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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Antichrēsis; Antichrist; Anticipando; Anticipation; Anticipierte Zahlung; Anti-Corn-Law-League

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Antichresis – Anti-Corn-Law-League

mittels chem. Umsetzung unschädlich zu machen und damit jede zerstörende Wirkung auf die Faser aufzuheben. Als A. diente früher meist unterschwefligsaures Natrium (s. Unterschweflige Säure), neuerdings vorwiegend Natriumbisulfit (s. schweflige Säure).

Antichrēsis (grch.), s. Nutzungspfand.

Antichrist, Widerchrist, bei Luther Endechrist, nach der schon in der christl. Urzeit ausgebildeten Vorstellung eine vom Satan gesendete Persönlichkeit, die kurz vor der erwarteten zweiten Erscheinung Christi alle Macht des Bösen in der Welt zum Kampfe gegen die christl. Kirche zusammenfaßt, danach aber durch den wieder erschienenen Christus überwunden wird. Die Vorstellung ist wahrscheinlich nicht schon auf jüdischem, sondern erst auf christl. Boden entstanden und hat erst unter dem rückwirkenden Einflusse des Christentums auch im spätern Judentume Eingang gefunden. In den Reden Jesu wird zwar seine eigene Wiederkunft, der die Erscheinung vieler falscher (Pseudo-) Messiasse und Apostel (Matth. 24, 5, 23, 24) vorhergehen werde, aber nicht ein persönlicher Gegenmessias geweissagt. Erst die älteste Kirche hat die Begriffe A. und Pseudochrist verbunden und dahin entwickelt, daß der «Mensch der Sünde» oder der A. sich selbst für Christus, ja für Gott ausgeben werde (2 Thess. 2, 3 fg.). Infolge der Christenverfolgung unter Nero gewöhnten sich die Christen, in dem röm. Weltreiche die Konzentration aller dem Reiche Christi feindseligen Mächte, in Nero selbst aber den persönlichen A. zu erblicken, von dem eine weit verbreitete, bis ins 5. Jahrh. erhaltene Sage erzählte, daß er nicht gestorben sei und dereinst zum Kampfe gegen das Messiasreich wiederkehren werde. Dieser Vorstellung gemäß beschrieb die Offenbarung des Johannes (s. Apokalypse und Nero) das heidnische Rom. Nachmals ist die Vorstellung vom A. namentlich von denjenigen Kirchenlehrern ausgebildet worden, die überhaupt einer mehr sinnlichen Anschauung von den «letzten Dingen» huldigten. Die Erwartung seiner Erscheinung war besonders lebhaft bei den Parteien, die noch im 2. und 3. Jahrh. die baldige Wiederkunft Christi zur Stiftung des Tausendjährigen Reichs erwarteten. (S. Chiliasmus.) Dagegen trat diese Vorstellung in der geistigen Anschauungsweise der Alexandrinischen Schule (s. d.) in den Hintergrund und der A. wurde auch späterhin meist nur abstrakt als Personifikation des Irrtums und des Abfalls vom Glauben verstanden.

Seit dem 13. Jahrh. wurde es in den Parteien und Sekten, die sich vom Papsttum entfernt hatten, gebräuchlich, den A. in der röm. Hierarchie und der Person des Papstes zu finden. So u. a. Occam, Wiclif, die Reformatoren; ja der Satz, daß der Papst der A. sei, ging durch die Schmalkaldischen Artikel sogar über in den kirchlichen Lehrbegriff der Lutheraner. In der griech.-morgenländ. Kirche wurde vornehmlich seit dem 15. Jahrh. die saracen.-türk. Herrschaft oder auch Mohammed zum A., den schon Papst Innocenz Ⅲ. 1213 als solchen bezeichnet hatte. Beim Eintritt des Jahres 1000, beim Beginn der Kreuzzüge, beim Hereinbrechen des Schwarzen Todes und anderer Heimsuchungen glaubte man die Ankunft des A. nahe. Noch in neuester Zeit tauchte die Vorstellung auf: so meinte man 1805 mit Napoleon Ⅰ., 1848 und 1849 mit der Revolution, dann mit Napoleon Ⅲ. den A. gekommen. (Vgl. Chiliasmus.) Für die urchristl. Vorstellung vom A. als dem wiederkehrenden Nero vgl. Renan, L’Antichrist (Par. 1873; deutsch Lpz. 1873); Philippi, Die biblische und kirchliche Lehre vom A. (Gütersloh 1877). – In der Poesie erscheint der A. namentlich in althochdeutscher Zeit, zuerst im Muspilli (s. d.), dann öfter in Gedichten über den Jüngsten Tag und den Weltuntergang, so bei der Ava (s. d.), bei Freidank (s. d.) in einem Kapitel «von dem Endechriste», vor allem in dem «Ludus de Antechristo» (Spiel vom A.), einem lat., als Oratorium gedachten Drama mit reicher, meist stummer Handlung, von einem bedeutenden, sehr patriotisch gesinnten deutschen Dichter um 1060 auf Andeutungen in Adsos Traktat «De Antichristo» mit wunderbarem Geschick aufgebaut. Der deutsche Kaiser (dem Dichter schwebt Barbarossas Heldengestalt vor) erkämpft alle Reiche der Welt; der A., dem die Heuchler den Weg bahnen, gewinnt schnell alle Fürsten, nur der Kaiser widersteht und besiegt ihn. Als auch er, durch Scheinwunder überzeugt, dem A. huldigt, schreitet Gott ein. Beste Ausgabe von W. Meyer (Münch. 1882), Verdeutschung und Erklärung von von Zezschwitz, «Das Drama vom Ende des röm. Kaisertums und von der Erscheinung des A.» (Lpz. 1878).

Anticipando (ital.), s. Anticipierte Zahlung.

Anticipation (lat.), Vorwegnahme, Vorausnahme; philosophisch im tadelnden Sinn die Erschleichung des erst zu Beweisenden. In anderm Sinne nennt Kant A. eine der Arten der apriorischen Voraussetzungen der Erfahrung, nämlich das Grundgesetz, wonach der Empfindungsinhalt zu objektivieren ist zur Qualität und zwar in mathem. Ausdruck. – A. oder Vorausnahme findet im Finanzwesen dann statt, wenn die Staatsverwaltung, um außergewöhnlichen Bedürfnissen zu begegnen, ordentliche Einnahmen, Steuern, die erst später fällig sind, im voraus bezieht, ein mißliches Verfahren, da die vorausbezogenen Einnahmen später für ordentliche Bedürfnisse mangeln. Meist liegt darin nur eine verschleierte Erhöhung der Steuern. Anticipationsscheine, ein vormals in Österreich gültiges verzinsliches Papiergeld (Centralkasseanweisungen), welches auf 3 Monate lautete. – Im Patentwesen heißt A. die Thatsache, daß die patentierte oder zur Patentierung angemeldete Erfindung bereits vor der Anmeldung in öffentlichen Druckschriften beschrieben oder offenkundig benutzt ist, so daß eine neue, patentierbare Erfindung nicht vorliegt.

Anticipierte Zahlung, Zahlung anticipando, im Handel die Zahlung, welche vor dem dafür eigentlich verabredeten, oder gebräuchlichen, oder gesetzlichen Termine geleistet wird. Solche Zahlungen begründen einen Anspruch auf Zinsvergütung oder Diskont (s. d.). Im Kommissionshandel kommt es häufig vor, daß der Verkaufskommissionär dem Kommittenten (Eigentümer der Ware) auf die von demselben zum Verkauf empfangene Ware schon vor deren Absatz und in der Regel schon bei ihrem Empfange, oder noch vor demselben, bald nach ihrer Absendung, einen Geldvorschuß macht von etwa zwei Dritteln oder der Hälfte des Wertes, den die Ware nach ihrem Marktpreise am Platze des Kommittenten hat, sei es durch unmittelbare Zahlung, oder gewöhnlicher durch Ausstellung eines Wechsels. Ein solcher Vorschuß nicht nur, sondern das ganze betreffende Kommissionsunternehmen wird dann wohl eine A. Z., letzteres speciell Anticipationsgeschäft, gewöhnlicher jedoch Konsignation (s. d.) genannt.

Anti-Corn-Law-League (spr. ännti korn lah lihg), Antikornzollliga, Verein in England, der