumatra erbauten Bahnen üben ebenfalls einen großen
Einfluß auf das wirtschaftliche Leben dieser Länder aus, der mit der zunehmenden Ausdehnung dieser Bahnen
zu immer größerer Geltung gelangt. Unter den asiatischen Eisenbahnprojekten ragen ferner hervor die
projektierte Euphratbahn (Verbindung des Bosporus mit den Euphratländern), sodann das Projekt einer Bahn
aus Rußland durch Turkistan und über die Hindukuschpässe nach Indien. China, das nur eine 13 km lange
Bahn nach den Kohlenminen von Kaiping besitzt, beschäftigt sich jetzt ernsthaft mit Projekten.
In Afrika wurde zuerst im Nildelta eine Eisenbahn gebaut, und
allmählich ist ein (1885) 1518 km langes Eisenbahnnetz entstanden. Eine Bahn ist projektiert, welche den
Sudân direkt mit dem Roten Meer verbinden und dadurch den Verkehr mit dem sudanesischen Hochland von der
Wasserstraße des Nils unabhängig machen soll. Noch bedeutender sind gegenwärtig die in Algerien und Tunis
von Frankreich, in Südafrika von England erbauten Bahnen, welche in hervorragender Weise die Kolonisation
des Landes
↔
fördern. Ein zu wiederholten Malen aufgetauchter Plan, die Gebiete des Niger und Senegal durch eine von
Algier und durch die Sahara zu legende Bahn zu erschließen, dürfte vorerst noch an den Schwierigkeiten
der Durchführung scheitern. Dagegen haben die Franzosen eine von ihren Besitzungen in Senegambien ausgehende
Bahn, welche zum Niger führen soll, bereits zum Teil vollendet.
Die australischen Kolonien waren Anfang 1885 bereits mit 11,962 km E.
versehen, wovon 2661 auf Victoria, 2645 auf Neusüdwales, 2512 auf Neuseeland, 1931 auf Queensland, 1680
auf Südaustralien, 344 auf Tasmania und 189 auf Westaustralien fielen. Neuerdings sind mehrere
transkontinentale Bahnen von der Ost-, resp. Südküste bis zur Nordküste sowie von W. nach O.
projektiert, welche nach ihrer Ausführung von großer Bedeutung werden müßten.
Das Eisenbahnnetz der Erde Anfang 1885.
Länder | Kilom. |
Deutschland | 39141 |
Großbritannien | 30358 |
Frankreich | 29607 |
Rußland | 25241 |
Österreich-Ungarn | 21786 |
Italien | 9666 |
Spanien | 8387 |
Schweden | 6600 |
Belgien | 4366 |
Schweiz | 2960 |
Niederlande | 2189 |
Dänemark | 1886 |
Türkei | 1656 |
Norwegen | 1562 |
Portugal | 1527 |
Rumänien | 1458 |
Finnland | 1324 |
Serbien | 245 |
Griechenland | 175 |
Europa: | 190134 |
Vereinigte Staaten | 194006 |
Kanada | 16222 |
Brasilien | 6115 |
Mexiko | 5958 |
Argentin. Republik | 4576 |
Peru | 2600 |
Chile | 2275 |
Cuba und Antillen | 1610 |
Zentralamerika | 536 |
Uruguay | 421 |
Kolumbien | 225 |
Venezuela | 164 |
Ecuador | 122 |
Bolivia | 80 |
Paraguay | 72 |
Britisch-Guayana | 34 |
Amerika: | 235016 |
Britisch-Indien | 17432 |
Niederländ.-Indien | 938 |
Kleinasien | 552 |
Japan | 375 |
Ceylon | 286 |
Franz.-Kochinchina | 60 |
China | 13 |
Asien: | 19656 |
Australkontinent | 9106 |
Neuseeland | 2512 |
Tasmania | 344 |
Hawai | 51 |
Tahiti | 4 |
Australien: | 12017 |
Kapland | 1952 |
Algerien und Tunis | 1824 |
Ägypten | 1518 |
Französisch-Senegambien | 263 |
Natal | 166 |
Mauritius | 148 |
Réunion | 125 |
Afrika: | 5996 |
Das Eisenbahnnetz der Erde (rund): 463,000 km. |
III. Anlage der Eisenbahnen.
Topographische Feststellung.
Die E. zerfallen hinsichtlich ihrer Länge und größern oder geringern Bedeutung für den Verkehr in
Haupt- und Nebenbahnen.
Hauptbahnen erster Klasse, welche den internationalen Verkehr vermitteln sollen, haben nur die
Hauptverkehrsplätze der Staaten und diese in möglichst gerader Linie und mit möglichst geringen
Steigungen zu verbinden. Die Hauptbahnen zweiter Klasse, welche dem nationalen Verkehr zu dienen
haben, sollen die bedeutenden Verkehrsorte eines Staats unter sich sowie mit den Hauptbahnen erster
Klasse verbinden, während die Nebenbahnen (Zweigbahnen, Vizinalbahnen,
Sekundärbahnen, s. d.) unter Zulassung gekrümmter Linien und stärkerer Steigungen
den Lokalverkehr zu vermitteln und den Hauptbahnen zuzuführen haben. Hauptbahnen erhalten je nach
der Stärke des Verkehrs zwei oder mehr Geleise, wovon anfangs oft nur eins zur Ausführung kommt,
Nebenbahnen nur ein Geleise. S. Eisenbahnbau.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 435.