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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Cellioten; Cello; Cellula; Cellularpathologie; Celluloid

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Cellioten - Celluloid.

seiner Gegner weichen. Vom Herzog Cosimo I. in Florenz freundlich aufgenommen, fertigte er für diesen 1550 die Statue des Perseus mit dem Medusenhaupt, eins seiner besten Werke in Erz, jetzt in der Loggia de' Lanzi zu Florenz. Hier versuchte er sich auch in Marmor und arbeitete eine Gruppe: Apollon und Hyacinth, und die Statue des Narcissus. Im Kriege gegen die Sienesen war er als Kriegsingenieur bei Ausbesserung der florentinischen Festung thätig. Aller Einladungen ungeachtet kehrte er nicht mehr nach Frankreich zurück, und selbst Katharina von Medicis forderte ihn vergeblich auf, das Grabmal Heinrichs II., ihres Gemahls, zu vollenden. In den letzten acht Jahren seines Lebens, von denen seine Selbstbiographie schweigt, lebte C. mit der äußern Welt mehr in Frieden und trat 1558 selbst in den geistlichen Stand, den er aber bald wieder verließ, um noch im 60. Jahr zu heiraten. Er hinterließ bei seinem 13. Febr. 1571 in Florenz erfolgten Tod zwei Töchter und einen Sohn. Von seinen Arbeiten in Silber und Gold ist wegen der Kostbarkeit des Stoffes wenig auf uns gekommen; die große Mehrzahl der ihm zugeschriebenen ist unecht. Im Eskorial ist ein lebensgroßes Kruzifix in Marmor von vortrefflicher Arbeit, vermutlich dasjenige, welches der Großherzog Cosimo erhielt, und das letzte Werk, dessen C. in seiner Biographie gedenkt. Zu Florenz restaurierte der Künstler einen trefflichen Apollon, an welchem freilich die manierierte Arbeit Cellinis von der edlen Einfalt des alten Werks merklich abweicht. Ebendaselbst befindet sich die Bronzebüste Cosimos I. mit reichverziertem Harnisch. Unter den vielen Denkmünzen, welche dem Meister zugeschrieben werden, sind nur einige von seiner Hand. In keiner seiner Schöpfungen ist Cellinis Geist so kräftig ausgeprägt wie in seiner Selbstbiographie, mit der uns Deutsche zuerst Goethe durch seine Übersetzung bekannt machte (1803). Sie erschien in zahlreichen Ausgaben (zuerst 1728; später von Tassi: "Vita ed opere", Flor. 1829; von Choulant, Leipz. 1833-35, 3 Bde.) und Übersetzungen bis in die neueste Zeit. Diese Lebensbeschreibung ist ebenso ausgezeichnet durch die heitere Unbefangenheit, mit welcher C. seine Tugenden wie seine Schwächen darstellt, sein Leben gleichsam noch einmal mit allen seinen Freuden und Leiden durchlebend, wie durch die Lebendigkeit und Natürlichkeit der Sprache, leidet aber auch stark durch die Prahlerei des Autors. Seine "Trattati dell' oreficeria e della scultura" erschienen 1568. Sie wurden neu von Milanesi herausgegeben (Flor. 1856), übersetzt von Brinkmann (Leipz. 1867). Vgl. A. v. Reumont, Cellinis letzte Lebensjahre, in Raumers "Historischem Taschenbuch" 1847; Derselbe, Beiträge zur italienischen Geschichte, Bd. 3 (Berl. 1854); J. ^[Joseph] Arneth, Studien über B. C. (Wien 1859), und E. Plon, B. C. Orfèvre, medailleur, sculpteur (Par. 1882, Nachtrag 1884).

Cellioten (lat.), eine Art Geistliche in der griechischen Kirche, die in der Nähe der Klöster wohnen, deren Gottesdienst mit beiwohnen, aber, freier als die Mönche, sich von ihrer Hände Arbeit ernähren. Vgl. Anachoreten.

Cello (spr. tschello), s. v. w. Violoncello; Cellist, ein Cellospieler, Violoncellist.

Cellula (lat.), s. v. w. Pflanzenzelle; cellular, mit Zellen versehen; cellulös, zellig.

Cellularpathologie, ein Ausdruck, welcher von Virchow in die wissenschaftliche Medizin eingeführt wurde, und mit welchem es folgende Bewandtnis hat. Von alters her haben sich die Ärzte darüber gestritten, welche Teile des Körpers bei der Krankheit ursprünglich ergriffen seien, und von welchem Punkt aus die Krankheit sich über den Körper verbreite. Es standen sich in diesem Streit, welcher bis in die neuere Zeit sich fortgesponnen hat, zwei Parteien gegenüber: die Humoralpathologen und die Solidarpathologen. Die Anhänger der Humoralpathologie sahen die Säfte (humores) des menschlichen Körpers als den Ausgangspunkt der Krankheiten an. Sie meinten, daß die vier Kardinalsäfte: Blut, Schleim, die gelbe Galle und die sogen. schwarze Galle in richtiger Mischung (Eukrasie) Gesundheit, in fehlerhafter Mischung (Dyskrasie) Krankheit bedingten. Auch der Name Katarrh (Herabfließen) stammt aus der Zeit her, in welcher man darin eine dem Körper wohlthätige Entfernung des krankmachenden Schleims (Phlegma) erblickte. Die Anhänger der Solidarpathologie dagegen stellten die festen Teile (solida) des Körpers, vor allen Dingen aber die Nerven, als Ausgangspunkt der Krankheit, als das bei jeder Krankheit zuerst Ergriffene hin und meinten, daß die krankhaften Veränderungen der Säfte erst durch die Nerven und das Gehirn bedingt würden. Im allgemeinen lehrt nun die Geschichte der Medizin, daß die Humoralpathologie einer naturwissenschaftlichen Betrachtung der Krankheiten sich mehr näherte als die zur Mystik hinneigende Solidarpathologie. Obschon aber die Gegenwart mehr Sympathien für die humoralpathologische Lehre hat, so sehen wir doch jetzt ein, daß weder sie noch die Solidarpathologie ausschließlich berechtigt ist, und zwar aus folgenden Gründen. Die Krankheit wie die Gesundheit sind Äußerungen des Lebens. Setzt man die Krankheiten in die Säfte, so muß man auch das Leben in das Blut versetzen; sucht man aber die Krankheit in den festen Teilen, den Nerven, so muß man auch das Leben in diesen suchen. Nun lehren uns aber hundertfältige Thatsachen, namentlich aus dem Bereich der vergleichenden Anatomie, daß das Leben nicht ausschließlich an Blut und Nerven gebunden ist; denn es gibt zahlreiche tierische Organismen, welche offenbar Leben, aber weder Blut noch Nerven besitzen, obschon sie aus festen und flüssigen Bestandteilen bestehen. Überall aber, wo wir Leben annehmen, finden wir Zellen, an welche sowohl das normale Leben als alle krankhaften Lebensäußerungen gebunden sind. Die Zelle ist der einfachste Ausdruck des Lebens, sie bildet zu jeder Zeit den Ausgangs- und Mittelpunkt aller Lebenserscheinungen. Da die Zelle aber der Lebensherd ist, so muß sie auch der Krankheitsherd sein, denn Krankheit ist nur eine eigentümliche Erscheinungsweise des Lebens. Auch im Blut sind die zelligen Elemente, nämlich die Blutkörperchen, die Herde des Lebens, und von den Nerven, den Muskeln, den Drüsen, überhaupt von allen Geweben ist unzweifelhaft festgestellt, daß ihre Verrichtungen an die Existenz zelliger oder aus Zellen hervorgegangenen Formelemente gebunden sind. Auf diese Thatsachen gestützt, hat Virchow seine celluläre Theorie der Krankheiten aufgestellt. Diese Theorie führt den Namen der C., ihre Entstehung datiert aus den letzten 40er Jahren; eine feste Gestalt erhielt sie aber erst 1858 durch Virchows bekanntes Buch "Die C. in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre" (4. Aufl., Berl. 1872). Vgl. Krankheit.

Celluloid, Fabrikat aus Schießbaumwolle und Kampfer. Zur Darstellung der Schießbaumwolle benutzt man verschiedene aus möglichst reiner Cellulose bestehende Rohmaterialien, wie Papier, Holzstoff, Abfälle aus Bauwollspinnereien ^[richtig: Baumwollspinnereien], Hadern etc., welche nach entsprechender Vorbereitung durch Behandlung mit

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]