Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dinder; Dinosaurier; Diocletianus; Diphtheritis; Dislokation

204

Dinder - Dislokation.

Dinder, Julius, Erzbischof von Posen-Gnesen, starb 30. Mai 1890 in Posen.

Dinosaurier. Zu der bereits an riesenhaften und abenteuerlichen Formen überreichen Reptilgruppe, welche den Höhepunkt ihrer Entwickelung am Schluß der Kreidezeit erreichte, um dann ziemlich plötzlich den Säugetieren das Feld zu räumen, haben die Ausgrabungen der Jahre 1886-89 wieder sehr merkwürdige Beiträge geliefert und in den Gattungen Ceratosaurus und Ceratops wohl die seltsamsten aller bisher bekannten. Der erstere Saurier ist dem europäischen Megalosaurus einigermaßen ähnlich; er trägt auf der Mittellinie des Nasenbeins einen starken Hornzapfen, und die Wirbel zeigen eine vordere flache und eine tiefere hintere Aushöhlung und darin eine bisher im gesamten Reptilreich einzig dastehende Bildung. Die Elemente des Beckens sind wie bei den Vögeln ohne Naht verschmolzen, und auch die Verwachsung der Zwischenhandknochen erinnert an die gleiche Bildung bei Vögeln, ohne daß man darin übrigens mehr als eine sogen. Konvergenzerscheinung sehen darf. Die ältere Annahme einer nähern Blutsverwandtschaft dieser spezialisierten Dinosaurierformen mit Vögeln hat aufgegeben werden müssen.

Noch viel seltsamere Formen stellen die nach ihren »Stierhörnern« benannten Ceratopsiden dar, die in bestimmten Schichten längs des östlichen Abhanges der Felsengebirge in einer Ausdehnung von 800 engl. Meilen so häufig vorkommen, daß man dieselben als Ceratops-Schichten bezeichnet. Nach einer Beschreibung von Marsh übertraf die Größe der Ceratopsiden diejenige aller bekannten lebenden und fossilen Landtiere; der Schädel der Triceratops-Arten (T. horridus und T. flabellatus) erreicht allein schon 1,8-2,5 m Länge und muß ein enormes Gewicht gehabt haben, da die Schädelknochen entsprechend dick sind. Die Gattung ist nach drei Hornzapfen benannt, von denen zwei große, 0,6-0,9 m hohe gewaltige Hörner auf den Stirnbeinen trugen, während ein dritter, kleinerer auf dem Nasenbein steht, so daß der Kopf zugleich Ähnlichkeit mit dem des Rhinozeros erlangt haben muß, obwohl er vorn in einen Schnabel auslief. Auf große Schwere deutet auch die starke Verbreiterung des Schädels nach hinten, die dort ein mächtiges, aus dem Hinterhaupt und den Scheitelbeinen bestehendes Dach bildete, welches weit über den Nacken zurückreichte und Nackenmuskeln als Ansatzfläche diente, die eine gewaltige Entwickelung gehabt haben müssen, um den mit drei großen Hörnern bewehrten ungeheuerlichen Kopf zu regieren. Auch der Hinterhauptskamm ist bei T. flabellatus am Seitenrand mit einer Reihe spitzer Knochen besetzt, welche wahrscheinlich Hornstacheln trugen. Der Rachen entspricht nicht ganz dem furchtbaren Anblick dieses gehörnten Drachenschädels, denn die Kiefer trugen nur kleine Zähne, während die Zwischenkiefer ganz zahnlos sind und ebenso wie die entsprechende Partie des Unterkiefers mit einem sonst niemals beobachteten Schnabelbein bedeckt waren, welches im Leben wahrscheinlich einer Hornbekleidung des Schnabels, derjenigen der Schildkröten ähnlich, als Unterlage diente. Natürlich kann ein solcher Schnappschnabel, wie wir ihn bei den Riesenschildkröten sehen, gefährlich genug sein. Die Nasenbeine, welche wie beim Rhinozeros ein Mittelhorn trugen, sind kräftig entwickelt.

So baut sich in unsrer Phantasie ein Tier auf, welches an Größe und Schreckhaftigkeit alle Drachenphantasien der Maler weit übertrifft, wenn wir auch in Moloch horridus, Phrynosoma orbicularis, Metapoceros und andern ausländischen Eidechsen lebende Miniaturbilder solcher mit Hornstacheln besetzter Großechsen besitzen. Bei Triceratops scheint der ganze übrige Körper dem schwerbewaffneten Haupt in dem Maße dienstbar geworden zu sein, daß diese Schreckenstiere an solcher Einseitigkeit zu Grunde gehen mußten. Während das Haupt wuchs, um die Bewaffnung noch tragen zu können, wurden zuerst der Nacken, dann die Vorderglieder, zuletzt das ganze Skelett in der einen Richtung verändert, Stützpunkte für den Schädel zu liefern. Die Intelligenz scheint dagegen, wie aus dem außerordentlich kleinen Gehirnraum zu schließen ist, nur schwach entwickelt gewesen zu sein, schwächer selbst als bei den ebenfalls mit Hornstacheln bewaffneten Stegosauriern, bei denen die im Kreuzbein belegene Strecke des Rückenmarkskanals, d. h. der Raum des Hinterteilgehirns, den Inhalt der Schädelhöhle um mehr als das Zehnfache übertrifft.

Diocletianus, röm. Kaiser. Zur Litteratur: Allard, La persécution de Dioclétien (Par. 1890, 2 Bde.).

Diphtheritis. Seit man die Erreger der D. kennen gelernt und sich überzeugt hat, daß dieselben nicht im Blute des erkrankten Körpers kreisen, auch sich nicht in den verschiedenen Organen ablagern, sondern sich nur auf den erkrankten Teilen des Rachens und der obern Luftwege in den Membranen vorfinden und vermehren, ist die von vielen Ärzten verlassene lokale Behandlung der Krankheit mit neuem Eifer aufgenommen worden, da es scheinen will, daß die unmittelbare Bekämpfung der Diphtheritisbacillen an diesen relativ zugänglichen Stellen erreichbar sein müsse. Gelänge es, dieselben hier abzutöten oder auch nur durch entwickelungshemmende Mittel zu schädigen, so müßte auch die Produktion der chemischen Giftstoffe, welche ins Blut übergehen, aufhören. Leider sind aber spezifische Mittel, welche mit hinreichender Sicherheit die schädlichen Diphtheritisbacillen abtöten oder wenigstens erfolgreich schädigen, immer noch nicht gefunden, wenn auch dem einen und dem andern eine günstige Wirkung nicht fehlen mag. Die Hauptschwierigkeit bleibt immer die lokale Behandlung des erkrankten Kehlkopfes und der Luftröhre. Neuerdings sind besonders empfohlen: Resorcin, Brom, Karbolsäure, Salicylsäure, übermangansaures Kali, Natriumhypochlorid, Borsäure zum Pinseln; Kalomel, Zuckerstaub zum Einblasen; Kalkwasser zum Ausspülen, Sublimatausspülung 1:10,000 (nach Löffler prophylaktisch zu gebrauchen); endlich als innerliche (jedoch während des Schlingens auch lokal wirkende Mittel) wiederum Brom, Bromoform, Quecksilbercyanid und Quecksilberchlorid, endlich Arak, zweistündlich täglich bis zum Eintritt eines leichten Rausches, bei Kindern von einem Jahr einen halben, bei Kindern von 2-4 Jahren einen ganzen Theelöffel etc.

Dislokation. Die sichtbaren Verwerfungen in der Erdrinde sind das Ergebnis von Bewegungen, welche aus der Verringerung des Volumens der Erde hervorgehen. Die durch diesen Vorgang erzeugten Spannungen zeigen das Bestreben, sich in tangentiale und radiale Spannungen und dabei in horizontale, d. h. schiebende und faltende, und in vertikale, d. h. senkende, Bewegungen zu zerlegen. Man trennt daher die Dislokationen in zwei Hauptgruppen, von denen die eine durch mehr oder minder horizontale, die andre durch vertikale Ortsveränderung von Gebirgsteilen gegeneinander erzeugt ist. Die nächste Folge einer annähernd horizontalen Bewegung der Erdrinde ist das Entstehen langer Falten, deren Sättel eine Strecke weit hinstreichen, allmählich verflachen und dann durch andre Sättel abgelöst werden, welche ungefähr paral-^[folgende Seite]