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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Überliegezeit - Überschar.

Überliegezeit (Überliegetage), eine Frist, deren Vereinbarung bei dem Seefrachtgeschäft üblich ist, und innerhalb deren der Verfrachter das Fahrzeug gegen eine Vergütung (Überliegegeld, Liegegeld) noch zur Einnahme der Ladung über die eigentliche Ladezeit hinaus bereit halten muß. Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 568-580, 595-606, 623.

Überlingen, Bezirksamtsstadt im bad. Kreis Konstanz, am Überlinger See, der nordwestlichen Bucht des Bodensees, in schöner wein- und obstreicher Gegend, 410 m ü. M., hat 4 kath. Kirchen, darunter die herrliche fünfschiffige gotische Münsterkirche mit bedeutenden Kunstwerken und der 88,5 Doppelzentner schweren Glocke Osanna, eine neue evang. Kirche, ein altes Rathaus mit prächtigen Holzschnitzereien von 1494, eine alte Stadtkanzlei (eine Perle deutscher Renaissance von 1598), die sogen. Burg des Alemannenherzogs Gunzo mit dem Bild Gunzos und der Jahreszahl 641, mehrere Patrizierhöfe, darunter besonders derjenige der Herren Reichlin v. Meldegg (von 1462) mit der sogen. Luciuskapelle und schönem, reichem Bankettsaal, alte Festungstürme und Thore und in Felsen gehauene Stadtgräben (jetzt in schöne Promenaden umgewandelt), ein Denkmal des um die Stadt hochverdienten Pfarrers Wocheler, eine über der Stadt gelegene Johanniter- und Malteserkommende St. Johann, einen Hafen, eine erdig-salinische Mineralquelle von 14° C. mit Bad, Seebäder und (1885) 4006 meist kath. Einwohner. In industrieller Beziehung sind zu nennen: Eisengießerei, Glockengießerei, Fabrikation von Feuerspritzen und Brauereieinrichtungen, mechanische Werkstätten, Orgelbau, Ateliers für kirchliche Kunst, Mühlen etc.; sonst hat die Stadt Weinbau, große Fruchtmärkte, Obsthandel und Dampfschiffahrt. N. ist Sitz eines Amtsgerichts, eines Hauptzollamtes und einer Bezirksforstei, auch befindet sich dort eine höhere Bürgerschule, ein Waisenhaus, ein großes Hospital, eine Stadtbibliothek (30,000 Bände), ein ethnographisch-kunstgewerbliches Museum, ein Naturalienkabinett etc. In der nächsten Umgebung der Stadt zahlreiche Punkte mit herrlicher Aussicht. - Ü., im Altertum Iburinga, wird schon 1155 urkundlich erwähnt und erhielt 1275 von Rudolf von Habsburg ausgedehnte Privilegien, wurde jedoch erst 1397 völlig reichsunmittelbar. Es trat dem Schwäbischen Städtebund bei und nahm 1377 am Städtekrieg teil. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1632 von Bernhard von Weimar erobert, 1634 von den Schweden unter Horn vergebens belagert, 1643 von den Schweden geplündert, 20. Mai 1644 von den Bayern nach viermonatlicher Belagerung genommen und 1647 an die Schweden übergeben, die sie nach dem Westfälischen Frieden wieder räumten. 1803 fiel Ü. an Baden.

Überlinger See, s. Bodensee.

Übermangansäure HMnO4 ^[HMnO_{4}] wird aus übermangansaurem Baryt durch Schwefelsäure abgeschieden. Die von dem entstandenen unlöslichen schwefelsauren Baryt abgegossene Lösung von Ü. ist tiefrot mit blauem Reflex, schmeckt süßlich herb, metallisch, wirkt äußerst stark oxydierend, auch bleichend, läßt sich nicht durch Papier filtrieren, zerfällt schon bei gewöhnlicher Temperatur, schneller bei 30-40° in Mangansuperoxydhydrat und Sauerstoff und kann nicht konzentriert werden. Im festen Zustand ist Ü. nicht bekannt. Ihre Salze (Permanganate) sind purpurrot, in Wasser löslich, wirken ebenfalls stark oxydierend, verpuffen zum Teil beim Reiben mit brennbaren Körpern, geben beim Erhitzen Sauerstoff, Mangansäuresalz und Mangansuperoxyd und entwickeln mit Salzsäure Chlor. Am häufigsten wird das übermangansaure Kali KMnO4 ^[KMnO_{4}] dargestellt und zur Bereitung von Sauerstoff, als Desinfektions- und Bleichmittel, in der Färberei und Zeugdruckerei, zum Beizen von Holz, in der Maßanalyse, zum Reinigen des Ammoniaks und der Kohlensäure von empyreumatischen Stoffen, als Oxydationsmittel, zu galvanischen Elementen, in der Photographie und arzneilich als Mundwasser, bei Behandlung von Wunden etc. benutzt. Man verdampft Kalilauge mit chlorsaurem Kali und sehr feinem Braunsteinpulver zur Trockne, erhitzt den Rückstand im hessischen Tiegel, bis er halbflüssig geworden, zerschlägt die aus mangansaurem Kali bestehende schwarzgrüne Masse nach dem Erkalten, erhitzt sie in einem Kessel mit Wasser, leitet in die grüne Lösung des mangansauren Kalis einen kräftigen Strom Kohlensäure, bis sie tiefrot geworden und das mangansaure Kali unter Ausscheidung von Mangansuperoxydhydrat vollständig in übermangansaures Kali übergeführt ist. Dann filtriert man durch Schießbaumwolle, verdampft die Lösung und läßt sie kristallisieren. Das Salz bildet dunkelrote, fast schwarze, metallisch grün schimmernde Kristalle, schmeckt anfangs süßlich, dann bitter herb, löst sich in 16 Teilen Wasser von 15° und färbt auch sehr große Mengen Wasser intensiv violett. Die Lösung ist aber leicht zersetzbar, weil sie energisch oxydierend wirkt, und muß daher auch vor Staub geschützt aufbewahrt werden. Eine reine konzentrierte Lösung erträgt Siedetemperatur. Übergießt man das trockne Salz mit konzentrierter Schwefelsäure, so entwickeln sich ozonhaltiger Sauerstoff und purpurfarbene Dämpfe von Übermangansäureanhydrid Mn2O7 ^[Mn_{2}O_{7}]. Das übermangansaure Natron NaMnO4 ^[NaMnO_{4}] wird wie das Kalisalz dargestellt, auch aus den bei der Regeneration des Mangansuperoxyds aus Chlorbereitungsrückständen gewonnenen Manganoxyden, indem man diese mit Ätznatron oder Chilisalpeter an der Luft auf 400° erhitzt. Bei Anwendung von Ätznatron wird die Schmelze ausgelaugt, die verdünnte und gekochte Lösung mit Schwefelsäure neutralisiert, verdampft, um das gebildete schwefelsaure Natron durch Kristallisation abzuscheiden, und dann weiter verdampft. Man kann auch die konzentrierte Lösung mit schwefelsaurer Magnesia oder Chlormagnesium versetzen, wobei sich unter Ausscheidung von Magnesia und Mangansuperoxydhydrat übermangansaures Natron bildet. Es ist sehr leicht löslich, schwer kristallisierbar, sonst dem Kalisalz sehr ähnlich und wird wie dieses namentlich als Desinfektionsmittel und zum Bleichen benutzt; die Lösung ist als Condys Liquid und eine Mischung des Salzes mit schwefelsaurem Eisenoxyd als Kühnes Desinfektionsmittel im Handel.

Übermäßig heißen in der Musik die Intervalle, welche um einen chromatischen Halbton größer sind als die großen oder reinen. Die Umkehrung übermäßiger Intervalle ergibt verminderte. Akkorde werden ü. genannt, wenn sie durch ein übermäßiges Intervall begrenzt werden (im Sinn des Generalbasses), nämlich der übermäßige Dreiklang (mit übermäßiger Quinte) und die verschiedenen Arten übermäßiger Sextakkorde.

Überpflanzung, s. Transplantation.

Überpflichtige Werke, s. Opera supererogationis.

Überproduktion, die Warenproduktion, welche den Bedarf derart übersteigt, daß der Preis unter die Herstellungskosten sinkt. Vgl. Handelskrisis.

Übersättigt, s. Lösung, S. 920.

Überschar, das zwischen zwei verliehenen Gruben