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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bauwissenschaft; Bauwissenschaftliche Vereine

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Bauwissenschaft - Bauwissenschaftliche Vereine

Genossenschaften (s. d.); denselben sind im allgemeinen auch die Betriebe der kleinern Bauhandwerker (Bauklempner, Bautischler, Bauschlosser u. s. w.) angeschlossen worden, soweit sich der Gewerbebetrieb dieser Handwerker auf die Ausführung von Arbeiten bei Bauten erstreckt. Die Einbeziehung dieser Baubetriebe hat der Bundesrat auf Grund der ihm gesetzlich eingeräumten Befugnis durch verschiedene Beschlüsse angeordnet. Die Rechtslage dieser kleinern Bauhandwerker ist die, daß sie, soweit bei ihnen die Ausführung von Bauarbeiten alleiniger oder Hauptbetrieb ist, unter das Unfallversicherungsgesetz fallen und dann auch einen als Nebenbetrieb nebenher bestehenden Werkstattbetrieb (Möbeltischlerei u. s. w.) mit in die Unfallversicherung hineinziehen; daß sie dagegen, soweit ein solcher Werkstattbetrieb den Hauptbetrieb bildet, nur mit den nebenher betriebenen Bauarbeiten, nicht aber mit dem Werkstattbetriebe in die Unfallversicherung fallen. Dieser unbefriedigende Zustand wird durch weitere Ausdehnung der Unfallversicherung auf Handwerks- und andere Betriebe demnächst beseitigt werden. Die gewerblichen Tiefbaubetriebe, insbesondere Kanalbau, Wasserbau, Wegebau, sind durch das sog. Bau-Unfallversicherungsgesetz vom 11. Juli 1887 der Unfallversicherung unterworfen worden; für dieselbe besteht die das ganze Reichsgebiet umfassende Tiefbau-Berufsgenossenschaft (s. d.), welche im Gegensatz zum Umlageverfahren (s. d.) der andern Genossenschaften das Kapitaldeckungsverfahren (s. d.) hat. Diejenigen Bauarbeiten, welche der Bauherr ohne Vermittelung eines Baugewerbetreibenden für eigene Rechnung durch direkt angenommene Bauarbeiter ausführen läßt (Regiebauten), fallen gleichfalls unter die Unfallversicherung. Soweit sie vom Reiche oder Bundesstaate oder einem für leistungsfähig erklärten Kommunalverbande ausgeführt werden, wird die Unfallversicherung durch Ausführungsbehörden (s. d.) dieser Betriebe oder Verwaltungen durchgeführt; indessen kann in Ausnahmefällen ein Anschluß an die Berufsgenossenschaften erfolgen (§. 1 des Ausdehnungsgesetzes vom 28. Mai 1885 und §. 4, Ziffer 2 und 3, §. 5 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes). Regiebauten der Privat-Eisenbahnverwaltungen fallen auf Grund des Ausdehnungsgesetzes unter die betreffenden Eisenbahn-Berufsgenossenschaften; Regiebauten in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (laufende Reparaturen an Gebäuden, Bodenkultur-, Wege- und Grabenarbeiten u. s. w.) gehören in die land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (§. 1, Abs. 4 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes); in Regie unternommene Reparaturen an Fabrikgebäuden gehören nach einer Auslegung des Reichsversicherungsamtes in die industriellen Berufsgenossenschaften. Für andere Regiebauten bestehen bei den einzelnen Baugewerks-Berufsgenossenschaften auf Grund des Bau-Unfallversicherungsgesetzes besondere Versicherungsanstalten, in denen die Unternehmer von Regiebauarbeiten (Bauherren), bei kleinen (weniger als 6 Tage währenden) Arbeiten aber die Gemeinden, die beschäftigten Arbeiter gegen eine von der Berufsgenossenschaft festgesetzte Prämie versichern müssen. Diese Versicherungsanstalten sind Zubehör der Berufsgenossenschaften und werden für deren Risiko verwaltet; die Vertreter der Arbeiter und Schiedsgerichte der Berufsgenossenschaften fungieren auch für die Versicherungsanstalt; die Berufsgenossenschaft kann Unfallverhütungsvorschriften für Regiebauten erlassen und durch ihre Beauftragten deren Erfüllung kontrollieren.

Bauwissenschaft, der Inbegriff aller Erfahrungen und Regeln, Konstruktionen und Berechnungen bezüglich der Darstellung, Gestaltung und Ausführung von Bauwerken. Die B. umfaßt theoretische wie praktische Kenntnisse und greift zufolge ihrer Vielseitigkeit in die verschiedensten Wissenschaften, wie Mathematik, Mechanik, Geognosie, Physik und Chemie, Technologie, Formenlehre, Stilkunde, Kunstgeschichte u. s. w. ein. Man bezeichnet sie auch mit dem Namen Baukunde und unterscheidet sie in Hoch- und Landbaukunde, in Wasser-, Straßen- und Eisenbahnbaukunde, in Berg-, Schiffs- und Maschinenbaukunde. Indessen faßt man gewöhnlich alle übrigen Zweige der B., außer dem Hochbau, unter dem Namen Ingenieurwissenschaften (s. d.) zusammen und bezeichnet die auf den Bau von Gebäuden (Hochbauten) bezüglichen Wissenschaften als Hochbaukunde (s. d.). Als die theoretische Hauptaufgabe der gesamten B. ist zu betrachten, einerseits die Festigkeitsbedingungen zu erörtern, die dem sichern Bestehen der Bauwerke zu Grunde liegen, und andererseits die Gesetze zu ermitteln, nach denen eine unnötige Materialverschwendung vermieden wird. Diese beiden sich kreuzenden Anforderungen: Festigkeit und Billigkeit in der richtigen Weise abzuwägen, ist nur mit Hilfe gediegener Kenntnisse in Statik, Elasticitäts- und Festigkeitslehre möglich, welche Fächer wiederum nur unter Anwendung der höhern Mathematik völlig verstanden werden können, so daß für Erlangung wirklich brauchbarer bauwissenschaftlicher Kenntnisse ein Studium auf einer Technischen Hochschule (s. d.) erforderlich ist. In niederer Form wird die B. in den Bauschulen (s. d.) gelehrt. Litteratur s. unter Baukunst.

Bauwissenschaftliche Vereine. Während im Mittelalter die Bauhütten (s. d.) und zünftigen Baugewerke in den sog. Regeln der Kunst den ganzen Schatz ihrer Erfahrungen auf dem Gebiete des Bauwesens zusammenfaßten, ist die Neuzeit an der Hand der naturwissenschaftlichen Erkenntnis und der Mathematik zur Begründung bauwissenschaftlicher Lehren fortgeschritten, denen im praktischen Leben die B. V. in vielen Verzweigungen entsprechen. In allen Kulturländern haben sich die Bauverständigen zu Vereinigungen aneinander geschlossen, deren Bedeutung für das Fachleben sowohl als in der Öffentlichkeit durch die wissenschaftliche und, da die Architekten anf derselben bauwissenschaftlichen Grundlage stehen, auch durch die künstlerische und die von beiden mitbedingte gesellschaftliche Stellung ihrer Mitglieder bestimmt wird. Die Architekten verbinden sich meistens mit den Bauingenieuren, den Straßen-, Brücken- und Wasserbautechnikern zu Architekten- und Ingenieurvereinen, die in Deutschland nebst einigen besondern Architektenvereinen (s. d.) einen gemeinsamen Verband bilden und im Verbandsvorstande mit einer nach gewissen Grundsätzen zugemessenen Anzahl von Stimmen vertreten sind. Der Verein deutscher Ingenieure, hauptsächlich Maschinenbautechniker umfassend, besteht dagegen aus unmittelbaren Mitgliedern, die sich znm größten Teil wieder in Ortsvereinen zusammenthun. Diese beiden Hauptvereinigungen bilden die Mittelpunkte der Mehrzahl deutscher B. V., besonders in den nach bestimmten Zeitabschnitten wiederkehrenden, von Ort zu Ort wan-^[folgende Seite]