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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Arrée; Arrende; Arrest

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Arrée - Arrest.

Arrée, Gebirge von, ein niedriger, plateauartiger Höhenrücken im franz. Departement Finistère, welcher ganz aus Granit besteht und im Mont St.-Michel, einem dem Granit aufgesetzten Sandsteinkegel, mit 391 m die höchste Erhebung des granitischen Nordwestfrankreich erreicht.

Arrende (lat.), Pachtkontrakt, wodurch die Nutzung einer Sache gegen eine bestimmte Abgabe überlassen wird; in frühern Zeiten auch das Pachtkorn, d. h. dasjenige Korn, welches nach Abzug der Aussaat und des Wirtschaftskorns als reiner Ertrag übrigblieb und dem Pachter zu Geld angeschlagen wurde. Arrendator, Pachter, besonders in Polen u. Rußland; arrendieren, ein Gut in Pacht geben oder nehmen.

Arrest (vom griech. areston, "Beschluß, Dekret", übergegangen in das mittellat. arrestum, welches angesehen wurde wie zusammengesetzt a. d. lat. ad, zu, an, und restare, bleiben, zurückbleiben), im allgemeinen eine gerichtliche hemmende, beschränkende Maßregel. Im einzelnen sind folgende Unterscheidungen zu machen:

1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (deutsche Zivilprozeßordnung, § 796-813) versteht man unter A. eine gerichtliche Maßregel zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen eines Schuldners wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, welcher in eine Geldforderung übergehen kann. Das Verfahren, in welchem ein solcher A. ausgewirkt werden kann, wird Arrestprozeß genannt. Der A. findet statt, wenn die sofortige Zwangsvollstreckung nicht möglich und anderseits zu besorgen ist, daß ohne seine Verhängung die künftige Zwangsvollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Für die Anordnung des Arrestes ist sowohl das Gericht der Hauptsache als das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der mit A. zu belegende Gegenstand sich befindet. Der Antragsteller (Impetrant, Arrestant) muß in dem Arrestgesuch den Anspruch und seine Gefährdung, den Arrestgrund, glaubhaft machen und, falls das Gericht dies für nötig erachtet, Sicherheit wegen der dem Gegner (Impetrat, Arrestat) aus der Arrestanordnung drohenden Nachteile leisten. Das Gericht kann bei Sicherheitsleistung von der Glaubhaftmachung des Anspruchs und Arrestgrunds absehen. Die Entscheidung über das Gesuch kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß (Arrestbefehl) oder nach solcher durch Urteil erfolgen. Gegen den Beschluß findet Widerspruch statt, über den durch Endurteil zu entscheiden ist, der indes die Vollziehung des Arrestes nicht hemmt. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende des Gerichts an Stelle des letztern über das Gesuch entscheiden, sofern nicht eine mündliche Verhandlung erforderlich ist. Der Schuldner kann durch Hinterlegung eines Schuldbetrags den A. beseitigen. Die Erhebung der Hauptklage kann dem Arrestantrag nachfolgen, sie muß aber bei Meidung der Aufhebung des Arrestes binnen gerichtlicher Frist erfolgen, wenn der Schuldner dies beim Arrestgericht beantragt. (Arrestsachen sind Feriensachen.) Die Vollziehung des Arrestes in unbewegliches Vermögen bestimmt sich nach den Landesgesetzen; in bewegliches Vermögen (auch Forderungen) wird sie durch Pfändung bewirkt, die nach denselben Grundsätzen erfolgt wie jede andre Pfändung und ein Pfandrecht mit allen gesetzlichen Wirkungen eines solchen begründet, während der A. des frühern gemeinrechtlichen Zivilprozesses bloß die Verfügungsgewalt des Schuldners hinderte, ohne dem Antragsteller Vorrechte zu gewähren. Eingehende Gelder werden hinterlegt; indes soll Versteigerung der Pfänder nur bei Kostspieligkeit der Aufbewahrung oder Gefahr des Verderbens stattfinden.

Im Gegensatz zu dem in das Vermögen des Schuldners zu vollziehenden dinglichen A. findet der persönliche Sicherheitsarrest nur noch statt, wenn er erforderlich ist, um die gefährdete Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu sichern, z. B. um zu verhindern, daß der Schuldner sich durch Flucht dem Offenbarungseid entziehe oder sein Vermögen verschleppe, nicht aber, um den Schuldner zu nötigen, daß er Deckungsmittel herbeischaffe. Daß der Schuldner Vermögen besitze, muß glaubhaft gemacht sein. Die Vollziehung des persönlichen Arrestes geschieht entweder durch die vom Gerichtsvollzieher nach den Grundsätzen der Verhaftung wegen verweigerten Offenbarungseids vorzunehmende Verbringung des Schuldners in Haft, fern von Straf- und Untersuchungsgefangenen, oder durch sonstige vom Arrestgericht zu treffende Maßregeln, wie Beschlagnahme von Legitimationspapieren, Beigeben einer Wache, Hausarrest, übrigens alles dies nicht auf länger als sechs Monate. Der Gläubiger hat die Kosten vorzuschießen. Personalarrest als Exekutionsmittel, früher namentlich bei Wechselforderungen üblich, ist durch § 1 des Reichsgesetzes vom 29. Mai 1868 beseitigt. Ebenso findet jetzt nicht mehr der nach § 2 dieses Gesetzes noch vorgesehene dingliche oder persönliche A. zur Sicherung der Einleitung oder Fortsetzung des Prozeßverfahrens statt, weil der frühere Gerichtsstand des Arrestes in der deutschen Zivilprozeßordnung durch den Gerichtsstand des Aufenthalts (§ 18) und des Vermögens (§ 24) ersetzt ist. Dem A. verwandt sind die "einstweiligen Verfügungen" (s. d.).

2) Offener A. im Sinn der deutschen Konkursordnung (§ 102, 103, 108) ist die bei der Eröffnung des Konkurses vom Gericht zu verfügende und öffentlich bekannt zu machende Anordnung, durch welche allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache im Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, aufgegeben wird, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, und die Verpflichtung auferlegt wird, von dem Besitz der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgeänderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter innerhalb bestimmter Frist Anzeige zu machen. Übrigens ist die Gültigkeit einer nach dem Konkursausbruch geschehenden Leistung an den Gemeinschuldner nicht von der nur als Warnung anzusehenden Verfügung des offenen Arrestes, sondern nur von der Bekanntmachung der Eröffnung des Konkursverfahrens abhängig (deutsche Konkursordnung, § 7).

3) Im Strafverfahren wird der Ausdruck A. vielfach gleichbedeutend mit Haft gebraucht. Im Militärstrafrecht insbesondere ist A. nach dem Strafensystem des deutschen Militärstrafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872 (§ 16-28, 44, 52, 54) die militärische Freiheitsstrafe bis zur Dauer von sechs Wochen (darüber hinaus: Gefängnis oder Festungshaft). Sie zerfällt in Stubenarrest (gegen Offiziere und obere Militärbeamte), Verbot des Verlassens der Wohnung und der Annahme von Besuchen; als geschärfter Stubenarrest (gegen Hauptleute, Rittmeister und Subalternoffiziere) in einem besondern Offizierarrestzimmer zu verbüßen. Gelinder A. (gegen Unteroffiziere, untere Militärbeamte und Gemeine), Einzelhaft. Mittlerer A. (gegen Unteroffiziere ohne Portepee und Gemeine), Einzelhaft mit harter Lagerstätte bei Wasser und Brot. Die Schärfung fällt am 4., 8., 12. und demnächst je 3. Tag hinweg. Strenger A. (nur gegen