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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Jansenismus; Jansenisten; Janson; Janssen

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Jansenismus - Janssen.

für Frankreich, und jetzt nahm das Parlament die Bulle unter dem Vorbehalt der Rechte der Krone und der Freiheiten der gallikanischen Kirche an. In derselben Weise unterzeichnete auch Noailles die Bulle. Alle, welche seinem Beispiel folgten, hießen Acceptanten; die Nichtacceptierenden traf harte Strafe. Als aber Papst Benedikt XIII. die unbedingte Annahme der Bulle Unigenitus auf einer Synode zu Rom (1725) forderte, sah sich Noailles (1728) zu vollständiger Unterwerfung genötigt, und das Parlament ward durch einen Akt der königlichen Souveränität (lit de justice) zur Einregistrierung derselben als Reichsgesetz (1730) gezwungen. Schon vor seiner nunmehr erfolgenden gänzlichen Unterdrückung war der Jansenismus vielfach in Mystizismus umgeschlagen (s. Konvulsionäre).

In gesunder Gestalt dagegen hat er sich fortgepflanzt in den Niederlanden, wohin sich die Jansenisten aus Frankreich flüchteten. Nachdem schon früher die Erzbischöfe von Utrecht der jesuitischen Moral und Praxis Widerstand geleistet und deshalb oft Gegenstand jesuitischer Verdächtigungen in Rom gewesen waren, kam es unter dem Erzbischof Codde (gest. 1710), welcher wenigstens im Punkte der Question du fait jansenistisch dachte, 1703 zum Bruch, indem Codde abgesetzt, das päpstliche Urteil vom Utrechter Kapitel jedoch nicht anerkannt wurde. Ein nach 13jährigem Interregnum gewählter Nachfolger, Cornelius Steenowen, erhielt die päpstliche Bestätigung nicht, und so kam es 1723 zur Gründung eines eignen, öffentlich anerkannten Kirchenwesens, dem der Erzbischof von Utrecht und die Bischöfe von Haarlem und Deventer vorstehen. Sie und ihre Anhänger erklärten sich zwar ihrem Glauben nach für Glieder der katholischen Kirche, erkannten auch den Papst als sichtbares Oberhaupt der Kirche an, verwarfen aber seine Infallibilität und die Bulle Unigenitus. Mehrere päpstliche Breven (1765, 1778) verdammten diese Beschlüsse, und Papst Leo XII. belegte den neuerwählten Bischof von Utrecht und den Bischof von Deventer (1825) mit dem Bann. Es wird jede Neuwahl eines Bischofs der "Kirche von Utrecht" zu Rom angezeigt und hier regelmäßig mit einem Bannfluch beantwortet. Dieser Kirche gehören jetzt etwa noch 27 Gemeinden mit etwa 8000 Seelen in Holland an. Die öffentliche Aufmerksamkeit hat sich ihnen namentlich wieder infolge ihrer Verwerfung sowohl der 1854 von Pius IX. oktroyierten Lehre von der unbefleckten Empfängnis Mariä als auch der Neuerungen des vatikanischen Konzils und ihrer Verbrüderung mit dem Altkatholizismus zugewendet, welcher die "Kirche von Utrecht" des Jansenismus im dogmatischen Sinn ledig sprach und sich ganz auf eine Grundlage mit ihr stellte. Vgl. Reuchlin, Geschichte von Port-Royal (Hamburg u. Gotha 1839-44, 2 Bde.); Nippold, Die altkatholische Kirche des Erzbistums Utrecht (Heidelb. 1872); Schill, Die Konstitution Unigenitus (Freiburg 1876); Sainte-Beuve, Port Royal (4. Aufl., Par. 1878, 7 Bde.); Fuzet, Les Jansénistes du XVII. siècle (das. 1877).

2) Erich, Schwärmer, s. Läsare.

Jansenismus und Jansenisten, s. Jansen 1).

Janson, Kristoffer, norweg. Dichter, geb. 5. Mai 1841 zu Bergen, schloß sich in Christiania, wo er bis 1865 Theologie studierte, der nationalen Sprachbewegung, den sogen. Maalsträvere, an (s. Norwegische Litteratur) und leitete dann mehrere Jahre eine sogen. Volkshochschule, d. h. eine Schule für erwachsene Bauernburschen und Bauernmädchen. Zugleich trat er als Erzähler mit Geschichten aus dem Bauernleben auf, wie "Fraa Bygdom" (1865), "Han og ho" u. "Marit Skjølte" (1868), "Torgrim" (1872); "Den Bergtekne" (1876) u. a., ließ auch einen Band lyrischer Gedichte: "Norske Dikt" (1867), sowie eine historische Tragödie: "Jon Arason" (1867), erscheinen. 1876 erhielt er vom norwegischen Storthing einen Jahressold von 1600 Kronen für seine Verdienste um Sprache und Litteratur ausgesetzt. Weitere Dichtungen von J. (wie die frühern in der norwegischen Bauernsprache geschrieben) sind: "Sigmund Bresteson", episches Gedicht (1872); "Fraa Dansketidi", historischer Roman aus dem 16. Jahrh. (1875); "Austanfyre sol og Vestanfyre Maane", Märchendichtung (1879), und "En Kvindeskjabue" (1879), ein modernes Drama in der norwegischen Schriftsprache geschrieben. 1882 siedelte er nach Amerika über, wo er Prediger einer unitarischen Gemeinde ward. Sein neuestes und in mehreren Beziehungen reifstes Dichterwerk: "Præriens Saga" (1885), hat er dort geschrieben. In der letzten Zeit hat er sich durch eine Reihe von Flugschriften auch als freidenkerischer Theolog bethätigt.

Janssen, 1) Pierre Jules César, Astrophysiker, geb. 1824 zu Paris, Mitglied des französischen Längenbüreaus und seit 1873 Mitglied der Pariser Akademie sowie Direktor des in Meudon bei Paris nach seiner Angabe eingerichteten, 1877 eröffneten physikalisch-astronomischen Observatoriums. Seine Arbeiten bewegen sich größtenteils auf dem Gebiet der Spektralanalyse. 1866 trat er zuerst mit einer mehrere Jahre umfassenden Reihe von Beobachtungen und Versuchen auf, die er in der Schweiz, in Sizilien und Süditalien, zuletzt in den Pariser Gaswerken angestellt hatte, und in welchen er als Ursache der sogen. atmosphärischen Linien des Sonnenspektrums die Wasserdämpfe der Luft nachwies. 1868 zur Beobachtung der totalen Sonnenfinsternis nach Guntoor in Ostindien geschickt, erkannte er, daß die Protuberanzen der Sonne aus glühendem Wasserstoff bestehen, und es gelang ihm, solche Protuberanzen, die man bis dahin nur bei Finsternissen bemerkt hatte, noch ein paar Wochen lang nachher mit dem Spektroskop zu beobachten. Im Verlauf seiner spektroskopischen Untersuchungen kam er 1870 auf eine Methode der quantitativen Spektralanalyse. 1874 beobachtete er in Japan den Venusdurchgang, und auf der Reise dahin wurden im Golf von Siam und im Bengalischen Busen magnetische Beobachtungen angestellt. Der große auf dieser Expedition benutzte Photoheliograph bildet eins der Hauptinstrumente des neuen Observatoriums in Meudon, und mit demselben hat J. neuerdings eine Reihe großer Sonnenphotographien erhalten, welche mit der Lupe Details der Sonnenoberfläche erkennen lassen, die bei direkter Beobachtung mit dem Fernrohr unsichtbar bleiben (vgl. Sonne).

2) Johannes, Geschichtsforscher, geb. 10. April 1829 zu Xanten, studierte katholische Theologie und ließ sich zum Priester weihen, widmete sich aber dem Lehrfach und ward als Professor der Geschichte für die katholischen Schulen an das Stadtgymnasium in Frankfurt a. M. berufen, wo er noch jetzt wirkt. Er trat hier mit dem eifrig großdeutsch gesinnten, preußenfeindlichen und, obwohl lutherischen, doch ultramontanen Geschichtsforscher J. Fr. ^[Johann Friedrich] Böhmer in freundschaftliche Beziehungen und gab nach dessen Tod sein "Leben, Briefe und kleinere Schriften" (Freiburg 1868, 3 Bde.) heraus. J. ist einer der thätigsten und bedeutendsten unter den wenigen deutschen Gelehrten, welche sich entschieden zur ultramontanen Partei halten, und bemüht sich, mit großem Fleiß schriftstelle-^[folgende Seite]