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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fontanellsalbe - Fontenelle

von der größten Bedeutung; erfolgt jene vorzeitig, so wird das Gehirn in seinem weitern Wachstum gehemmt und es kommt sehr leicht zur Bildung eines sog. Mikrocephalus, während umgekehrt die Fontanellen bei der Englischen Krankheit sich gewöhnlich erst spät, bei chronischem Wasserkopf sehr häufig gar nicht schließen. Man hat deshalb beim Neugeborenen auf die Beschaffenheit der Fontanelle zu achten und sei jederzeit darauf bedacht, daß dieselben vor Druck, Stoß und ähnlichen Insulten gehörig behütet werden.

Fontanellsalbe, s. Spanischfliegensalbe.

Fontanes (spr. fongtahn), Louis de, franz. Dichter und Staatsmann, geb. 6. März 1757 zu Niort, ging nach Vollendung seiner Studien nach Paris und erwarb sich hier bald einen Namen als Dichter, indem er, ergriffen von der durch Rousseau erweckten Begeisterung für Landbau und Landleben, eine Reihe beschreibender Gedichte von elegantem Versbau schrieb, wie "La forêt de Navarre" (1778), "La maison rustique" (1788), "La Chartreuse", "Le jour des morts" (1796), eine Nachahmung von Grays Kirchhofelegie. Auch übersetzte er Popes "Essay on man" (1783). 1794 wurde er Professor an der Centralschule, 1795 Mitglied des Instituts und lebte, nach dem 18. Fructidor geächtet, in Hainburg, dann in London, wo er sich mit Châteaubriand aufs engste verband. Nach dem 18. Brumaire kehrte er nach Frankreich zurück und wurde Mitglied, 1804 Präsident des Gesetzgebenden Körpers. F. war ein glänzender Redner und zugleich einer der angesehensten Kritiker seines Zeitalters. In seinen Aufsätzen über die ersten Werke der Frau von Staël und Châteaubriands verbinden sich Glanz und Fülle des Ausdrucks mit Schärfe und Klarheit des Urteils. F. wurde von Napoleon I. noch zum Großmeister der Universität ernannt und 1810 zum Senator. Dennoch hat er 1814 die Abdankungsurkunde des Kaisers verfaßt und ist unter Ludwig XVIII. zum Pair, Marquis und Staatsrat ernannt worden. Er starb 17. März 1821. Seine "Œvres" gab Sainte-Beuve heraus (2 Bde., Par. 1839). - Vgl. Sainte-Beuve, Châteaubriand et son groupe littéraire (2 Bde., Par. 1860 u. ö.).

Fontange (frz., spr. fongtángsch'), hohe, über ein Drahtgestell aus Spitzen oder Flor aufgebaute Frauenhaube, gebräuchlich bis etwa 1720. Die Herzogin von Fontanges (s. d.) soll diesen Kopfputz zum Schutze gegen die Sonne erfunden haben. (S. beistehende Abbildung.)

^[Abb.]

Fontanges (spr. fongtángsch'), Marie Angélique de Scoraille de Roussille, Herzogin von, Geliebte Ludwigs XIV., geb. 1661, wurde in ihrem 17. Jahre Ehrendame von Madame, Duchesse d'Orléans. Von beschränktem Geiste, aber großer Schönheit, wußte sie Ludwig XIV. zu fesseln, der der herrschsüchtigen Laune der Montespan überdrüssig war. Der König erhob sie zur Herzogin, allein sie starb bald darauf infolge unglücklicher Entbindung 28. Juni 1681 in der Abtei Port-Royal zu Paris. Nach ihr ist die Fontange (s. d.) benannt.

Fontanus, röm. Quellgott, s. Fontus.

Fontarabie (spr. fongtarabih), Jean Franç. Boissonade de, franz. Hellenist, s. Boissonade.

Fonte Avellana, Kongregation von, ein Zweig der Benediktiner, benannt nach dem 1001 von Ludolf, späterm Bischof von Eugubio, in der Einöde F. A. bei Faenza gegründeten Kloster. Durch Petrus Damiani (s. d.) wurde die Ordensregel so maßlos verschärft, daß bald Laxheit und Zuchtlosigkeit Platz griff. Deshalb wurde die Kongregation 1570 der zu den Kamaldulensern gehörigen Kongregation des Michael von Murano einverleibt.

Fontenay-le-Comte (spr. fongt'näh lĕ kongt). 1) Arrondissement im franz. Depart. Bendée, hat 2133,54 qkm, (1891) 143 578 E., 113 Gemeinden und zerfällt in die 9 Kantone Chaillé-les-Marais (210,00 qkm, 10 453 E.), La Chataigneraie (336,07 qkm, 23 657 E.), F. (161,26 qkm, 19 497 E.), L'Hermenault (212,83 qkm, 12 233 E.), Luçon (292,88 qkm, 18 283 E.), Maillezais (210,33 qkm,' 15 667 E.), Pouzauges (318,?s qkm, 20 918 E.), St. Hilaire-des-Loges (198,94 qkm, 11 696 E.), Ste. Hermine (191,87 qkm, 11 174 E.). - 2) Hauptstadt des Arrondissements F., amphitheatralisch an beiden Ufern der hier schiffbaren Vendée und an den Linien Benet-Velluire und F.-Breuil-Barret (30 km) der Franz. Staatsbahnen gelegen, ist altertümlich gebaut, aber von freundlichen Vorstädten umgeben, Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz; hat (1891) 8050, als Gemeinde 9864 E., in Garnison das 137. Infanterieregiment, zwei schöne Kirchen (Notre-Dame und St. Jean), Kommunal-Collège, Tuch- und Leinwandindustrie, Sägemühlen, Handel mit Holz, Kohlen, Dünger und Hanf. - F. (mittellat. Fontanetum) fiel 1360 an England und wurde in den Hugenottenkriegen zehnmal belagert. In der Revolution wurde F. (damals Fontenay-le-Peuple) durch die Royalisten 25. Mai 1793 eingenommen. - Vgl. Fillon, Recherches sur F. (Fontenay 1847).

Fontenay-sous-Bois (spr. fongt'näh ßu bŏá), Stadt im Kanton Vincennes, Arrondissement Sceaux des franz. Depart. Seine, zwischen Vincennes und Nogent-sur-Manie schön gelegen, hat (1891) 5173, als Gemeinde 5836 E.

Fontenelle (spr. fongt'néll), Bernard le Bovier, früher le Bouvier, franz. Schriftsteller, geb. 11. Febr. 1657 zu Rouen, war ein Neffe Corneilles, wurde bei den Jesuiten vorgebildet, studierte die Rechte und ging dann nach Paris, um als Schriftsteller zu leben. Nachdem er einige Opern und Tragödien ("Brutus", "Aspar", "Idalia") und kleinere Poesien verfaßt, ohne viel Erfolg zu haben, erlangte er einigen Ruf durch seine "Dialogues des morts" (1683) in Lucians Manier, in denen er sich schon als Skeptiker zeigt. In seinen vielgelesenen "Entretiens sur la pluralité des mondes" (1686) verstand er es, die Lehren von Galilei, Descartes und Kopernikus in unterhaltender Form vorzutragen, während er in seiner "Relation de l'ile de Bornéo" eine Satire auf den Streit der Katholiken und Protestanten schrieb. Besonders aber in seiner "Histoire des oracles" (1687 nach dem Buche des Holländers van Dale), worin er die Orakel als Priesterlug erklärt, wird er ein Vorläufer der Philosophen der Aufklärung. 1691 wurde er Mitglied der Académie des sciences, 1699 Sekretär derselben und schrieb als solcher auf verstorbene Mitglieder der Akademie die durch Eleganz sich auszeichnenden "Éloges" (1708), sein bedeutendstes Werk. Er starb 9. Jan. 1757 zu Paris. Seine "Œvres complètes" erschienen 1758