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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Generalpächter – Generalsaldierungsstellen

Generalpächter (frz. fermiers généraux) hießen ursprünglich die Hauptpächter von Zöllen, Monopolen und andern Steuern, die ihrerseits meistens ihre Rechte wieder an Unterpächter übertrugen. Das System der Steuerverpachtung bestand schon bei den Römern (publiciani) und bürgerte sich im Mittelalter wenigstens für einzelne Zweige in vielen Staaten ein. Eine besondere Wichtigkeit erlangte es in Frankreich, wo aber auch die demselben anhaftenden Übel besonders grell hervortraten. Sully beseitigte viele Mißbräuche, namentlich die Verschleuderung einzelner Gefälle an Günstlinge und Große zu Spottpreisen und führte allgemein Verpachtung an den Meistbietenden ein, wodurch sich auch die Einnahmen der Krone um 1800000 M. erhöhten. Später kam dieses naturgemäße Verfahren ab, wurde aber von Colbert wieder aufgenommen. Grundlegende Ordonnanzen für die Regelung des Steuerpachtwesens (das nur bei den indirekten Steuern bestand) wurden namentlich 1681 und 1687 erlassen. Neben einer Anzahl lokaler kleinerer Pachtungen wurden schon im 17. Jahrh. auch größere vergeben, die einen oder mehrere Einnahmezweige im ganzen Lande oder wenigstens in einem größern Gebiete umfaßten. Unter Colbert bestanden als solche «Fermes générales» die der «Gabelle» (Salzsteuer), der «Aides» (Getränkesteuer), der Domanialgebühren und die der «Cinq grosses fermes» (hauptsächlich Zölle). Die Pächter waren Finanzgesellschaften, die durch einen Hauptrepräsentanten vertreten wurden, auf dessen Namen der Vertrag geschlossen wurde. Sie mußten dem Staat gewissermaßen als Kaution ein bedeutendes verzinsliches Darlehn gewähren und eine feste Pachtsumme als Minimalertrag der betreffenden Steuern entrichten. Der Mehrertrag fiel ihnen aber keineswegs immer vollständig zu, sondern der Staat behielt sich je nach der Lage der Finanzverhältnisse in dem Pachtvertrage einen größern oder geringern Anteil an demselben vor. 1726 wurden die Steuerpachtungen reorganisiert und noch mehr konzentriert und seitdem der größte Teil derselben als vereinigte «Fermes générales» von einer aus 60 und später 40 Mitgliedern bestehenden Gesellschaft der G. unter dem Namen eines Hauptunternehmers auf meistens sechsjährige Perioden übernommen.

Unter Necker wurde die Einziehung der indirekten Steuern und Gebühren in die Hände von drei Finanzgesellschaften gelegt. Die bedeutendste war die der G., welche das Tabaks- und Salzmonopol, den größten Teil der Zölle, einen besondern Eingangszoll auf die Produkte der franz. Kolonien und die Eingangsabgaben von Paris verwaltete. Neben der «Ferme générale» bestand die «Regie générale» für die Erhebung der «Aides» (Getränkesteuern) und die Domanialverwaltung, welche hauptsächlich die in Form von Gebühren zu entrichtenden Verkehrssteuern von Verkäufen, Erbschaften u. s. w. zu erheben hatte. Die Stellung der Regisseure und Domanialverwalter war der der G. in vieler Beziehung ähnlich; sie hatten ebenfalls eine bedeutende Summe vorzuschießen, aber sie garantierten keinen bestimmten Ertrag, sondern hatten nur einen bestimmten Anteil an dem über eine festgesetzte Summe hinausgehenden Mehrertrag. Necker giebt die Bruttoeinnahmen der «Ferme générale» in den letzten Jahren vor der Revolution auf 186 Mill. Frs. und die Verwaltungs- und Erhebungskosten (mit Einschluß der Material- und Fabrikationskosten des Tabaks- und Salzmonopols und des Gewinns der G.) auf 42300000 Frs. an. Der Gewinn der 40 G. war damals in ziemlich enge Grenzen eingeschlossen und betrug nach Necker, abgesehen von der Verzinsung der von jedem vorgeschossenen 1560000 Frs., für jeden nur 75000 Frs. Bei der Regie war das Verhältnis des Bruttoertrags zum Reinertrag eigentlich noch ungünstiger als bei der Generalpacht. Die schlimmste Schattenseite der letztern war die Korruption, welche die Finanzleute zur Erzielung möglichst günstiger Bedingungen am Hofe und in andern einflußreichen Kreisen verbreiteten. Die Klagen des Volks aber entsprangen hauptsächlich aus der drückenden Natur der Steuern selbst und ihrer Eintreibung ohne Rücksicht auf Unglücksfälle. Die Nationalversammlung hob diese Einrichtung 1790 auf. In der Domänenverwaltung ist sie noch sehr verbreitet. In Frankreich hat man das neugeschaffene Streichhölzermonopol an eine Gesellschaft verpachtet, und in Italien ist eine Gesellschaft am Tabaksmonopol beteiligt. Die Türkei hat das Tabaksmonopol ebenfalls an eine Aktiengesellschaft auf 30 Jahre von April 1884 ab verpachtet. In Rußland wurde die Verpachtung der Branntweinsteuer erst 1863 durch eine vom Staat verwaltete Accise ersetzt.

Generalpardon, s. Pardon.

Generalpause, s. Pause.

Generalpostamt, Generalpostmeister, s. Reichspostamt.

Generalprävention, s. Strafrechtstheorien.

Generalprofoß, s. Generalgewaltiger.

Generalprokurator (Procureur général), eine dem franz. Rechte entlehnte Beamtung. Schon in einer Ordonnanz von 1493 werden die Funktionen dieser höchsten Beamten der Staatsanwaltschaft (s. d.) bei den Parlamentsgerichten näher umschrieben, und noch gegenwärtig führen in Frankreich die Staatsanwälte bei den höhern Gerichten diesen Titel. (S. Frankreich, S. 73 a.) In andern Staaten (wie z. B. Österreich) werden die am Kassationshofe angestellten höchsten staatsanwaltschaftlichen Beamten als G. bezeichnet. Es unterstehen ihnen Oberstaatsanwälte und Staatsanwälte an den untern Gerichten. Am Deutschen Reichsgericht entspricht ihnen der Oberreichsanwalt (s. d. und auch Generalstaatsanwalt).

Generalquartiermeister, früher mit den Anordnungen zur Unterbringung der Truppen betraut, dann nach Bildung von Generalquartiermeisterstäben der Chef eines solchen und nach Erweiterung derselben zum Generalstabe in manchen Armeen im Felde noch neben dem Chef des Generalstabes mit besondern Obliegenheiten beauftragt, besteht in den meisten Heeren nur während eines Feldzuges. Für die preuß. Armee war ein G. auch für die Zeit des Friedens von 1881 bis 1888 bestellt worden, um als Stellvertreter des Chefs des Generalstabes der Armee den Generalfeldmarschall Graf Moltke zu entlasten. Mit Rücktritt des letztern fiel die Stelle des G. wieder fort; dafür wurden die Stellen von drei, seit 1894 vier Oberquartiermeistern geschaffen.

Generalrat (Conseil général), in Frankreich die kommunale Vertretung des Departements (s. Frankreich, Verwaltung, S. 71 b). G. heißt auch bei der Österreichisch-Ungarischen Bank (s. d.) der Verwaltungsrat; er besteht aus einem Gouverneur, 2 Vicegouverneuren und 12 G. Bei andern Banken ist der Ausdruck in diesem Sinne nicht gebräuchlich.

Generalsaldierungsstellen, früher übliche Bezeichnung der Eisenbahnabrechnungsstellen (s. d.).