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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Demetrios Phalēreus; Demetrius

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Demetrios Phalereus - Demetrius.

Demetrios Phalēreus (d. h. aus Phaleron, Hafenstadt Athens), griech. Philosoph, geboren in niedrigem Stand um 345 v. Chr., Theophrasts Schüler, gewann in Athen als Redner so großen Einfluß, daß ihn König Kassandros 318 an die Spitze der Verwaltung der Stadt erhob. Seine zehnjährige Verwaltung war die glücklichste Periode in der spätern athenischen Geschichte, was die Athener dadurch anerkannten, daß sie ihm 360 Statuen, so viele, wie sie Tage im Jahr zählten, errichteten. Als 307 Demetrios Poliorketes gegen Athen rückte, ging D., von den wankelmütigen Athenern zum Tod verurteilt, nach Alexandria, wo er, von Ptolemäos Lagi ehrenvoll aufgenommen, diesen bei der Anlegung der Bibliothek unterstützte. Dessen Nachfolger Ptolemäos Philadelphos schickte ihn jedoch nach Oberägypten ins Exil, wo er nach 283, angeblich am Biß einer Schlange, starb. D. gehörte als Philosoph zur peripatetischen Schule und hinterließ zahlreiche Schriften, von denen aber keine auf uns gekommen ist. Ihm wird mit Unrecht ein (wohl vom Sophisten Demetrios aus Alexandria unter Mark Aurel verfaßtes) rhetorisches Werk: "Über den Ausdruck", beigelegt, herausgegeben am besten im 9. Teil der "Rhetores graeci" von Walz (Stuttg. 1836). Vgl. Ostermann, De Demetrii Phalerei vita etc. (2 Tle., Hersfeld 1847 u. Fulda 1857).

Demetrius (Dimitri), Fürsten, Großfürsten und Zare von Rußland: 1) D. I. Alexandrowitsch, Sohn des Großfürsten Alexander I. Newskij, ward 1258 von diesem zum Fürsten von Nowgorod ernannt, nach dessen Tod zwar von seinen Unterthanen vertrieben, nach seines Nachfolgers Jaroslaw I. Tod jedoch wieder eingesetzt. Nach dem Tode des Großfürsten Wasilij Wladimir 1276 bestieg er den großfürstlichen Thron, fand aber an seinem Bruder Andreas einen erbitterten Feind und wurde von demselben mit Hilfe der Tataren vertrieben. Später erlangte er den Thron wieder und behauptete sich unter beständigen Widerwärtigkeiten bis zu seinem Tod 1294.

2) D. II., Sohn des Großfürsten Michael, folgte 1320 seinem von Georg Danilowitsch ermordeten Vater als Fürst von Nowgorod, mußte aber dem Tatarenchan sein Wort geben, daß er um das Großfürstentum mit dem Mörder seines Vaters nicht weiter streiten wolle. Als jedoch 1325 beide in der Horde des Chans zusammentrafen, stieß D. seinen Todfeind nieder, wofür ihn der Chan 15. Sept. 1326 hinrichten ließ.

3) D. III. Konstantinowitsch, Fürst von Susdal, 1360 vom Tatarenchan als Großfürst von Moskau eingesetzt, mußte schon 1362 dem D. IV. Weichen und starb 1383 als Mönch.

4) D. IV. Iwanowitsch, Donskoi, folgte 1363, vom Tatarenchan als Großfürst bestätigt, dem vorigen, suchte den innern Fehden der Lehnsfürsten und den verheerenden Einfällen Nowgorodscher Freibeuter zu steuern und ließ seit 1367 den Kreml zu Moskau erbauen, wohin er seine Residenz verlegte. Er erwehrte sich 1368 glücklich der Litauer, und als der Tatarenchan Mamai in Rußland einfiel, um Michael von Twer auf den Thron von Moskau zu setzen, wußte ihn D. zu versöhnen und ward von demselben im Besitz des Großfürstentums bestätigt. Ein Krieg mit dem Fürsten Michael von Twer endete mit der Unterwerfung Michaels. Darauf zog D. gegen die kasanischen Bulgaren, zwang ihren Sultan Machmet zur Unterwerfung, brach dadurch offen mit dem Chan Mamai und schlug das gegen ihn geschickte Heer desselben 11. Aug. 1378. Zwei Jahre später (6. Sept. 1380) erfocht er auf der Ebene von Kulikowo einen großen Sieg über die von dem Chan selbst befehligten Tataren und erhielt deshalb den Ehrennamen Donskoi, d. h. der Donische. Dem neuen Chan, Tochtamysch, gelang es aber schon 1382, Moskau zu erobern, wo seine Scharen entsetzlich hausten. D., der nach Kostroma geflohen war, soll bei seiner Rückkehr über 24,000 Erschlagene gefunden haben. Unter diesen Umständen gelang es ihm nicht, die vollständige Befreiung Rußlands von den Tataren zu erreichen. Er starb 19. Mai 1389, seinen 17jährigen Sohn Wasilij als Nachfolger hinterlassend.

5) Jüngster Sohn Iwans IV., des Schrecklichen, geb. 19. Okt. 1583, wenige Monate vor dem Tod seines Vaters, ward unter Zar Feodor Iwanowitsch mit seiner Mutter Maria nach Uglitsch verwiesen und daselbst, wahrscheinlich auf Befehl des Boris Godunow (s. d.), ermordet. Nach andern Angaben rettete ihn seine Mutter, indem sie ein ähnliches Kind unterschob. Aus der Ungewißheit seines Todes entstanden die falschen D. (Pseudo-Demetrius), deren erster 1603 auftrat und nach der, wie man auf Grund der Ergebnisse der neuesten Forschungen annehmen kann, fälschlichen Angabe derer, die ihn für unecht hielten, ein Mönch aus dem Kloster Tschudow, Namens Grischka Otrepjew, gewesen sein soll. Er entdeckte sich zuerst dem Fürsten Wisniewezki in Litauen, bei dem er in Diensten stand, und dann dem Woiwoden von Sandomir, Mniszek, der ihn dem polnischen König Siegmund III. vorstellte und ihm seine Tochter Marina zur Gemahlin gab. Um Einfluß auf Rußland zu gewinnen, unterstützten ihn die Polen, und er begann nun den Krieg gegen Boris, der, wiederholt geschlagen, plötzlich starb, wie einige meinen, an Gift. Boris' Sohn und Nachfolger Feodor ward kurz, bevor D. 1605 in Moskau einzog und den Thron bestieg, nebst seiner Mutter erdrosselt. D. regierte mit Kraft und Umsicht; doch brachte er durch allerlei Neuerungen in Tracht und Sitte, insbesondere durch seine Bevorzugung der abendländischen Kultur, die Großen des Reichs gegen sich auf; als seine Braut, die katholische Marina Mniszek, mit 2000 Polen in Moskau erschien, erregte die Haltung der letztern allgemeinen Unwillen. Während der Hochzeitsfeier entstand ein Aufstand in Moskau; der Pöbel und ein Soldatenhaufe, vom Fürsten Wasilij Schuiskij, dem D. schon früher einen Verrat großmütig verziehen, geführt, brach in den Kreml ein, wobei D. und viele Polen ermordet wurden. Marina, kaum dem Tod entronnen, ward in den Kerker geworfen. Vgl. über D. die russischen Schriften von Usträlow (Petersb. 1831-35, 5 Bde.) und Kostomarow (1864); Mérimée, Der falsche D. (deutsch, Leipz. 1869); Pierling, Rome et D. (Par. 1878), u. a. Schiller benutzte seine Geschichte zu seinem unvollendeten Drama "D.".

Ein zweiter falscher D. trat sehr bald, nachdem Wasilij Schuiskij den Thron bestiegen, auf, gab sich für Eine Person mit dem ersten aus und behauptete, sich aus Moskau gerettet zu haben. Er schlug wiederholt die Truppen des Zaren und fand besonders Anhang, als die herrschsüchtige Marina nach ihrer Befreiung ihn als ihren Gemahl anerkannte. Er residierte längere Zeit im Dorf Tuschino in der unmittelbaren Nähe von Moskau und besetzte eine große Menge von Städten in der ganzen Umgegend, insbesondere im Norden Rußlands, so daß der Zar Wasilij Schuiskij genötigt wurde, die Hilfe Schwedens im Kampf gegen den Prätendenten und die ihn unterstützenden Polen in Anspruch zu nehmen. Das stark befestigte Kloster Troizk hatte von den "Tuschinzy", wie die Anhänger