Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Ägypten (Verwaltung und Verfassung)'
Grundsteuer ist die Dattelpalmensteuer, die ursprünglich von jedem Baume erhoben wurde, jetzt aber auf den von Palmen bestandenen Grund umgelegt
worden ist. Der Ertrag der Grund- und Dattelpalmensteuer wird auf etwa 876000 Beutel abgeschätzt. Hierzu kommt gegenwärtig noch die Einkommensteuer
(Werko oder Firdeh), die von Handwerkern oder Industriellen ohne Grundbesitz, im Betrage von einem halben bis zum dreifachen Monatseinkommen erhoben
wird; die Marktsteuer, mindestens 1 Proz. von allem, was auf die öffentlichen Märkte gebracht wird; die Haussteuer von 12 Proz. des Rohertrags. Das gesamte
Rechnungswesen wird in Ä. nicht nach dem mohammed. Mondjahre, sondern nach der kopt. Zeitrechnung geführt.
Das von Mehemed Ali geschaffene Heer hat seine europ. Organisation auch unter seinen Nachfolgern beibehalten. Unter
Mehemed Ali zählte die Armee zuzeiten 160000 Mann. Durch den Hatti-Scherif von 1841 und wieder durch den Ferman der Pforte vom 6. Aug. 1879 darf die
Friedenspräsenzstärke 18000 Mann nicht übersteigen. Nach den Gesetzen vom 5. Aug. 1880 und 22. Dez. 1882 soll jeder Ägypter (außer Geistlichen, Lehrern,
Studenten u.s.w.) vom 21. Lebensjahre an zum sechsjährigen aktiven Dienst in der Armee oder Marine oder den Arbeiterabteilungen verpflichtet sein und
demnächst 5 Jahre in der Landwehr (Redif) und 5 oder 6 Jahre im Landsturmverhältnis bleiben. Loskauf für 20 Pfd. St. ist gestattet. Die seit 1883 durch Baker
Pascha neu organisierte ägypt. Armee steht unter einem engl. Generalmajor als Oberbefehlshaber und wird von 60 brit. und 447 ägypt. Offizieren kommandiert.
Sie setzte sich 1889 wie folgt zusammen:
Cadres | Offiziere | Unteroffiziere | Beamte | Zusammen |
| | und Soldaten | | |
Verwaltung | 12 | | 38 | | 61 | | 111 | |
Stäbe der Militärbezirke | 21 | | 98 | | 35 | | 154 | |
Kavallerie: | | | | | | | | |
Stäbe, Truppenteil, Depot | 25 | | 492 | | 17 | | 534 | |
Artillerie: | | | | | | | | |
Stäbe, 1 reit., 1 Kamel-, | | | | | | | | |
1 Maultier-Batt.,3 Garnison- | | | | | | | | |
Batt. und Depot | 39 | | 801 | | 24 | | 864 | |
Kamelreiterei: | | | | | | | | |
Stab und 3 Compagnien | 12 | | 218 | | 8 | | 238 | |
Infanterie: | | | | | | | | |
7 ägypt., 4 sud. Bataillone, | | | | | | | | |
1 Ersatzbat., 1 Strafcomp. | 224 | | 7576 | | 81 | | 7881 | |
Verschiedene Truppen | 172 | | 309 | | 436 | | 917 | |
2 Musikkorps | 2 | | 88 | | 1 | | 91 | |
Zusammen | 507 | | 9620 | | 663 | | 10790 | |
Das Budget der ägypt. Armee für 1889 rechnet außerdem auf die Unterhaltung von 745 Pferden, 317 Kamelen, 236 Maultieren, 14 Feldgeschützen.
Die von Mehemed Ali mit ungeheuren Kosten geschaffene Kriegsflotte befand sich schon seit den letzten
Regierungsjahren desselben in vernachlässigtem Zustande. Ende 1881 bestand die ägypt. Post- und Paketfahrtsflotte aus 13 Dampfern und 16 Paketbooten,
welche den Dienst zwischen den Häfen des Roten Meers und einigen Stationen des Mittelmeers versehen. Außer zwei kleinen armierten Dampfkanonenbooten
als Zollwachtschiffen, einigen ↔ kleinen Küstenkreuzern, wird auch die Jacht des Chediv als Kriegsfahrzeug betrachtet.

Textfigur:
Das Wappen Ä.s ist ein kreisrunder, blauer Schild, worin drei silberne Sterne, von einem links gewendeten silbernen
Halbmond umschlossen, umgeben von einem Ring mit Sternen zwischen je zwei zugewendeten Halbmonden. Hinter dem Schild kreuzen sich je drei mit
Roßschweifen behangene und mit Halbmond und Stern geschmückte Scepter; auf dem Schild ruht eine mit Purpur halb gefütterte und oben mit Halbmond und
Stern besteckte Krone. Das Ganze umgiebt ein Hermelinmantel, der aus einer gleichen Krone herabfällt. – Über die Flagge
Ä.s s. Tafel: Flaggen der Seestaaten.
Landwirtschaft. Der Ackerbau ist von jeher die Grundlage
der wirtschaftlichen Verhältnisse des Staates gewesen. Anbaufähig ist alles vom Nilwasser erreichte Land; soll daher das Kulturland in fruchtbarem Zustand
erhalten werden, so ist die sorgfältige Instandhaltung des Kanalnetzes die Grundbedingung. Die Stütze des Ganzen in dieser Beziehung ist der 560 km lange
Bahr-Jussuff (Josephskanal), der von Farschut bis Fajum den Nil begleitet. Diesen mit seinen Seitenarmen in stand zu halten, liegt jetzt den Dörfern ob, die von
den Kanälen berührt werden. Letzteres gilt auch von der Herstellung der Dämme, die die Überschwemmung in Schranken halten und während derselben als
Verkehrsstraßen dienen. Das Delta hat die größte Anzahl von Kanälen (13440 km). Mittel- und Oberägypten hat die uralte Methode der Wasserversorgung
mittels Bewässerungsbecken, in die man zur Zeit des Hochwassers Wasser leitete, das man nach einiger Zeit wieder ablaufen ließ, beibehalten und ist deshalb
auch in der Bodenkultur wenig fortgeschritten. In Unterägypten hat man seit Anfang des 19. Jahrh. ein Netz teils dauernd, teils zeitweilig gefüllter Kanäle
angelegt, die das Land das ganze Jahr hindurch mit Wasser versorgen; allerdings fällt dadurch die von dem Nil früher besorgte natürliche Düngung durch
Nilschlamm weg und das Land erfordert eine kostspielige künstliche Düngung. Wo das Nilwasser nicht hinlangt, da bewässert man mit Hilfe von einfachen
Wasserrädern oder Dampfpumpen. Alle Kulturgründe zerfallen in Rei-Ländereien, die vom Nilwasser erreicht werden, und in Scharaki-Ländereien, die künstlich
bewässert werden müssen. Auf den erstern säet man Weizen, Gerste, Linsen, Bohnen u.s.w., die sog. Wintersaat (Schitawi); auf ihnen hat man in der Regel im
Jahre nur eine Ernte. Auf die künstlich bewässerten Länder bringt man ebenfalls zuerst Wintersaat, nächstdem aber baut man auf ihnen in der Zeit um die
Frühlingsnachtgleiche Durrha oder Indigo, Baumwolle, endlich um die Zeit der Sommersonnenwende abermals Gerste oder Mais, so daß man im Jahre drei
Ernten von demselben Acker erzielt. Oberägypten hat ausschließlich Winterfeldbau, und obschon man daselbst weder
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 234.