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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Atremie; Atremograph; Atresie; Atreus; Atri; Atria; Atriden; Atripalda; Atriplex; Atrium

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Atremie - Atrium

ostgrenze Persiens, im NO. von Kotschan, in 1225 m Höhe an dem bis 2300 m aufsteigenden Gulistangebirge, fließt nach W. und mündet als geringer Strom (etwa 10 m breit) nach einem Laufe von ungefähr 500 km in der südöstl. Ecke des Kaspischen Meers in die Hassan-tuli-Bai.

Atremie (grch.), ein eigentümlicher nervöser Krankheitszustand, bei welchem die Kranken jahrelang nicht zu gehen vermögen und bettlägerig bleiben, obwohl ihr gesamter willkürlicher Bewegungsapparat bei der Untersuchung sich vollkommen normal erweist. Bei jedem Versuch, das Bett zu verlassen, stellen sich sofort überaus lästige und qualvolle Empfindungen, Übelkeit, Beklemmung, Ohnmachtsanwandlungen, Schmerzen in Kopf und Nacken u. dgl. ein; damit ist gewöhnlich eine auffallende Unfähigkeit des Kranken zu geistiger Beschäftigung sowie eine übermäßige Empfindlichkeit gegen Licht, selbst gegen diffuses Tageslicht verbunden, so daß sich die Kranken fast fortwährend in halbverdunkelten Zimmern aufhalten müssen. Das Leiden, dessen Wesen noch ganz unerklärt ist, befällt vorwiegend nervös veranlagte Frauen zwischen dem 25. und 50. Lebensjahre. Der Verlauf der Krankheit ist sehr langwierig; mitunter verschwindet sie spontan während der klimakterischen Jahre, in andern Fällen trotzt sie jeder Behandlung.

Atremograph (grch.), ein Federhalter, der den Schreibkrampf (s. d.) verhindern soll.

Atresie (grch.), in der Medizin der Zustand des Verschlossenseins der natürlichen Öffnungen und Kanäle des tierischen Körpers, so des Afters, der Scheide, der Gebärmutter, der Harnröhre, der Augenlider, der Pupille (Atresia pupiliae, s. Pupillensperre), des Mundes u. s. w. In der Mehrzahl der Fälle ist die A. angeboren infolge eines Bildungsfehlers; seltener ist sie erworben durch späteres Verwachsen der Kanäle infolge von Wunden, Geschwüren u. s. w. Ihre Folgezustände sind meist sehr schwere, zum großen Teile lebensgefährliche, ihre Beseitigung nur auf operativem Wege durch Spaltung oder Durchstechung der verschließenden Membranen möglich. Die angeborene A. des Afters kommt nicht selten vor und führt infolge der Undurchgängigkeit des Darms schon in den ersten Lebenstagen sicher zum Tode, wenn nicht rechtzeitig operative Hilfe gebracht wird. Die A. der Scheide sowie des Muttermundes führen beim Eintritt der Menstruation unter heftigen, in vierwöchentlichen Pausen wiederkehrenden kolikartigen Schmerzen zu einer oft sehr beträchtlichen Ansammlung des Blutes in der Gebärmutter, die dadurch allmählich eine Ausdehnung wie in den letzten Schwangerschaftsmonaten erreichen kann. Auch hier ist nur von rein chirurg. Behandlung Hilfe zu erwarten, ohne welche die Kranken leicht an Zerreißung der Gebärmutter, an Bauchfellentzündung u. s. w. zu Grunde gehen.

Atreus, in der griech. Heldensage Sohn des Pelops, Königs von Elis, und der Hippodameia, einer Tochter des Oinomaos, Enkel des Tantalos, Bruder des Thyestes und Gemahl der Aerope, ermordete auf Anreizung der Hippodameia mit Thyestes seinen Halbbruder Chrysippos, flüchtete deshalb nach Mykenä zu Enrystheus und erhielt, als dieser im Kampfe gegen die Herakliden gefallen war, die Herrschaft über Mvkenä. Hier verführte Thyestes seines Bruders Gemahlin. Sie entwandte dem A. das Lamm mit dem Goldenen Vließ, an dessen Besitz der des Throns geknüpft sein sollte, und gab es dem Thyestes, der deshalb von A. vertrieben wurde. Um sich zu rächen, sandte nun Thyestes den Sohn des A., Pleisthenes, welchen er bei sich erzogen hatte, ab, um A. zu töten; jedoch es trat der entgegengesetzte Fall ein, und A. tötete, ohne es zu wissen, seinen eigenen Sohn. Nach der gewöhnlichen Darstellung kehrte Thyestes demütig und bittend zurück, A. aber, der sich versöhnt stellte, tötete die Söhne des Thyestes, setzte ihr Fleisch dem Vater als Speise vor und ließ während der Mahlzeit Köpfe und Arme der Getöteten hereinbringen. Wegen dieses Greuels kehrte dann nach einigen der Sonnengott seinen Lauf um. Als wegen des grausigen Mahles das Land des A. von Unfruchtbarkeit heimgesucht ward, und das Orakel dem A. befahl, seinen vertriebenen Bruder Thyestes zurückzurufen, machte er sich auf, den Thyestes zu suchen, und kam auf der Reise auch zum Könige Thesprotos, wo er Pelopeia, die Tochter des Thyestes, ohne ihre Herkunft zu wissen, heiratete. Aber diese war schon von ihrem eigenen Vater schwanger und gebar ihm den Aigisthos (s. d.), der später den A. tötete, als dieser ihm befohlen hatte, seinen Vater Thyestes zu ermorden. Seine Söhne (gewöhnlich Atriden, d. h. Söhne des A., genannt) von der Aerope waren Agamemnon und Menelaos.

Atri, im Altertum Adria, Atria, Hadria, Stadt in der ital. Provinz Teramo (Abruzzo ulteriore I), auf steilem Berge, ist Bischofssitz und hat (1881) 7433, als Gemeinde 10642 E., eine schöne got. Kathedrale, Seiden-, Seifen- und Lakritzenfabrikation. Nahebei merkwürdige Felsenaushöhlungen mit regelmäßigen Kammern, die als Gefängnis oder Magazin gedient haben. Sie ähneln den Latomien bei Syrakus und den Gefängnissen des Servius Tullius zu Rom. A., wahrscheinlich etrusk. Ursprungs, ist Heimat des Geschlechts des Kaisers Hadrian.

Atria, s. Adria und Atri.

Atriden, s. Atreus.

Atripalda, Stadt in der ital. Provinz Avellino, hat (1881) 6221 E. und Ruinen des alten Abellinum.

Atriplex L., Melde, Pflanzengattung aus der Familie der Chenopodiaceen (s. d.). Ihre zahlreichen, vorzüglich auf Schutt, fettem oder salzhaltigem Boden, am Meeresstrande, in Steppen und an wüsten Plätzen, an Mauern und Hecken wachsenden Arten sind meist einjährige Kräuter, einige auch Halbsträucher und Sträucher, mit unscheinbaren, in ährenförmig, traubig oder rispig gruppierte Knäuel gestellten Blüten von grünlicher, bräunlicher oder rötlicher Farbe. Sie sind fast über die ganze Erde verbreitet. Die Gartenmelde, A. hortensis L., wird nicht selten in Küchengärten kultiviert, da ihre Blätter wie Spinat zu benutzen sind. Die in Deutschland gewöhnlichsten Arten, Unkräuter, sind A. patula und angustifolia L.

Atrium, der wesentlichste Teil des altröm. Hauses. Das altröm. Wohnhaus selbst hieß nur A., da ursprünglich ein einziger großer Raum die gemeinsame Wohnstätte der Familie bildete; es diente in der Folge zugleich auch als Versammlungsort für die Klienten bei der Aufwartung. Die in Schränken aufbewahrte Sammlung von Büsten der Vorfahren bildete bei den alten Römern die Hauptzierde des A. Später, als das Haus geräumiger wurde und besondere Zimmer sich dem A. anschlossen, blieb dieses doch noch immer der wichtigste Raum des Hauses. Es gab mehrere Arten von Atrien, deren Verschiedenheit durch die Konstruktion des Daches