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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hanke; Hänke; Hankel; Hankeou

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Hanke - Hankeou.

er sich ganz der Litteratur und wurde 1818 zum Bibliothekar des Böhmischen Nationalmuseums zu Prag ernannt, dessen Schätze er in der Folge durch Acquisitionen und Funde mancherlei Art bereicherte. Auf einem Ausflug nach Königinhof entdeckte H. in dem dortigen Kirchturm 1817 die unter dem Namen Königinhofer Handschrift (s. d.) berühmt gewordene Sammlung angeblich altböhmischer Gedichte, durch deren Herausgabe (Prag 1818) er sich einen Namen erwarb, aber infolge der schweren Bedenken, die man gegen die Echtheit derselben erhob, auch viel Mühe und Ärger zuzog. Jetzt wird die Unechtheit der Handschrift selbst von tschechischen Gelehrten zugestanden und H. selbst nicht nur dieser, sondern noch anderer Fälschungen (in der Nomenklatur der Kunstwerke des Böhmischen Museums) beschuldigt. Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen nennen wir zunächst die poetischen Arbeiten aus seiner Jugendzeit: "Písne" (Lieder, 1815; 5. Aufl. 1851), die sehr gefielen, und von denen manche volkstümlich wurden; ferner die böhmische Übersetzung serbischer Volksdichtungen (1817) und des altrussischen Epos "Igors Heereszug" (1821). Seine übrigen Schriften bewegen sich auf dem Gebiet der böhmischen Geschichte, Litteratur und Grammatik, Altertumskunde und Numismatik. Wir führen an: "Kurze Geschichte der slawischen Völker" (Prag 1818); "Starobylá skládanie", eine Sammlung von Denkmälern der altböhmischen Litteratur (das. 1817-26, 5 Bde.); "Böhmische Grammatik", nach Dobrovsky (das. 1822); "Deutsch-böhmisches Wörterbuch", von Dobrovsky angefangen, von Puchmayr fortgesetzt und von H. beendet (das. 1821), sowie seine Elementargrammatiken der polnischen (1839), der kirchenslawischen (1846), der russischen Sprache (1850). Auch gab er "Das Rechtsbuch Vsehrds" (1841) und "Das Evangelium Remense" (im kirchenslawischen Urtext, 1846) heraus. Das Jahr 1848 zog H. in das öffentliche Leben. Er wurde in den Nationalausschuß gewählt, beteiligte sich (ein eifriger Panslawist) an dem Prager Slawenkongreß, gründete den politischen Verein Slovanska Lipa unterzeichnete 4. April den Protest der böhmischen Schriftsteller gegen das reaktionäre Preßgesetz vom 29. März, wurde alsdann vom Königgrätzer Bezirk in den Wiener Reichstag gewählt, lehnte jedoch das Mandat ab und kehrte zu seiner wissenschaftlichen Thätigkeit zurück. Im Winter 1848 habilitierte er sich an der Prager Universität als Dozent der slawischen Sprachen. Seine litterarische Wirksamkeit beschränkte sich fortan auf verbesserte Herausgabe seiner frühern Werke und auf Veröffentlichung alter böhmischer Chroniken, so der von Dalimil (Prag 1848 u. 1850) und von Prokop Lupác (das. 1848). Er starb 12. Jan. 1861 in Prag.

Hanke, Henriette Wilhelmine, geborne Arndt, Romanschriftstellerin, geb. 24. Juni 1784 zu Jauer, verheiratete sich 1814 mit dem Pfarrer H. zu Dyhernfurt a. O., nach dessen Tod 1819 sie nach Jauer zurückkehrte, wo sie 15. Juli 1862 starb. Der Beifall, den ihr Erstlingswerk: "Die Pflegetöchter" (Liegn. 1821, 2. Aufl. 1832), fand, ermutigte sie zu weitern Arbeiten, so daß eine Unzahl von Romanen und Erzählungen nachfolgte. Die beliebtesten waren: "Claudia" (Liegn. 1825, 3 Bde.); "Bilder des Herzens und der Welt" (das. 1822, 4 Bde.); "Die Freundinnen" (das. 1826, 3 Bde.); "Die Perlen" (2. Aufl., Hannov. 1836, 2 Bde.); "Die Schwiegermutter" (2. Aufl., das. 1833, 2 Bde.); "Vergeltungen" (Berl. 1830, 2 Bde.); "Die Schwester" (Hannov. 1831, 2 Bde.); "Eine schlesische Gutsfrau" (das. 1850, 2 Bde.) Die eintönige Hausbackenheit und Nüchternheit dieser Romane ward nur durch eine gewisse schwächliche Sentimentalität unterbrochen; der Beifall, dessen sie sich erfreuten, galt den treffenden Schilderungen alltäglicher Zustände und Charaktere. Ihre "Sämtlichen Schriften" erschienen in 126 Bänden (Hannov. 1841 bis 1856).

Hänke, bei botan. Namen für Th. Hänke, geb. 1761 zu Kreibitz in Böhmen, bereiste Chile, Peru, Mexiko, die Philippinen etc., starb als spanischer Botaniker 1817 zu Cochabamba in Bolivia.

Hankel, 1) Wilhelm Gottlieb, Physiker, geb. 17. Mai 1814 zu Ermsleben, studierte in Halle Naturwissenschaft, ward 1835 Assistent am physikalischen Kabinett der Universität und 1836 Lehrer der Naturwissenschaft an der Realschule der Franckeschen Stiftungen. 1840 habilitierte er sich als Privatdozent für Physik und Chemie, ward 1847 außerordentlicher Professor und 1849 Professor der Physik in Leipzig. Er erforschte das Verhalten der thermoelektrischen Kristalle und der thermoelektrischen Ströme zwischen Metallen und Mineralien, die magnetischen Wirkungen des Entladungsstroms und die Spannungen der Metalle unter sich und gegen Wasser. Er beschrieb neue Methoden und Instrumente zur Messung der atmosphärischen Elektrizität und gab auch eine neue Theorie der Elektrizität. Er schrieb: "Elektrische Untersuchungen" (Leipz. 1856-83, 17 Abhandlungen). Auch besorgte er die deutsche Ausgabe von Aragos Werken (Leipz. 1854-60, 16 Bde.).

2) Hermann, Sohn des vorigen, geb. 14. Febr. 1839 zu Halle, studierte unter Riemann, Möbius und Scheibner Mathematik und habilitierte sich 1863 zu Leipzig. 1867 zum außerordentlichen Professor ernannt, folgte er in demselben Jahr einem Ruf als ordentlicher Professor nach Erlangen und 1869 einem ebensolchen nach Tübingen, wo er 29. Aug. 1873 starb. Von seinen zahlreichen verdienstvollen Schriften heben wir als besonders wertvoll hervor: "Zur allgemeinen Theorie der Bewegung der Flüssigkeiten" (Preisschrift, 1861); "Vorlesungen über die komplexen Zahlen und ihre Funktionen" (Leipz. 1867, unvollendet); "Zur Geschichte der Mathematik im Altertum und Mittelalter" (das. 1874), "Vorlesungen über die Elemente der projektivischen Geometrie" (das. 1875), letztere beiden aus seinem Nachlaß. Vgl. seine Biographie von W. v. Zahn in den "Mathematischen Annalen", Bd. 7.

Hankeou (Hankhëu), Stadt in der chines. Provinz Hupe, am Jantsekiang, etwa 965 km von seiner Mündung (936 km von Schanghai) entfernt, Handelsmittelpunkt für den fremdländischen Verkehr mit den westlichen und zentralen Provinzen und den Fremden seit 1858 eröffnet. H. wird durch den Hanfluß, der dort in den Jantsekiang mündet, von der Stadt Hanjang getrennt; ihnen gegenüber am rechten Ufer des Hauptflusses liegt Wutschang. Die Einwohnerzahl soll für H. 700,000, für Wutschang 200,000, für Hanjang 100,000 betragen. Mehrere Gesellschaften unterhalten regelmäßige Dampfschifffahrtsverbindungen zwischen H. und Schanghai. Anfangs wurden an 70 Proz. der fremden Einfuhr durch europäische Handlungshäuser vermittelt, von welchen 26 hier ansässig sind. Hauptartikel der Ausfuhr ist Thee, darunter ⅙ Ziegelthee; der Einfuhr Baumwolltücher und russisches Tuch. H. ist auch ein Hauptstapelplatz für den russisch-chinesischen Handel; die Waren dahin gehen auf dem Wasser nach Tiëntsin, von dort nach Kalgan, bis wohin sie nur 266 km weit zu Lande transportiert werden, dann quer durch die