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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Geldkrisis - Gelehrsamkeit.

mittelbar an der Spitze der Regierungen. Heutzutage wird der Ausdruck G. nicht selten auch zur Bezeichnung der kapitalistischen Produktionsweise und des Übergewichts bezeichnet, welches das Kapital in dem wirtschaftlichen Leben des modernen Staats erlangt hat, und das von den Sozialisten, nicht minder aber auch von den sogen. Agrariern bekämpft wird (s. Kapital). Vgl. Roscher, Grundlagen der Nationalökonomie, § 204.

Geldkrisis, s. Handelskrisis.

Geldkurs, der augenblickliche oder laufende Preis der Münzsorten an einem Platz, s. Kurs und Währung.

Geldmarkt, s. Markt.

Geldrische Rose, s. Viburnum.

Geldschränke, diebes- und feuersichere Schränke zur Aufbewahrung von Wertgegenständen, besitzen eiserne oder stählerne, doppelte, etwa 11-12 cm starke Wände, welche mit einem schlechten Wärmeleiter, gewöhnlich mit Asche, gefüllt sind. Bisweilen steht auch in dem Schrank isoliert ein zweiter kleinerer Schrank, der von der äußern Wandung durch eine ruhende Luftschicht getrennt ist. Die Thüren werden mit Falzen versehen, um die unvermeidlichen Fugen möglichst unschädlich zu machen. Auf diese Weise kann man das Eindringen der Hitze in den Schrank, selbst wenn derselbe in starkem Feuer steht, auf hinreichend lange Zeit verhindern. Die Diebessicherheit wird durch Stärke und gute Beschaffenheit des Materials erreicht, namentlich leistet eine Panzerung mit Stahlplatten Schutz gegen das Anbohren. Als Schloß benutzt man in der Regel eine Kombination des Bramah- und des Chubbschlosses.

Geldstrafe (Geldbuße, Buße) besteht in der Verurteilung eines Schuldigen zur Erlegung eines bestimmten Geldbetrags und kommt als Kriminal-, Disziplinar-, Zwangs- und Polizeistrafe vor. Der Ausdruck "Buße" wird jetzt gewöhnlich zur Bezeichnung eines neben der Strafe zu entrichtenden Ersatzbetrags gebraucht, welcher an den Verletzten und durch die strafbare Handlung Geschädigten zu entrichten ist, während die G. in die Staatskasse oder eine sonstige öffentliche Kasse fließt. Als Kriminalstrafe kommt die G. namentlich bei leichtern Vergehen und bei Übertretungen vor, und zwar droht sie das deutsche Strafgesetzbuch in manchen Fällen allein an, z. B. bei Übertretung der gebotenen Polizeistunde, teils wahlweise neben Gefängnisstrafe, Festungshaft und Haft, teils kumulativ neben Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe, z. B. bei dem Betrug. Bei Verbrechen und Vergehen ist der Mindestbetrag der G. 3 Mk., bei Übertretungen 1 Mk. Erweist sich eine erkannte G. als uneinbringlich, so ist sie in Gefängnis umzuwandeln, bei Übertretungen in Haftstrafe. Bei Umwandlung einer wegen eines Verbrechens oder Vergehens erkannten G. ist der Betrag von 3-15, bei Umwandlung einer wegen einer Übertretung erkannten G. der Betrag von 1-15 Mk. einer eintägigen Freiheitsstrafe gleich zu achten. Das Gesetz läßt dem Richter diesen Spielraum, weil die G. in ihrer Höhe mit Rücksicht auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Schuldigen festzusetzen ist. Handelt es sich um die gleichzeitige Umwandlung mehrerer Geldstrafen, so ist der Höchstbetrag der an ihre Stelle tretenden Freiheitsstrafe 2 Jahre Gefängnis und bei Übertretungen 3 Monate Haft. Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 27 ff., 78; Stooß, Zur Natur der Vermögensstrafen (Bern 1878).

Geldsurrogate, s. Geld, S. 50.

Gelduba, fester Ort der Ubier am untern Rhein, jetzt Gellep.

Gelee (franz. gelée, spr. schöleh), Präparat der Kochkunst oder Konditorei von halbfester Konsistenz. Fruchtgelees werden bereitet, indem man Fruchtsäfte mit einem starken Zuckerzusatz bis zu einem gewissen Konsistenzgrad abdampft. Bei andern Mischungen ist ein Zusatz von Gelatine (Hausenblase, Hirschhorn, Schweineschwarte, gekochten Kalbsfüßen) unentbehrlich, z. B. beim Weingelee und dem Fleischgelee (Aspik). Letzteres wird als Grundlage zu den verschiedenartigsten Gerichten, zum Überziehen von Fleisch und Fisch (z. B. Gänseleberaspik) sowie zum Ausputz der Speisen benutzt. Sülze ist eine Mischung von Gallerte (Aspik) und Fleischstücken verschiedener Art. Vgl. Gallerte.

Gelée (spr. schólleh), Claude, s. Claude Lorrain.

Gelegenheitsgesellschaft (Spekulationsverein, Association en participation, Gesellschaft à conto metà, terza, etc.), die Vereinigung mehrerer Personen, gleichviel ob sie Kaufleute oder Nichtkaufleute sind, zu einem einzelnen oder zu mehreren einzelnen Geschäften auf gemeinsame Rechnung. Eine solche G. ist z. B. dann vorhanden, wenn sich ein Konsortium zum Zweck der Gründung einer Aktiengesellschaft oder behufs der Negoziierung einer Anleihe oder zum Zweck der gemeinsamen Übernahme einer Armeelieferung bildet. Es handelt sich dabei nicht um den Betrieb eines Handelgewerbes, und insofern unterscheidet sich die G. von einer Handelsgesellschaft (s. d.). Die G. hat keine Firma, kein selbständiges Gesellschaftsvermögen, auch nicht den Charakter einer juristischen Person. Sie ist eine einfache Societät oder Gesellschaft (s. d.), und die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander bestimmen sich im wesentlichen nach dem Gesellschaftsvertrag. Das deutsche Handelsgesetzbuch (Art. 266 ff.), welches übrigens nicht von einer G., sondern nur von der "Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung" spricht, enthält indessen die wichtige Bestimmung, wonach die einzelnen Teilnehmer der G. dritten Personen gegenüber nicht pro rata, sondern solidarisch, d. h. einer für alle und alle für einen, berechtigt und verpflichtet werden.

Gelehrsamkeit (Gelahrtheit), im objektiven Sinn der Inbegriff wissenschaftlicher Kenntnisse, im subjektiven der Besitz von solchen, also die notwendige Eigenschaft des Gelehrten. Im engern Sinn versteht man unter G. noch besonders einen vornehmlich im Gedächtnis aufbewahrten bedeutenden Vorrat historischen Wissens im Gegensatz zur eigentlich wissenschaftlichen und philosophischen Einsicht, die in dem Erkennen des Wesens und des Grundes der Dinge beruht. Deutlichkeit, Gründlichkeit, Genauigkeit, Ordnung und systematischer Zusammenhang sind für das gelehrte Wissen unerläßliche Bedingungen, und es unterscheidet sich dasselbe eben hierdurch von dem gewöhnlichen oder populären Wissen. Im engsten Sinn bedarf es dazu auch noch einer zureichenden Kenntnis der altklassischen Sprachen und Litteraturen, da die wissenschaftlichen Leistungen der Griechen und Römer die Grundlage bilden, auf welcher sich die moderne Wissenschaft auferbaut hat. Der mit der Wiedererweckung der klassischen Litteratur und dem Aufblühen der Naturwissenschaften im Zeitalter der Renaissance und Reformation (15. und 16. Jahrh.) entwickelte unabhängige Gelehrtenstand muß an erfolgreicher Wirksamkeit immer mehr gewinnen, je mehr das dem Autoritätsglauben entgegengesetzte Prinzip des Selbstdenkens und Selbstforschens zur Geltung kommt. Dessen Bestrebungen aber, so achtungswert sie an sich als Äußerungen rein wissen-^[folgende Seite]