Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

514

Baumgärtner - Baumkultus.

Baumgärtner, Karl Heinrich, Mediziner, geb. 21. Okt. 1798 zu Pforzheim, studierte in Tübingen und Heidelberg, ward 1820 Regimentsarzt in Rastatt, 1824 Professor der medizinischen Klinik in Freiburg und 1862 in den Ruhestand versetzt. B. suchte schon 1830 nachzuweisen, daß durch die Spaltungen des Eidotters kugelige Massen entstehen, aus welchen sich die Einzelteile des Tiers entwickeln, und beschrieb die stufenweise Umwandlung solcher Kugeln zu Blutkörperchen. Die "Bildungskugeltheorie" war sonach der Vorläufer der jetzigen Zellentheorie von Schwann. Er schrieb: "Über die Natur und die Behandlung der Fieber" (Freiburg 1827, 2 Bde.); "Dualistisches System der Medizin", in 2 Abteilungen: "Grundzüge zur Physiologie und zur allgemeinen Krankheits- und Heilungslehre" (3. Aufl., Stuttg. 1854) und "Handbuch der speziellen Krankheits- und Heilungslehre" (4. Aufl., das. 1847-48, 2 Bde.); "Krankenphysiognomik", mit Atlas (2. Aufl., das. 1841-42); "Neue Untersuchungen in den Gebieten der Physiologie und praktischen Heilkunde" (Freiburg 1845); "Neue Behandlungsweise der Lungenentzündung und andrer Brustkrankheiten" (Stuttg. 1850); "Lehrbuch der Physiologie" (das. 1853); "Nähere Begründung der Lehre von der Embryoanlage durch Keimspaltungen" (das. 1854); "Anfänge zu einer physiologischen Schöpfungsgeschichte" (das. 1855); "Vermächtnisse eines Klinikers" (Freiburg 1862); "Schöpfungsgedanken" (1 Teil: "Der Mensch", das. 1856; 2. Teil: "Blicke in das All", das. 1859); "Die Naturreligion" (2. Aufl., Leipz. 1868); "Dramatische Schriften und Studien über das Leben" (das. 1865-66, 3 Bde.); "Natur und Gott" (das. 1870); "Die Weltzellen" (das. 1875).

Baumgelände, s. Spalier.

Baumhaar, s. Crin végétal und Tillandsia.

Baumhacker, Vogel, s. v. w. Kleiber.

Baumholder, Stadt im Regierungsbezirk Trier, Kreis St. Wendel, mit Amtsgericht, evangelischer und kath. Kirche und (1880) 1820 meist evang. Einwohnern. Unfern die alte Burg Lichtenberg.

Baumhühner (Odontophorinae Gray), Unterfamilie der Waldhühner (Tetraonidae) aus der Ordnung der Scharrvögel (s. d.).

Baumkauz, s. Eulen.

Baumkircher, Andreas, Söldnerführer, geboren vor 1420 als Sohn des kaiserlichen Pflegers Wilhelm B. zu Wippach in Krain, verbrachte seine Jugendzeit in Gesellschaft seines spätern Freundes und Waffengenossen, des Schwaben Ulrich v. Grafenach, am Hof Kaiser Friedrichs III. 1447 wurde er Pfleger der kaiserlichen Pfandherrschaft Schlaning (in der ungarischen Gespanschaft Eisenburg), welche er nachmals selbst erwarb, und nach welcher er sich dann auch "Herr v. Schlaning oder Szalonak" schrieb. 1452 zeichnete er sich als Verteidiger des in Wiener-Neustadt von der unzufriedenen Ständepartei belagerten Kaisers aus. 1453-57 erscheint er jedoch unter den Gegnern Kaiser Friedrichs III. als Dienstmann König Ladislaus Posthumus', nach dessen Tod er sich mit Kaiser Friedrich wieder ausglich, dem er bei der ungarischen Königswahl (1459) wie bei einem Aufstand der Wiener Bürger (1462) wesentliche Dienste leistete. Dafür nur mit Pfandherrschaften beliehen und in seiner doppelten Stellung als kaiserlicher Dienstmann und ungarischer Magnat sich zu Matthias Corvinus hinneigend, erhob sich B. mit andern unzufriedenen steiermärkischen Adligen zuerst 1467, dann mit mehr Erfolg bei einer Romfahrt des Kaisers 1469, und errang bei Fürstenfeld einen entscheidenden Sieg, wodurch ein Ausgleich herbeigeführt wurde. Als es aber 1470 zum offenen Bruch zwischen dem Gönner Baumkirchers, König Matthias von Ungarn, und Kaiser Friedrich III. kam, beschloß letzterer, sich seines gefährlichen Lehnsmannes zu entledigen. Durch kaiserlichen Geleitsbrief mit seinen Genossen nach Graz gelockt, wurde B. dort 1471 verhaftet und noch am Abend desselben Tags enthauptet. Mit seinen beiden Söhnen Wilhelm und Georg, welche zwar einen Sühnevertrag mit Friedrich III. eingingen, aber dennoch sich dem König von Ungarn, ihrem Dienstherrn, gegen den Kaiser anschlossen, verscholl das Geschlecht.

Baumkitt, Mittel, durch das bei größern Wunden an Bäumen dem Eindringen der Feuchtigkeit und dem Ausfließen des Saftes vorgebeugt wird. Man benutzt hierzu Steinkohlenteer, den man nach Bedürfnis mehreremal aufstreicht, ohne den Kambiumring damit zu berühren. Auch vermischt man denselben und noch besser Asphaltteer mit so viel Torfasche, Torfstaub, Kohlenpulver, Ziegelmehl oder Holzasche, daß man das warme Gemisch noch mit einem steifen Pinsel streichen kann. Nach Wiegemann bereitet man den Kitt am besten aus Teer und Kohlenpulver, trägt ihn als Salbe auf und bewirft die Stelle nachher mit trockner Erde, damit der Kitt in der Wärme nicht klebe und nicht so stark in die Augen falle.

Baumkleber, s. Frösche.

Baumkrätze, die an den Stämmen und Ästen der Wald- und Obstbäume sich ansetzenden Flechtenarten, thun an den Stämmen erwachsener Bäume keinen merklichen Schaden, auf den Ästen und den dünnern belaubten Zweigen aber verursachen sie Absterben und Dürre der befallenen Teile. Der Baum kann darunter erheblich leiden oder selbst eingehen, wenn man die Flechten nicht fleißig abkratzt. Diese Flechten sind zwar keine eigentlichen Schmarotzer und nicht auf die Nahrungssäfte des Baums angewiesen, die Ursache ihrer schädlichen Wirkung besteht wahrscheinlich in der Verhinderung der Atmung sowie der Assimilation in den von ihnen besetzten grünen Zweigen. Vorzüglich wird die B. von verschiedenen Arten der Flechtengattung Parmelia, zumal von P. parietina Fr., P. physodes L. und P. capreata L., gebildet, denen sich, namentlich an den Pflaumenbäumen, noch Evernia prunastri Ach. zugesellt.

Baumkultus, die bei den meisten Natur- und Kulturvölkern übliche, entweder an besonders große und alte Exemplare bestimmter Baumarten oder an den Wald im allgemeinen gerichtete Bezeugung einer religiösen Verehrung. Im Grund beruht dieselbe wohl auf der Vorstellung, daß der hochstrebende und langlebige Baum vor andern Gewächsen als ein beseeltes Wesen, als ein Hort des in Dryadengestalt verkörperten Lebens der Natur, ja als ein Symbol der Unsterblichkeit aufzufassen sei. Dem "Baum des Lebens" begegnen wir bereits aus den ältesten assyrischen, persischen und ägyptischen Bildwerken, und ihm stellen sich ähnliche Ideenverkörperungen in der Weltesche Ygdrasill, in dem indischen Baum Kummerlos (Asoka), in dem persisch-jüdischen "Baum der Erkenntnis" etc. an die Seite. Als vorzüglich anbetungswürdige Verkörperungen der schaffenden Naturkraft erschienen den Indern die beiden heiligen Feigenbäume (Ficus indica und F. religiosa), die eine bedeutsame Rolle in der Kulturgeschichte Asiens gespielt haben. Mit diesen Ideen in Verbindung stehen die im alten Persien, Griechenland und Germanien, aber auch in überseeischen Ländern heimischen Mythen von der Erschaffung des ersten Menschenpaars aus Bäumen (Ask und Embla), und der Araber nennt die Palme den mit ihm zugleich erschaffenen "Bruder des Menschen". Darauf