Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hüftkrankheit der Greise; Hüftlahmheit; Hüftloch; Hüftnerv; Hüftweh

765

Hüftkrankheit der Greise - Hüftweh.

Giraffen etc., während die Vorfahren der Kamele amerikanischen Ursprungs zu sein scheinen.

10. Familie. Kamele (Camelidae) oder Schwielensohler (Tylopoda). Hörner und Geweih fehlen; Füße treten nicht mit den Hufen, sondern mit der schwieligen Sohle auf, Afterklauen fehlen; Hals lang; obere Schneidezähne vorhanden; am Magen fehlt der Blättermagen. Lebend nur 2 Gattungen: Camelus (s. Kamel), mit 2, und Auchenia (s. Lama) mit 4 Arten; erstere ist auf Wüsten der Alten Welt, letztere auf die Berge und Wüsten im südlichen Teil von Südamerika beschränkt. Doch sind fossile Formen in Europa (Merycotherium) und sehr zahlreich in Nordamerika (Auchenia, Procamelus, Homocamelus) gefunden worden und lassen sich bis zum miocänen Poëbrotherium, das zur Familie der Selenodonten (s. oben) gehört, rückwärts verfolgen. Hiernach haben sich die Kamele von Nordamerika aus über die Erde verbreitet, sind aber an ihrem Ursprungsort ganz ausgestorben und leben nur noch in weit voneinander entfernten Gegenden fort.

11. Familie. Zwergmoschustiere (Tragulidae). Ohne Geweih; obere Schneidezähne fehlen, beim Männchen ragen die obern Eckzähne wie Hauer vor; am Magen fehlt der Blättermagen; im übrigen hirschähnlich, aber klein. Lebend nur die Gattungen: Tragulus, mit 5 Arten in Ostindien und den größern dortigen Inseln, und Hyomoschus, mit einer Art in Westafrika; fossil eine Art Hyomoschus aus Südfrankreich sowie mehrere europäische Gattungen.

12. Familie. Moschustiere (Moschidae), neuerdings auch wohl der folgenden Familie eingereiht; ohne Geweih; Gebiß wie bei der vorigen Familie; Magen mit allen vier Abteilungen; Männchen mit Moschusbeutel hinter dem Nabel. Lebend nur die Art Moschus moschifer, das Moschustier (s. d.), in Zentralasien; fossil europäische Gattungen, die sich in einer Reihe: Amphitragulus, Microtherium, Dichodon und Dichobune, auf die Selenodonten (s. oben) zurückleiten lassen.

13. Familie. Hirsche (Cervidae). Männchen, seltener auch alte Weibchen mit Geweih, das periodisch abgestoßen und erneuert wird (s. Geweih); die obern Schneidezähne, meist auch die obern Eckzähne fehlen; Afterzehen vorhanden. Lebend 6 Gattungen, mit etwa 50 Arten, die in den Wäldern und offenen Ebenen von Europa, Asien und Amerika, in Afrika nur an der Nordküste, in Australien und Polynesien gar nicht vorkommen. Hierher unter andern Alces, Elen (s. d.), Rangifer, Renntier (s. d.), Cervus, Hirsch (s. d.) und Reh (s. d.), Dama, Damhirsch (s. d.). Fossil sind Hirsche in Europa sehr häufig, in Amerika sehr selten gefunden worden; hierher unter andern der Riesenhirsch oder Schelch (Megaceros hibernicus) aus Irland (s. Tafel "Diluvium"), der noch im 12. Jahrh. gelebt haben soll.

14. Familie. Giraffen (Camelopardalidae) oder Abschüssige (Devexa). An Stelle des Geweihs zwei von Haut überzogene Knochenzapfen; obere Schneide- und Eckzähne fehlen; Schultern viel höher als das Becken, Schwanz lang. Lebend nur die Art Camelopardalis giraffa, die Giraffe (s. d.), in den offenen Landstrichen Afrikas; fossil ist sie wie auch die ältere Gattung Helladotherium in Südeuropa und Ostindien gefunden worden.

15. Familie. Horntiere (Cavicornia), d. h. die Gattungen Rind, Schaf, Antilope, Gemse etc.; s. Horntiere.

Vgl. Cuvier, Recherches sur les ossements fossiles (3. Aufl., Par. 1846); Kowalewski, Versuch einer natürlichen Klassifikation der fossilen H. (Kassel 1873); Sundevall, Übersicht über die wiederkauenden Tiere (Stockh. 1844); Gray, Synopsis of the species of deer (Lond. 1850).

Hüftkrankheit der Greise (Malum senile coxae), s. Gelenkentzündung (5).

Hüftlahmheit (Lendenlahmheit), Sammelname für verschiedene krankhafte Zustände in dem obern Teil der Hintergliedmaßen (bei den Haustieren), welche Lahmgehen veranlassen. Es gehören hierzu außer unvollständigen Verrenkungen und Verstauchungen, Dehnungen und Zerrungen von Muskeln Rheumatismen und andre entzündliche Reizungen bedingende Krankheitsvorgänge und -Zustände, welche das Hüftgelenk und dessen Umgebung betroffen haben. In vielen Fällen ist die Ursache einer Lahmheit in einer derartigen, oft nur schwer oder gar nicht genauer zu bestimmenden Abnormität zu suchen; ebenso häufig dient der Name, aber ohne rechten Grund, zur Erklärung einer mehr oder weniger schwierig erkennbaren Ursache des Lahmgehens auf dem Hinterfuß. Die Erscheinungen der H. sind sehr verschieden und meist recht wenig charakteristisch; man sucht den Grund der Lahmheit in der Hüfte und den dort gelegenen Teilen, wenn die Tiere mit der Sohle des Hufs fest auftreten, bei der Schrittbewegung kurz vorwärts treten und den Unterschenkel gleichsam nachschleppen, wenn in den untern Teilen der Gliedmaßen Abnormitäten nicht bestehen und in unmittelbarer oder weiterer Umgebung des Hüftgelenks vermehrte Wärme und Schmerz sich kundgeben. Aus dem Gesagten geht zur Genüge hervor, daß die Behandlung auf die Erreichung sehr verschiedener Ziele gerichtet sein muß; ein großer Teil der althergebrachten Mittel, vom kalten Wasser bis zu scharfen Salben, Eiterbändern und Brennen, verdankt wesentlich dem Umstand seinen Ruf, daß mit der Zeit zum Teil die die Lahmheit bedingenden Krankheitszustände zur Ausgleichung gelangen.

Hüftloch, s. Becken, S. 588.

Hüftnerv, s. Bein, S. 627.

Hüftweh (Neuralgīa ischiadĭca, Ischĭas postĭca), ein Nervenschmerz, der sich in der Regel in der Gegend von dem Gesäß bis zur Kniekehle und in die Waden, von da längs des Wadenbeins bis zum äußern Knöchel, zur Ferse und zum äußern Fußrand, jedoch selten in der ganzen Ausdehnung des Verlaufs des ischiadischen Nervs bemerklich macht. Zuweilen sitzen die Schmerzen in der Fußsohle. Das Übel ist bald einseitig, bald beiderseitig, wird aber auch in diesem Fall meist nur einseitig empfunden. In der Regel bildet es sich allmählich aus. Eigentümlich ist auch diesem Leiden, wie allen Neuralgien, deren hervorragendes und fast einziges Symptom der Schmerz ist, daß dieser letztere in Anfällen mit längern oder kürzern Pausen auftritt, wobei jedoch auch in diesen der kranke Teil nicht ganz schmerzlos ist, das Bein vielmehr stets in halber Krümmung gehalten und so unterstützt wird. An den Stellen, wo man den Nerv an den unterliegenden Knochen andrücken kann, wie z. B. in der Kniekehle, hinter dem Rollhügel, am Knöchel etc., ist er schmerzhaft. Zuweilen entstehen Muskelkrämpfe, besonders in den Waden und in der Fußsohle, auch allgemeines Muskelzittern. Dabei ist die Temperatur des Beins nicht verändert, auch keine Geschwulst zu bemerken. Bei längerm Bestehen der Krankheit magert das Bein ab, aber nur infolge des Nichtgebrauchs desselben. Über die Ursachen der Ischias ist man noch im Dunkeln. Meist wird eine Erkältung als Ursache angenommen. Das Alter von 20-60 Jahren ist dem Übel, wie überhaupt den Neuralgien, am meisten unterworfen. Tödlich wird die Krankheit eigentlich nie; doch kann ein längeres Andauern derselben, öftere Wiederkehr etc. die Ernährung und das Wohlbefinden des Betreffenden stören. Die Behandlung hat sich zumeist nach der Ursache zu richten. Bei frischem und plötzlichem Auftreten ist es geraten, die Kranken mit entsprechender Lagerung des Beins im Bett zu halten. Anfänglich thun kalte Umschläge die besten Dienste, auch Schröpfköpfe und Blutegel leisten öfters Ersprießliches. Später sind Hautreize, narkotische oder beruhigende oder reizende Einreibungen, namentlich mit Chloroform, Veratrinsalbe etc., auch innerlich beruhigende Mittel, besonders aber das Morphium in Gestalt von subkutanen Einspritzungen empfohlen. Zur Nachkur eignen sich warme Bäder, namentlich Wiesbaden, Wildbad, Gastein, Baden, Aachen etc. Wie bei allen Neuralgien, so wird auch beim H. von dem Wechsel des Aufenthaltsorts