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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Gemeindekrankenversicherung - Gemeindewaldungen.

Unternehmungen tragen je nach ihrer Höhe einen steuer- oder einen gebührenartigen Charakter.

Zur Deckung der außerordentlichen Ausgaben können außer Schenkungen etc. die Erlöse aus veräußertem Gemeindevermögen und Gemeindeanlehen dienen. Zur Verhütung einseitiger Ausbeutung der Minoritäten oder der spätern Gemeindemitglieder durch die jetzigen ist die Veräußerung von Gemeindevermögen, insbesondere von Grundvermögen, wenn es einen gewissen Betrag überschreitet, ebenso wie die Aufnahme von Anlehen in den meisten Ländern an die Zustimmung der Staatsbehörde geknüpft. Begebung, Tilgung etc. der Anlehen können in gleicher oder ähnlicher Weise erfolgen wie bei den Staatsschulden (s. d.).

[Litteratur.] 1) Theoretisches: Faucher, Staats- und Kommunalbudgets (in der "Vierteljahrsschrift für Volkswirtschaft und Kulturgeschichte" 1863, Bd. 2); Braun, Staats- und Gemeindesteuern (ebenda 1866, Bd. 2); Gneist, Preußische Kreisordnung, S. 54 ff. (Berl. 1870); Walcker, Die Selbstverwaltung des Steuerwesens im allgemeinen und die russische Steuerreform (das. 1869); "Die Kommunalsteuerfrage, zehn Gutachten und Berichte, veröffentlicht vom Verein für Sozialpolitik" (Leipz. 1877); R. Friedberg, Die Besteuerung der Gemeinden (Berl. 1877); Bilinski, Die Gemeindebesteuerung und deren Reform (Leipz. 1878); A. Wagner, Die Kommunalsteuerfrage (das. 1878).

2) Finanzrechtliches und Statistisches: Grotefend, Die Grundsätze des Kommunalsteuerwesens in den östlichen und westlichen Provinzen des preußischen Staats (Elberf. 1874); L. Herrfurth, Beiträge zur Finanzstatistik der Gemeinden in Preußen (Berl. 1879); Derselbe, Beiträge zur Statistik der Gemeindeabgaben in Preußen (das. 1882); Gerstfeldt, Städtefinanzen in Preußen (Leipz. 1882); v. Reitzenstein, Kommunales Finanzwesen (in Schönbergs "Handbuch der politischen Ökonomie", 2. Aufl., Tübing. 1885); Kries, Die Gemeindesteuern in England (in der Tübinger "Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft" 1855); Gneist, Selfgovernment (3. Aufl., S. 116 ff., Berl. 1871); Bödiker, Die Kommunalbesteuerung in England und Wales (das. 1873); Braff, Administration financière des communes (Par. 1857, 2 Bde.); Brasch, Die Gemeinde und ihr Finanzwesen in Frankreich (Leipz. 1874); Crisenoy, La situation financière des communes en 1885 (jährlich).

Gemeindekrankenversicherung, s. Krankenkassen.

Gemeindeordnung, Inbegriff von Bestimmungen über die Verfassung und Organisation der Gemeinden, über die Verwaltung des Gemeindevermögens, über die Erwerbung des Gemeinderechts, über Rechte und Pflichten der Gemeinden und ihrer Mitglieder, über die Stellung der Gemeinden zur Staatsgewalt etc. In der Regel enthalten schon die Grundgesetze und Verfassungsurkunden der Staaten die Grundzüge über das Verhältnis der Gemeinden zum Staat und die innere Organisation der Gemeinden; die weitern Ausführungen enthalten sodann die Kommunalordnungen; s. Gemeinde.

Gemeinderat, s. Gemeinde.

Gemeinderecht, s. Gemeinde.

Gemeinderegalien, s. Gemeindehaushalt.

Gemeindesteuern, s. Gemeindehaushalt.

Gemeindeumlagen (Gemeindeauflagen, -Steuern) heißen wegen ihrer besondern Form der Veranlagung (Umlegung, Verteilung einer gegebenen Summe nach bestimmten Maßstäben auf die einzelnen Mitglieder) kommunale Repartitionssteuern, oft auch die direkten, insbesondere die in Form von Zuschlägen zu den Staatssteuern erhobenen, Gemeindesteuern schlechthin im Gegensatz zu den Steuern als Staatsabgaben.

Gemeindeunternehmungen, s. Gemeindehaushalt.

Gemeindeverbände, s. Gemeinde.

Gemeindevermögen, s. Gemeindehaushalt.

Gemeindevorstand, s. Gemeinde.

Gemeindewaldungen. Die Sorge des Staats für die Erhaltung und geordnete Benutzung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten (Kirchen, Schulen, milden Stiftungen etc.) gehörigen Waldungen ist notwendig und berechtigt, um die Substanz dieses Grundvermögens, dessen Eigentümer juristische und ewige Personen sind, gegen Verringerung durch die zum Fruchtgenuß berechtigten jetzt lebenden Gemeindemitglieder und Nutznießer zu schützen. Dieser allgemeine staatsrechtliche Grundsatz ist gleichmäßig zum Ausdruck gelangt in der Gesetzgebung fast aller Staaten, welche ein geordnetes Forstwesen besitzen, freilich in sehr verschiedener Ausprägung und Begrenzung. Das System der Beförsterung, nach welchem die Betriebsverwaltung (d. h. die Betriebseinrichtung, der Betrieb der Hauungen und Kulturen etc.) jener Körperschaftswaldungen durch Organe der Staatsforstverwaltung meist in Verwaltungsbezirken erfolgt, die aus Staats- und Gemeindeforsten gemeinsam gebildet sind, während die finanzielle Verwaltung (Verwendung und Verwertung der Forstprodukte) den Gemeindebehörden zusteht, ist in Frankreich (Code forestier vom 1. Aug. 1827, Tit. 6; Ordonnance von demselben Tag, betreffend die Ausführung des Code forestier) und in einem Teil von Deutschland, namentlich in der preußischen Provinz Hessen-Nassau (Gesetze vom 29. Juni 1821 und 23. Okt. 1834 für Kurhessen, Edikt vom 9. Nov. 1816 und Gesetze vom 24. und 26. Juli 1854 für Nassau etc.), in einem Teil der Provinz Hannover (Gesetze vom 21. Okt. 1815 und 10. Juli 1859), im Großherzogtum Hessen (Gesetze vom 16. Jan. 1811 und 29. Dez. 1823), Königreich Bayern (Gesetz vom 28. März 1852), Großherzogtum Baden (Forstgesetz vom 15. Nov. 1833), in Elsaß-Lothringen (auf Grund der noch gültigen französischen Gesetzgebung) u. in mehreren kleinern Staaten (Braunschweig, Waldeck etc.), in gesetzlicher Geltung. Das System der staatlichen Betriebsaufsicht über die G., nach welchem den Staatsbehörden eine Einwirkung auf die Verwaltung und Bewirtschaftung dieser Waldungen insoweit zusteht, als dieselbe durch die Fürsorge für die Erhaltung der Substanz der Waldungen und ihre geordnete nachhaltige Benutzung geboten ist, besteht in Österreich (Forstgesetz vom 3. Dez. 1852), einem Teil von Deutschland, namentlich in den preußischen Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen (Gesetz vom 24. Aug. 1876), in der preußischen Rheinprovinz und Westfalen (Gesetz vom 24. Dez. 1876), im Königreich Württemberg (Gesetz vom 16. Aug. 1875), Königreich Sachsen (Verordnung vom 24. Mai 1856), in den meisten thüringischen Staaten, Anhalt etc. Das System der allgemeinen Vermögensaufsicht endlich in dem Umfang, wie dieselbe überhaupt in Bezug auf das Gemeindevermögen geübt wird, ohne daß jedoch die Staatsbehörden das Recht haben, speziell in den Betrieb einzugreifen, besteht in Deutschland nur in wenigen Territorien (Teile der Provinz Hannover, einige Kleinstaaten), ferner in