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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hinterlegungsvertrag; Hinterleib; Hintermann; Hinterquartier; Hinterrhein

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Hinterlegungsvertrag - Hinterrhein.

nen preußischen Landrechts; § 85, 72, 102, 103, 647, 650, 652, 657, 659, 668, 688, 716, 728, 738, 750, 803, 810 der deutschen Zivilprozeßordnung; § 117, 174, 419, 488 der Reichsstrafprozeßordnung; § 70, 118 der Reichskonkursordnung; § 58 der preußischen Vormundschaftsordnung; § 95, 106 der preußischen Grundbuchordnung; § 33 der Subhastationsordnung; § 9, 146 des preußischen Berggesetzes vom 24. Mai 1865. Es muß nach einem vorgeschriebenen Formular eine alle notwendigen Angaben enthaltende Hinterlegungserklärung doppelt eingereicht werden. Die Zurückzahlung erfolgt nur auf Antrag, wenn nicht etwa auf das Hinterlegte Arrest gelegt und wenn überhaupt die Berechtigung des Empfängers klargestellt ist.

Durch die Übergabe einer Sache an einen nur zur unentgeltlichen Aufbewahrung sich Verpflichtenden entsteht schon nach römischem Recht ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen demjenigen, welcher übergibt und welcher keineswegs der Eigentümer der Sache zu sein braucht, und demjenigen, welcher empfängt, Hinterlegungsvertrag oder Depositalkontrakt (depositum) genannt. Das Wesen dieses Vertrags besteht darin, daß jemand (Deponent, Depositor) einem andern (Depositar) eine bewegliche Sache zur unentgeltlichen Aufbewahrung mit der Verpflichtung zu späterer Rückgabe übergibt. Das diese Sache Eigentum des Deponenten sei, ist nicht notwendig; genug, wenn sie dem Depositar eine fremde ist. Obgleich eine freiwillige Vergeltung von seiten des Deponenten nicht ausgeschlossen ist, so erfordert doch das Wesen dieses Kontrakts, daß die Aufbewahrung unentgeltlich geschieht, da außerdem ein andrer Kontrakt, z. B. Mietvertrag, vorläge. Die Sache darf lediglich nur zu dem Zweck der Aufbewahrung, nicht zur Benutzung gegeben werden, da im entgegengesetzten Fall wiederum ein andrer Vertrag, z. B. Darlehen, entstehen würde. Der Depositar haftet so, daß er, wenn die Sache durch vorsätzliche rechtswidrige Handlungsweise desselben oder grobe Nachlässigkeit (dolus und culpa lata) beschädigt wird, abhanden kommt oder untergeht, zur Entschädigung verpflichtet ist. Im allgemeinen muß der Depositar alle die Sorgfalt auf die ihm anvertraute Sache wenden, mit welcher er seine eignen Sachen behandelt; in einigen Fällen hat derselbe sogar die Gefahr des Zufalls zu trugen, z. B. wenn er mit der Rückerstattung zögerte oder die Sache kontraktwidrig gebrauchte. Der Depositar hat die Sache in jedem Fall zurückzuerstatten und hat nach gemeinem Recht wegen Gegenforderungen an den Deponenten, z. B. wegen Verwendungen, die er für die deponierte Sache gemacht hat, kein Retentionsrecht, während ihm das preußische Landrecht für seine Auslagen und Bemühungen ein solches einräumt. Die Zurückgabe der Sache findet in der Regel an dem Ort statt, an welchem sich dieselbe befindet, und zu jeder Zeit, wenn sie der Deponent zurückverlangt. Dem Deponenten steht eine Klage (depositi actio directa) auf Zurückgabe der Sache und Ersatz des Schadens, welchen der Depositar daran verschuldet, zu. Die Verurteilung auf eine solche Klage hin zog nach römischem Rechte die Infamie des verurteilten Depositars nach sich; heutzutage kann unter Umständen Verurteilung wegen Unterschlagung eintreten. Der Depositar hat die Actio depositi contraria auf Erstattung der auf die deponierte Sache verwendeten Kosten sowie auf Ersatz des durch jede Schuld des Deponenten ihm verursachten Schadens. Das Depositum wird eingeteilt in Depositum simplex (einfaches Depositum), welches unter den gewöhnlichen Umständen geschieht, und Depositum miserabile, wenn im Fall einer dringenden Not, z. B. bei Wassers- oder Feuersgefahr, jemand eine Sache anvertraut wird; die Klage geht in solchem Fall nach gemeinem Recht aufs Doppelte; in Depositum regulare, wenn die gewöhnlichen, aus dem Begriff sich ergebenden Grundsätze zur Anwendung kommen, und Depositum irregulare, wenn dem Depositar vertretbare (fungible) Sachen, z. B. eine Summe Geldes, eine Quantität Getreide, dergestalt übergeben werden, daß er seiner Zeit nicht genau das Erhaltene selbst (idem), sondern nur eine gleiche Quantität und Qualität (tantundem) zurückerstatten soll. In diesem Fall geht auch, wie bei dem Darlehen, das Eigentum und die Gefahr auf den Depositar über, sonst aber wird das Geschäft der Absicht der Kontrahenten gemäß wie ein Hinterlegungsvertrag behandelt. Daß die H. einer Summe ein unregelmäßiges Depositum sein soll, wird stillschweigend angenommen, wenn eine Summe unverschlossen hinterlegt wird. Im Bankverkehr ist das Depositalwesen ein sehr ausgebildetes, und besondere Depositenbanken beschäftigen sich damit (s. Banken, S. 324). Vgl. Kunze, Die (preußische) Hinterlegungsordnung (Berl. 1880).

Hinterlegungsvertrag, s. Hinterlegung.

Hinterleib, s. v. w. Unterleib, s. Bauch.

Hintermann, s. Wechsel.

Hinterquartier, hinter dem Drehpunkt liegende Schiffsteile, besonders in Bezug auf Takelage gebräuchlich.

Hinterrhein, einer der beiden Quellflüsse des Rheins, 56 km lang, entspringt in den Wildnissen der Adulagruppe, im Zapportgletscher, und arbeitet sich dann durch die "Hölle", einen schauerlichen Felsschlund, an der von Gletscherarmen umrahmten Schafweide Paradies vorbei. Von den Moschelgletschern stürzen zwölf weitere Quellbäche des Hinterrheins herab. So verstärkt, fließt derselbe dem ersten Dorf entgegen: Hinterrhein (146 Einw.), wo die Straße über den Bernhardin an der Thalseite sich emporwindet. Diese oberste Thalstufe, die noch die Orte Medels, Nufenen, Splügen und Sufers umfaßt, ist ein von Gebirgen, von Eis- und Schneefeldern umrahmter, von Lawinen bedrohter, noch waldreicher Thalkessel (Val Rin, deutsch korrumpiert Rheinwald), dessen Bewohner, 1191 Köpfe stark, ein deutsches, protestantisches Völkchen, die "Freien vom Ryn", bilden. Er liegt bei Hinterrhein 1616, bei Splügen 1450 m ü. M. Mit einem Wasserfall stürzt sich der Strom in den Felsschlund der Roffla, in welchem, von der rechten Seite herbrausend, der Averser Rhein sich mit dem Hauptwasser vereinigt (1089 m). Wo die Schlucht wieder zum Thal sich erweitert, öffnet sich die zweite Stufe, das Schams, kürzer, breiter, mattengrüner und behäbiger als Rheinwald, mit 14 Gemeinden, deren Bewohner, ein rätoromanisches, protestantisches Völkchen, 1819 Köpfe stark sind. Das Thal verengert sich dann wieder zur berühmten Schlucht der Via mala (s. d.). Bei Thusis (719 m) erweitert sich die Schlucht zum offenen, fruchtbaren, mit Dörfern und Burgen übersäeten Tomleschg (weniger richtig Domleschg, rätoromanisch Tomiliasca, d. h. das Thal des einstigen Reichshofs Tomils), einer Thallandschaft, wo im Thalgrund und an den Abhängen zu beiden Seiten 6263 Einw. beider Nationalitäten und Konfessionen (doch deutsch und protestantisch vorherrschend) sich angesiedelt haben. Unmittelbar vor der Via mala wälzen von der Linken die Nolla (vom Piz Beverin),