652
Kautsky – Keller
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Kautionsversicherung'
gebern jeder Art (Behörden, Genossenschaften, Krankenkassen, Vereinen, Aktiengesellschaften, Bankhäusern, industriellen oder kaufmännischen
Unternehmungen) Versicherung gegen diejenigen Verluste zu gewähren, die sie durch Veruntreuung von Geldern oder Werteffekten seitens ihrer Angestellten,
vom Direktor bis zum Boten, erleiden können, also besonders die Dienstkautionen zu ersetzen oder zu ergänzen, welche Angestellte, namentlich
Kassenbeamte, wegen der täglich durch ihre Hände gehenden hohen Wertbeträge zu leisten haben. Die K. erfolgt in verschiedener Weise. Zunächst werden K.
diejenigen Lebensversicherungen genannt, welche abgeschlossen werden, um von der Versicherungsgesellschaft auf die Police, die einen fortwährend
wachsenden Beleihungswert darstellt, ein verzinsliches Darlehn zu entnehmen, mit welchem dann die Kaution bestellt wird. Die auf solche Weise zu
beschaffende Summe kann aber, da das Darlehn nur auf Höhe der rückzahlbaren Prämienreserve bemessen wird, besonders für den Anfang der Versicherung
nur gering sein und deshalb diese K. für den beabsichtigten Zweck in vielen Fällen nicht ausreichen. Es sind daher seit 1890 besondere
Kautions-(Garantie-) Versicherungsgesellschaften errichtet worden, die die Bürgschaft für den betreffenden
Angestellten übernehmen, ohne hierzu den Abschluß einer Lebensversicherung für ihn zu verlangen, und im Schadenfalle den Verlust im vollen Umfang bis zur
Höhe der auf den Angestellten versicherten Summe ersetzen. Die Prämiensätze bewegen sich im allgemeinen zwischen ½ und 3 Proz. der versicherten Summe
für jedes Jahr. Prämienermäßigungen treten ein, wenn das ganze Personal eines Arbeitgebers oder auch eine größere Anzahl von Angestellten versichert wird,
oder wenn ein Angestellter noch eine besondere Sicherheit für die zu garantierende Summe hinterlegt. Seit 1894 besteht in Mannheim auch eine
Beamten-Kautionsdarleihkasse, die öffentlichen Beamten Kautionsdarlehen zur Neubestellung, Erhöhung oder
Ablösung ihrer Dienstkautionen gewährt, sich dabei das Eigentumsrecht an der Kaution vorbehält, sich gegen Verluste an ihren Kautionsdarlehen bei
Kautionsversicherungsgesellschaften versichert und von den Darlehnsnehmern keine Bürgschaften oder sonstige Sicherheiten, auch nicht den Abschluß einer
Lebensversicherung, sondern nur die Rückzahlung der Darlehen in Vierteljahrsraten, und zwar nach Wahl des Darlehnsnehmers in 5 bis 25, bei größern
Beträgen bis zu 45 Jahren, mit Zinsen verlangt. Nach gänzlicher Tilgung des Darlehns geht die Kaution in das Eigentum des Darlehnsnehmers über.
Kautsky, Karl Johann, socialistischer Schriftsteller, geb. 16. Okt. 1854 zu Prag, besuchte 1874–78 die Universität Wien, wo er
Geschichte und Philosophie hörte, und schloß sich bereits 1874 der Socialdemokratie an, für die er seither thätig gewesen ist. Er gehört zu den
entschiedensten Vertretern der sog. Marxistischen Richtung und wirkt hauptsächlich für die Popularisierung und Fortentwicklung der Ideen von Marx und
Engels. 1880–82 war er in Zürich publizistisch thätig, 1883 begründete er mit dem Buchhändler Dietz in Stuttgart die socialistische Revue «Die neue Zeit», die
er eine Zeit lang (1885–88) von London aus leitete und seit 1890 in Stuttgart redigiert. Er schrieb unter anderm: «Der Einfluß der Volksvermehrung auf den
Fortschritt der Gesellschaft» (Wien 1880), «Karl Marx' ökonomische ↔ Lehren» (Stuttg. 1887; 5. Aufl. 1894), «Thomas More und seine
Utopie» (ebd. 1887), «Das Erfurter Programm, in seinem grundsätzlichen Teil erläutert» (ebd. 1892), «Der Parlamentarismus, die Volksgesetzgebung und die
Socialdemokratie» (ebd. 1893) und beteiligte sich an der «Geschichte des Socialismus in Einzeldarstellungen» (ebd. 1894 fg.).
Kawirondo, eine fruchtbare, gut angebaute, viehreiche und stark bevölkerte Landschaft am nordöstl. Ufer des Victoriasees, gehört
in das Bereich von Englisch-Ostafrika. Die Bewohner, völlig nackend gehend, sind ihrer Sprache und manchen Gebräuchen nach Schillukneger, also
Eingewanderte von den obern Nilgegenden, gegenwärtig aber stark mit Massaiblut vermischt.
*Kayser, Paul, wurde 1894 Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, schied aber im Okt. 1896
aus dieser Stellung und wurde darauf zum Senatspräsidenten beim Reichsgericht ernannt. – Der socialdemokratische Abgeordnete
Max K. ist nicht sein Bruder, wie Bd. 10, S. 270a, in einem Teil der Auflage
irrtümlich angegeben ist.
Kehrbach, Karl Theodor, pädagog. Schriftsteller, geb. 22. Aug. 1846 in Neustadt a. d. Orla, studierte in Jena und Leipzig
Philosophie, Germanistik und Pädagogik und war dann eine Reihe von Jahren als Lehrer, Erzieher und Bibliothekar thätig. Von der von ihm unternommenen
Ausgabe der
«Monumenta Germaniae Paedagogica» (s. d.)
erschien 1886 der erste Band; neun weitere Bände folgten bis 1890. Hierauf trat er das Verlagsrecht dieses Unternehmens an die Gesellschaft für deutsche
Erziehungs- und Schulgeschichte ab und gab in deren Auftrage außer den «Monumenta» die «Mitteilungen» heraus.
Daran schloß sich 1896 ein umfangreiches bibliogr. Unternehmen: «Das gesamte Erziehungs- und Unterrichtswesen in den Ländern deutscher Zunge. Bibliogr.
Verzeichnis und Inhaltsangabe der Bücher, Aufsätze und behördlichen Verordnungen zur deutschen Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft nebst
Mitteilungen über Lehrmittel» (Berlin). Dazu werden noch die «Texte und Forschungen » treten. Seit 1891 bearbeitet K. für die «Jahresberichte für neuere
deutsche Litteraturgeschichte» die Geschichte des Unterrichts- und Erziehungswesens. Auch veranstaltete er eine textkritische Ausgabe der Hauptwerke
Kants, ferner von Fichtes «Bestimmung des Menschen» und namentlich der Werke J. F. Herbarts (Langensalza 1882 fg.).
*Keil, Heinrich Gottfr. Theod., starb 28. Aug. 1894 zu Friedrichroda.
*Kekulé, Friedr. Aug., starb 13. Juli 1896 in Bonn.
Kelantan, malaiischer Staat, s. Kalantan.
Kellberg, Dorf und Bad (seit 1839) im Bezirksamt Passau des bayr. Reg.-Bez. Niederbayern, im SO. von Thyrnau, hat (1895) 889
kath. E., eine Eisenquelle und ein Kurhaus.
Keller, Friedrich Gottlob, der Erfinder der Holzschleiferei, geb. 27. Juni 1816 in Hainichen bei
Chemnitz als Sohn eines Webers, mußte wider seinen Willen ebenfalls die Weberei erlernen und beschäftigte sich nebenbei viel mit Mechanik. Durch die
Beobachtung eines Wespennestes angeregt, kam er bei Versuchen, Papier aus Holzfaser herzustellen, auf den Gedanken, Holz auf einem gewöhnlichen
Schleifstein naß zu schleifen (1843), wobei er erkannte, daß die abgeschliffene Holzmasse einen für die Herstellung von Papier geeigneten Stoff gebe.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 653.
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.