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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bauerngericht; Bauerngeschirr; Bauerngut

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Bauerngericht - Bauerngut.

Bauerngericht, im Mittelalter in einigen Gegenden ein Gericht auf dem Land, wurde von einem Bauernrichter (Gograf) als Vorsitzendem, 5-6 Bauerngenossen als Beisitzern und einem Gerichtsschreiber gehalten und entschied über den bestrittenen Besitzstand u. dgl. Das Verfahren war summarisch, der Bescheid hieß Bauernsprache.

Bauerngeschirr, kunstlose Fayencegefäße mit roher, bunter Malerei, welche seit alten Zeiten in vielen Ländern von und für Bauern, zum Teil auf Grund alter Überlieferungen, noch heute angefertigt werden.

Bauerngut, ein Landgut, welches der Privilegien der adligen Rittergüter oder andrer bevorzugter Güter unteilhaftig ist. Während bis zu Anfang dieses Jahrhunderts die meisten Bauerngüter nicht im freien Eigentum des Bauern standen und mit mancherlei Lasten belastet waren, hat die moderne Gesetzgebung durch Erhebung der bäuerlichen Nutzungsrechte zum vollen Eigentum und durch Ablösung der Reallasten das Prinzip der Freiheit der Bauerngüter durchgeführt (s. Bauer). Die üblichen Einteilungen der Bauerngüter haben infolge dieser Änderung ihre praktische Bedeutung verloren. Es gab Güter, die durchaus widerruflich, nur auf Herrengunst, andre, die auf Lebenszeit, zwei oder drei Leben verliehen waren. Wieder andre standen im Erbpachtsverhältnis, neben denen auch völlig freie Bauerngüter vorkamen. Die Meiergüter stehen in einem Erbpachts- oder Erbmeierverhältnis. Der Erbpachter hat nur ein in seiner Familie erbliches Nießbrauchsrecht und entrichtet dafür einen jährlichen unveränderlichen Zins. Hierher gehören der Erbmeiervertrag im Lippeschen, Paderbornischen, Braunschweigischen und Hannöverschen, die Erbleihegüter in Hessen und am Rhein, die braunschweigischen Schillingsgüter (deren Besitzer bei der Übernahme des Gutes dem Gutsherrn einen Schilling erlegt), die luxemburgischen Schafft- und Vogteigüter und endlich die auch im Hessischen vorkommenden Güter zu Waltrecht und zu Landsiedelrecht. Erbzinsgüter finden sich schon in früher Zeit, besonders beim Kirchengut, vor und sind nicht erst durch das römische Recht auf deutschen Boden verpflanzt worden. Die Bauerngüter dieser Kategorie wurden in Hessen als auf Oberbesserung gegebene, in Holstein und Schleswig als feste Hufen, in Bayern als Erbrechtsgüter, im Elsaß als auf Schaußelrecht verliehene und sonst noch als ehrschätzige Güter, Gültgüter, Kurmede oder Kurmedialgüter bezeichnet. Einfache oder schlechte Zinsgüter haben das gemeinsame Merkmal, daß der Bauer einen gleichförmigen geringen Geldzins zum Zeichen früherer Unterwürfigkeit oder eines frühern Eigentumsrechts des Herrn entrichtet. Die Meierdings-, Vogtdings-, Propstdings-, Freiendings-, Hägerdingsgüter führen ihren Namen von besondern Gerichten (Ding), denen sie unterworfen waren, die Stifts-, Kloster-, Kirchen-, Pfarrmeiergüter etc. von der Herrschaft, von der sie verliehen wurden. Hier und da (in Sachsen, Bayern, Württemberg), stehen die Bauerngüter auch in einem dem Lehnsverband nachgebildeten Verhältnis und heißen dann Bauer-, Schulzen- oder Beutellehen, auch Schupf- oder Falllehen, besonders wenn sie nach dem Tode des Lehnsmannes an den Lehnsherrn zurückfallen. Einfache Pachtgüter, jedoch mit verschiedenen Nebenbestimmungen, sind die Meier-, Leihe-, Winn- oder Gewinngüter, besonders die Halb- oder Halswinnegüter, bei denen der Pachter gegen die Abgabe eines bestimmten Teils vom Gutsertrag den Bau des Gutes übernimmt, dann die in der Grafschaft Mark und Westfalen vorkommenden Leibgewinnsgüter, deren Nutznießungsrecht gegen bestimmte jährliche Abgaben erworben wurde, sowie die Behandigungsgüter, bei welchen der Besitz oder Nießbrauch des Gewinnträgers von der gehörig erfolgten Behandigung, d. h. davon abhängt, daß in der Regel zwei Hände in das Behandigungsbuch eingetragen werden, nach deren Absterben neue Beleihung oder Behandigung zu suchen ist. Die hier und da vorkommenden Hobsgüter sind solche Gewinngüter, die von einem Oberhof abhängen und bei diesem gewonnen werden müssen; die Latengüter (Laßgüter), vorzüglich in der Gegend von Xanten, solche, die einem gewissen Gericht, der Latenbank, oder dessen Statuten unterworfen sind. Auch die Kurmudsgüter sind gewöhnlich Gewinngüter, von welchen die Besitzer die Kurmude (Sterbefall) bezahlen. Auf Widerruf verliehen sind die Laßgüter in Sachsen und in der Mark, die Herrengunstgüter in Bayern, die leibfälligen Güter in Schwaben. Eine Art von Bauerngütern, welche im Münsterschen, Essenschen, im Kleveschen und in der Grafschaft Mark vorkommt, ist durch den Hofsverband, in welchem sie zu einem Haupt-, Sal-, Ding-, Oberhof stehen, ausgezeichnet. Ihre Rechtsverhältnisse werden durch die Hofrechte bestimmt. Sattel- (Setel-), Sal-, Zedelhöfe und sattelfreie Güter werden in einigen Gegenden Lehns- oder Hobsgüter genannt, deren Besitzer ein Ritterpferd zum Dienste stellen müssen, so in der Grafschaft Mark; in andern bezeichnet man damit die ursprünglich adligen Güter, welche später in die Hände von Bauern kamen; in noch andern die alten Salgüter, auf welchen die ihnen einst nach den Hubrechten zustehenden Vorrechte sich noch erhalten haben, so im Elsaß, in Oberschwaben. Als eigentlich freie Güter kann man die schlechten Zinsgüter betrachten, die wieder verschiedene Namen führen, z. B. Stabrechtsgüter, ludeigne Güter in Bayern, Freigüter oder freie Zinsgüter im Erfurtischen; dann die Güter, welche nur unter einem vogteilichen oder schutzherrschaftlichen Verhältnis standen (Güter der Wetterfreien in Westfalen, der Erbexen in Bremen, die Erbhöfe in Lüneburg). In einem andern Sinn heißen auch solche Bauerngüter, die nur von Frondiensten, aber nicht von den allgemeinen Lasten der Unterthanen frei sind, Freigüter, so in Sachsen. Die Benennungen Ackerhof, Vollspännerhof, Vollmeierhof, Halbacker-, Dreiviertelspänner- und Halbspännerhof sowie Groß- und Kleinköterhof, Kotsassenhof etc. beziehen sich nur auf den Umfang, nicht auf besondere rechtliche Verhältnisse der Bauerngüter.

Die besondern Rechtsverhältnisse und Rechtsgewohnheiten, welche sich nach deutschem Recht an die Bauerngüter knüpfen und die Erhaltung der letztern bezwecken, sind durch Bestimmungen der Partikularrechte und Anwendung des römischen Rechts auf rein deutsche Rechtsinstitute vielfach modifiziert worden. Hinsichtlich der Vererbung findet sich durchgängig schon in früher Zeit die Regel, daß das B. nur in der Familie dessen forterbt, von welchem es herrührt, und daß die Söhne vor den Töchtern den Vorzug haben, weshalb die Kinder der sogen. Aufkömmlinge, d. h. derjenigen, welche in die Familie des Hofbesitzers einheiraten, nie die Rechte erlangen können, welche den Kindern des letztern zustehen. Seitdem das B. erblich ist, kann der Bauer, vorausgesetzt, daß er sich innerhalb obiger Regeln hält, über dasselbe beliebig, namentlich durch das Institut der