Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Eisenbahn'
Anmerkung: Fortsetzung von [Kapitalbeschaffung. Zinsgarantien.]
Märkische, Köln-Mindener, Bergisch-Märkische etc.) von vornherein zum Teil in die Verwaltung, zum Teil in das Eigentum des
Staats übergeführt. Einen weit größern Umfang nahm das System der Zinsgarantien in Frankreich, wo die Zinsgarantiezuschüsse
1883 die Summe von 700 Mill. Frank erreicht hatten, sowie ferner in Rußland und in Österreich,
wo die Eisenbahnsubventionen dem Staat eine von Jahr zu Jahr drückendere Verpflichtung auferlegten, an. Bis Ende 1881 waren
in Österreich etwa 360 Mill. Mk. an Eisenbahnsubventionen verausgabt, eine Summe, welche hingereicht haben würde, ganze
Eisenbahnkomplexe für Rechnung des Staats als dessen Eigentum zu erbauen. Abgesehen davon, daß der dem Staate durch die E.
entstehende Nutzen nicht ziffermäßig abzuschätzen ist, das System der Zinsgarantien sich daher vom wirtschaftlichen
Standpunkt aus schwer rechtfertigt, sprechen auch ökonomische Gründe gegen eine derartige Beteiligung des Staats an der
Anlage der E. Denn während die E. als Erwerbsgesellschaften darauf bedacht sein sollten, die Einnahmen zu erhöhen und
die Ausgaben zu verringern, lehrt die Erfahrung, daß bei den vom Staat garantierten Bahnen kein Interesse, aber auch keine
große Macht besteht, diese Faktoren zur Geltung zu bringen, weil die Unternehmungen meist keine Hoffnung haben, mehr als
den garantierten Reinertrag zu gewinnen, dieser aber ohnehin unter allen Umständen vom Staat zu decken ist. In Österreich
ist daher die aus der Zinsgarantie dem Staat erwachsene drückende Verpflichtung der eigentliche Anstoß zu einer nach dem
Staatsbahnsystem zusteuernden Bewegung in der Eisenbahnpolitik geworden. Die namentlich hier mit dem System der
Eisenbahnsubventionen gewonnenen Erfahrungen haben gezeigt, daß es wirtschaftlich richtiger ist, den Bau und Betrieb der
betreffenden Bahnen nicht durch Zinsgarantien zu ermöglichen, sondern ihn durch den Staat selbst in Angriff nehmen zu lassen.
Eisenbahnanleihen. Eisenbahnschuld.
Bei dem Bau der Staatseisenbahnen hat die Art der erforderlichen Kapitalbeschaffung viele
Ähnlichkeit mit derjenigen für Privateisenbahnunternehmungen, da die Staatsbahnen in der Regel auch nur durch erborgte Kapitalien
erbaut werden können. Die Aufnahme von Staatseisenbahnanleihen ist indessen unabhängiger
von dem jeweiligen Stande des Geldmarktes als diejenige der Anleihen für Privatbahnen und meist unter günstigern Bedingungen
zu bewirken. In Ländern mit entwickeltem Staatseisenbahnbesitz nimmt die auf die Eisenbahnanleihen entfallende öffentliche
Schuld meist eine so hervorragende Stelle ein, daß das gesamte Staatsschuldenwesen in der Eisenbahnverwaltung seinen
Schwerpunkt findet. Ein Beispiel gesunder Fundierung des Eisenbahnbesitzes bietet sich in Preußen
dar. Nach dem preußischen Staatshaushaltsetat für 1884/85 beliefen sich die Einnahmen der Eisenbahnverwaltung auf 552,877,677 Mk.,
die Ausgaben auf 388,192,855 Mk. und der Jahresüberschuß auf 164,684,822 Mk. Das gesamte in den Bahnen niedergelegte
Anlagekapital betrug 3,219,483,270 Mk., der Zinsbedarf für die Eisenbahnkapitalschuld 128,394,275 Mk. Die Reinerträge der E.
reichen in Preußen also aus zur Verzinsung der gesamten Eisenbahnkapitalschuld und gewähren noch einen Überschuß von 36,290,546
Mk. Da 1884 für die Verzinsung der gesamten Staatsschulden Preußens nur ein Betrag von 129,496,506 Mk. erforderlich war, so
blieb mithin nach Verzinsung der gesamten Staatsschuld aus den Erträgen der Eisenbahnverwaltung
noch eine Summe von 35,188,316
↔
Mk. für allgemeine Zwecke des Staatshaushalts übrig. Durch ein Gesetz vom 27. März 1882 ist die Verstaatlichung der preußischen
Bahnen noch mit finanziellen Garantien durch Ansammlung eines Reservefonds umkleidet, der den Staatshaushalt gegen die störenden
Wirkungen etwaniger Wechsel in der Höhe der Überschüsse schützen und außerdem die Mittel bieten soll, eine allmähliche Tilgung
des in den Staatseisenbahnen veranlagten Kapitals herbeizuführen.
IV. Verwaltung der Eisenbahnen.
Die Organe aller Eisenbahnverwaltungen, ohne Rücksicht darauf, ob sie einem Staat oder einer Privatgesellschaft gehören,
sind 1) leitende, 2) ausübende; außerdem wird die Richtung der Verwaltung 3) durch gesetzgebende und 4) durch überwachende
Organe bestimmt. Die Zusammensetzung und Wirksamkeit der Behörden ist, den abweichenden Verwaltungszwecken entsprechend,
verschieden bei den Staatseisenbahnen und den Privateisenbahnen.
Gesetzgebende und überwachende Organe.
Oberste gesetzgebende und überwachende Behörden sind in allen Staaten die betreffenden Ressortministerien. In
Deutschland ist es nicht überall das gleiche Ministerium, dem diese Aufgabe zufällt. Am
passendsten hat wohl Preußen das Ministerium für öffentliche Arbeiten hierzu ausersehen; in Sachsen und Württemberg stehen die
E. unter dem Finanzministerium, in Bayern unter dem des Äußern. Zur Wahrnehmung der Staatsaufsicht über die Privatbahnen bestehen
in einzelnen Staaten unter den Ministerien noch besondere Aufsichtsbehörden, denen die Aufgabe zufällt, die Überwachung der
Ausführung der aus den Konzessionen und den Eisenbahngesetzen (s. Eisenbahnrecht)
sich ergebenden Verpflichtungen der Eisenbahnen gegen den Staat auszuführen und den Geschäftsverkehr der Organe der
Eisenbahngesellschaften mit der betreffenden Ministerialbehörde zu vermitteln. Die Privatbahnverwaltungen sind verpflichtet, diesen
Behörden Einsicht in ihre finanziellen und Betriebsangelegenheiten zu gestatten. In Preußen
ist den staatlichen Aufsichtsbeamten der Titel Eisenbahnkommissare und den ihnen unterstellten Behörden die Bezeichnung
Eisenbahnkommissariate beigelegt. Von den Eisenbahnkommissariaten, deren Geschäftskreis durch
ein Regulativ vom 24. Nov. 1848 geregelt ist, ressortieren die finanziellen und alle Betriebsangelegenheiten der
Eisenbahngesellschaften, soweit dabei ein allgemeines Interesse obwaltet, desgleichen die Fürsorge für die Aufrechterhaltung des
Gesellschaftsstatuts und der den Gesellschaften auferlegten Bedingungen.
In England wird die staatliche Eisenbahnaufsicht außer durch das Parlament, von dem die
Erteilung der Konzession ausgeht, durch den Board of trade (Handelsamt) wahrgenommen. Die
Beamten des Board of trade haben die neuhergestellten E., bevor sie dem öffentlichen Verkehr
übergeben werden, in Bezug auf Sicherheit des Betriebs abzunehmen und später für Abstellung von Mißständen in Bezug auf den
Beförderungs- (Betriebssicherheit) und Verkehrsdienst zu sorgen.
In Frankreich ressortiert die Staatsaufsicht vom Minister der öffentlichen Arbeiten.
Ihm stehen als Hilfsorgane zur Seite: für Tracierung und Bau der Bahnen ein Conseil général des ponts et
chaussées, für Verkehrs- und Tarifangelegenheiten ein Comité consultatif des chemins de fer
und für technische Betriebsfragen ein Comité de l'exploitation technique. Unter dem Minister
versehen den Aufsichts-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 439.