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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gratry; Grattan; Grattiere; Gratuit; Gratulieren; Grätz; Gratzen; Grau

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Gratry - Grau.

Hexametern behandelt den an und für sich undankbaren Stoff mit ziemlichem Geschick; wiewohl fachmäßig trocken. Neuere Ausgaben besorgten M. Haupt (Leipz. 1838) und Bährens in den "Poetae latini minores", Bd. 1 (das. 1879).

Gratry, Alphonse, genannt le père G., französischer kath. Theolog, geb. 30. März 1805 zu Lille, absolvierte die polytechnische Schule, trat aber in den geistlichen Stand und wurde 1861 Generalvikar des Bischofs von Orléans, 1863 Professor der Moral an der Sorbonne, 1867 Mitglied der Akademie, nachdem er sich durch seinen "Cours de philosophie" (1855-1857, 7. Aufl. 1864), seine "Philosophie du Credo" (1863-65), seinen "Kommentar zum Matthäus" (1863-65) und andre Werke, darunter mehrere Streitschriften gegen Renan, bekannt gemacht hatte. Aber schon sein Werk "La morale et la loi de l'histoire" (1868, 2 Bde.; 2. Aufl. 1871) feiert die französische Revolution als "eine Erneuerung des Angesichts der Erde in der Gerechtigkeit, der Wahrheit und der Freiheit". Als vollends das vatikanische Konzil nahte, bekämpfte er den päpstlichen Absolutismus in meisterhaft geschriebenen Briefen an den Erzbischof Deschamps von Mecheln. Verfolgt von den Bischöfen und den Keim des Todes schon im Herzen, unterwarf er sich den vatikanischen Beschlüssen 25. Nov. 1871 und starb 6. Febr. 1872 in Montreux. Aus seinem Nachlaß erschien: "Souvenirs de ma jeunesse" (4. Aufl. 1876).

Grattan (spr. grättan), 1) Henry, berühmter engl. Parlamentsredner, geb. 1746 zu Dublin, studierte die Rechte, ward 1772 Advokat und 1775 Mitglied des irischen Parlaments, in welchem er einer der Führer der loyalen Opposition wurde, der es gelang, die Widerrufung der Akte von 1720, welche Irland von der englischen Legislative abhängig machte, zu erwirken. Noch vor dem Ausbruch der Rebellion von 1798 legte er sein Mandat nieder und wurde erst 1800 wieder ins Parlament gewählt, um die Durchführung der Union mit England zu bekämpfen, die er aber nicht zu hindern vermochte. Nach der Vereinigung des irischen Parlaments mit dem englischen wurde er 1805 für Melton und 1806 für Dublin Mitglied des Unterhauses. Auch hier verteidigte er die Interessen seines Vaterlandes, namentlich die Emanzipation der Katholiken, mit warmem Eifer und seltener Beredsamkeit. Er starb 14. Mai 1820 in London. Seine Reden wurden von seinem Sohn herausgegeben (Lond. 1822, 4 Bde.), der auch "Life and times of the Right Honour. Henry G." (das. 1839-1845, 5 Bde.) veröffentlichte. Eine neuere Ausgabe der Reden besorgte Madden (Lond. 1847). Vgl. Lecky, Vier historische Essays (deutsch, Posen 1873); Mac Carthy, Henry G. (3. Aufl., Dublin 1886). - Sein Sohn Henry G., geboren um 1790, wurde 1826 für Dublin und 1832 für die Grafschaft Meath ins Parlament gewählt und machte sich 1851 durch seine Opposition gegen das Gesetz über die Titel der katholischen Bischöfe bemerklich. Er schrieb eine Biographie seines berühmtern Vaters (s. oben) und starb 16. Juli 1859.

2) Thomas Colley, engl. Novellist, geb. 1796 zu Dublin, trat jung in die Armee, nahm aber 1816 seine Entlassung und lebte seitdem auf dem Kontinent. Von 1839 bis 1853 war er britischer Konsul in Boston. Später lebte er in London, wo er 4. Juli 1864 starb. Seine Romane (wiederholt neu aufgelegt) zeichnen sich durch naturfrische Sprache, lebendigen Dialog und Schärfe der Charakteristik aus. Hervorhebung verdienen: "Philibert" (1820); "Highways and byways" (1823-25, 8 Bde.); "Legends of the Rhine and the Low Countries" (1832, 3 Bde.), mehrere historische Romane in der Art Walter Scotts: "The heiress of Bruges" (1828, 3 Bde.), "Jaqueline of Holland" (1831) u. a. Außerdem schrieb er "Civilized America" (1861, 2 Bde.), ein Dramas "The woman of color", und "Beaten paths and those Who trod them" (1862, 2 Bde.), eine Art Autobiographie.

Grattiere, die in den höhern Gebirgsregionen (auf dem "Grat") sich aufhaltenden Gemsen im Gegensatz zu den die Thäler aufsuchenden Waldtieren.

Gratuit (franz., spr. -tuih), umsonst, unentgeltlich; Gratuität, Gnadengeschenk.

Gratulieren (lat.), Glück wünschen; Gratulation, Glückwunsch; Gratulator, Gratulant, Gratulierender; gratulor, ich gratuliere.

Grätz, Heinrich, jüd. Theolog, geb. 1817 zu Xions (Posen), studierte in Breslau, wo er seit 1854 als Lehrer am jüdisch-theologischen Seminar und seit 1870 auch als außerordentlicher Professor an der Universität wirkt. Sein Hauptwerk ist die "Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart" (Leipz. 1853-75, 11 Bde.; 3. Aufl. 1879 ff.), deren einzelne Teile ins Französische, Englische, Russische und Hebräische übersetzt worden sind. Das Ergebnis einer 1872 unternommenen Forschungsreise nach Ägypten und Palästina legte er in den beiden ersten Bänden des Werkes nieder. Außerdem schrieb er: "Gnostizismus und Judentum" (Bresl. 1846); "Frank und die Frankisten" (das. 1869), Kommentare über das Buch Kohelet (Leipz. 1871), das Hohelied (Wien 1873); "Die Prophetie Joels" (1873); "Kritischer Kommentar zu den Psalmen" (Bresl. 1882-83, 2 Bde.) und zahlreiche historische Abhandlungen in den Programmen des genannten Seminars. Seit 1869 gibt G. mit P. F. Frankl die von Z. Frankel 1841 begründete "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" heraus.

Grätz (poln. Grodzisko), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Buk, an der Linie Opalenitza-G. der Preußischen Staatsbahn, hat 3 katholische und eine evang. Kirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, ein Progymnasium, bedeutende Bierbrauerei und (1885) 3906 meist kath. Einwohner.

Gratzen (tschech. Nové Hrady), Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Kaplitz, Station der Eisenbahn Wien-Eger, von Ringmauern umgeben, hat ein Schloß (des Grafen Buquoy) mit schönem Park, (1880) 2668 Einw., Glashütten, eine Parkettfabrik, ein Eisenhüttenwerk und ist Sitz eines Bezirksgerichts.

Grau, Mittelnüance zwischen Schwarz und Weiß, mit den Abstufungen Schwarzgrau, Dunkelgrau, Hellgrau, in der Regel aber durch Hinzutreten von etwas Rot, Blau, Gelb, Grün, Braun mannigfach nüanciert. Graue Farben sind in der Regel Mischungen und können in großer Mannigfaltigkeit hergestellt werden.

Grau, Rudolf Friedrich, protest. Theolog, geb. 20. April 1835 zu Heringen a. d. Werra, studierte 1854-57 in Leipzig, Erlangen und Marburg, ward an letzterm Ort 1860 Repetent an der theologischen Stipendiatenanstalt, 1861 Privatdozent, 1865 außerordentlicher Professor der Theologie und erhielt 1866 einen Ruf als ordentlicher Professor nach Königsberg. Von seinen Schriften seien genannt: "Semiten und Indogermanen in ihrer Beziehung zur Religion und Wissenschaft" (2. Aufl., Gütersloh 1867); "Entwickelungsgeschichte des neutestamentlichen Schrifttums" (das. 1871, 2 Bde.); "Bibelwerk für die Gemeinde" (Bielef. 1876 ff.). G. ist Mitherausgeber der Zeitschrift "Der Beweis des Glaubens".