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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kemi; Kemma; Kemmern; Kemnate; Kemnath; Kempelen; Kempen; Kempenland; Kempten

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Kemi - Kempten.

versammlung spielte er eine untergeordnete Rolle, wirkte aber desto thätiger in der Journalistik für die Zwecke der Revolution und wurde dafür im April 1849 zum Rat im Ministerium des Innern ernannt. Nach der Katastrophe von Világos zur Gegenpartei übergehend, unterwarf er in den Werken: "Forradalom után" ("Nach der Revolution", Pest 1850) und "Még egy szó a forradalom után" ("Noch ein Wort nach der Revolution", das. 1851) die ungarische Revolution einer scharfen Kritik. Nach kurzer Haft von den Kriegsgerichten freigesprochen, nahm er seine litterarische Thätigkeit im "Pesti Napló" wieder auf, welcher das maßgebende politische Organ in Ungarn bis zur Vereinigung des linken Zentrums mit der Deák-Partei blieb. K. veröffentlichte noch die ausgezeichneten biographischen Charakterbilder der beiden Wesselényi und des Grafen Stephan Széchényi (Pest 1850), die Romane: "Férj és nö" ("Mann und Weib", das. 1852, 2 Bde.); "Ködképek a kedély láthatárán" ("Nebelbilder am Horizont des Gemüts", das. 1855); "Szerelem és hiúság" ("Liebe und Eitelkeit", das. 1855); "Zord idö" ("Wilde Zeit", das. 1861-62, 4 Bde.) u. a. Seit 1847 Ehrenmitglied der ungarischen Akademie und bis 1873 Präsident der Kisfaludy-Gesellschaft, starb er 22. Dez. 1875 auf seinem Landgut Pußta-Kamarás in Siebenbürgen. Seine ästhetisch-kritischen Arbeiten sind unter dem Titel: "K. Zsigmond tanulmányai" ("Studien", Pest 1870) gesammelt erschienen. K. zählt als Publizist wie als Romandichter zu den ungarischen Schriftstellern ersten Ranges.

Kemi (finn. Kemijoki), Fluß im finn. Gouvernement Uleåborg, durchströmt, in südlicher Richtung fließend, den 45 km langen Kemisee (Kemijärwi), bildet mehrere bedeutende Fälle und mündet nach Aufnahme zahlreicher Nebenflüsse bei dem Kreisort K. in den Bottnischen Meerbusen; Länge 408 km.

Kemma (Dscheme), eine Art Trüffel in Arabien, dient den Beduinen einen guten Teil des Jahrs zur fast ausschließlichen Speise.

Kemmern, besuchter Badeort in der südwestlichen Spitze des russ. Gouvernements Livland, 5½ km vom Rigaischen Meerbusen, an der Riga-Tukkumer Bahn, mit Schwefelquellen und Badeanstalt. Das Wasser des Hauptbrunnens hat eine Temperatur von +6° C. und soll sich besonders bei rheumatischen, skrofulösen, syphilitischen und Hämorrhoidalleiden bewähren. Vgl. Holst, Das Schwefelbad K. (Riga 1880).

Kemnate (Kemenate, Kemmat, vom mittellat. caminata, sc. camera, "Zimmer mit einem Kamin"), im Mittelalter das heizbare Wohnzimmer einer Burg (s. d. und Tafel "Burgen", Fig. 4), später das einen solchen Raum enthaltende steinerne Wohnhaus, im Gegensatz zur eigentlichen Burg (palas); auch größern Burgen gegenüber ein kleinerer Burgstall, befestigtes Wohnhaus. Solche Häuser wurden auch in Lehen gegeben, daher Kemnatlehen.

Kemnath, Bezirksstadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, am Flötz- und Schornitzbach und an der Linie Weiden-Neuenmarkt der Bayrischen Staatsbahn, hat 3 Kirchen, ein Amtsgericht, ein Forstamt, Landwirtschaft, Flachsbau, Handel mit Wetzsteinen und (1885) 1448 meist kath. Einwohner.

Kempelen, Wolfgang von, Mechaniker, geb. 23. Jan. 1734 zu Preßburg, war im Staatsdienst thätig und starb als Hofrat 26. März 1804 in Wien. Er erfand 1769 eine Schachmaschine in Form einer menschlichen Figur, die auf einem Stuhl hinter einer Kommode, auf welcher das Schachbrett aufgestellt war, saß und mit großer Geschicklichkeit Schach spielte. In derselben soll eine lebende Person verborgen gewesen sein (genaue Beschreibung im "Leipziger Magazin für Naturkunde, Mathematik und Ökonomie" 1784). K. bereiste mit seiner Schachmaschine Frankreich und England und erregte überall großes Aufsehen. Die Maschine befand sich 1822 in Paris und soll 1854 in Philadelphia verbrannt sein. K. baute auch um 1788 eine Sprechmaschine, welche die Stimme eines Kindes von 3 bis 4 Jahren nachahmte und 1821 vom Mechanikus Posch in Berlin mit Verbesserungen wiederholt wurde. K. schrieb: "Mechanismus der menschlichen Sprache" (Wien 1791, mit 27 Kupfern).

Kempen, 1) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, Knotenpunkt der Linien Neuß-Zevenaar und K.-Venloo der Preußischen Staatsbahn wie Viersen-Süchteln der Krefelder Bahn, 37 m ü. M., hat 2 katholische und eine evang. Kirche, eine Synagoge, ein Gymnasium, ein kath. Schullehrerseminar, eine Taubstummenanstalt, ein Amtsgericht, Seiden- und Samtweberei, Kratzen- und Sauerkohlfabrikation, Wachsbleicherei, Äcker-, Gemüse- und Flachsbau und (1885) 5952 meist kath. Einwohner. K. gehörte ehemals zum Erzbistum Köln und ist Geburtsort des Thomas a Kempis. Hier siegte 17. Jan. 1642 ein hessisch-französisches Korps unter Guébriant über die Kaiserlichen unter Lamboy. - 2) (Kempno) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Schildberg, Knotenpunkt der Linien Posen-Kreuzburg und Öls-Wilhelmsbrück (Breslau-Warschau) der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, eine prachtvolle Synagoge, ein Progymnasium, ein Amtsgericht, Fabrikation von Schnupftabak, Zigarren, Seife, Branntwein, Dachpappe und Asphalt, Kürschnerei, eine Dampfmahl- und Dampfsägemühle, bedeutenden Pferdehandel sowie lebhaften Zwischenhandel mit Polen und (1885) 5787 Einw., darunter 1522 Evangelische und 1839 Juden. K. ward 1661 von evangelischen Deutschen gegründet, die aber erst 1795 freie Religionsübung erhielten.

Kempenland, s. Campine.

Kempten, unmittelbare Stadt im bayr. Regierungsbezirk Schwaben, an der Iller, Knotenpunkt der Linien München-Buchloe und K.-Neuulm der Bayrischen Staatsbahn, 694 m ü. M., hat ein Schloß, eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, ein schönes Rathaus, mehrere freie Plätze mit hübschen Anlagen, Kanalisation, Gas- u. Wasserleitung und (1885) mit Garnison (ein Jägerbataillon Nr. 1) 14,368 meist kath. Einwohner. Die lebhafte Industrie umfaßt Baumwollspinnerei und -Weberei, Papier-, Holzstoff-, Maschinen-, Strumpfwaren-, Baumwollenzwirn-, Litzen-, Zündhölzer-, Holzleisten-, Pulver etc. Fabrikation, Herstellung von mathematischen Instrumenten u. Bierbrauerei; der Handel der Stadt, die Stapelplatz des Algäus ist, befaßt sich mit Käse, Butter, Leinwand, Früchten etc. Die städtischen Behörden zählen 14 Magistratsmitglieder und 36 Gemeindebevollmächtigte. Sonst ist K. Sitz eines Landgerichts (für die zehn Amtsgerichte zu: Füssen, Immenstadt, Kaufbeuren, K., Lindau, Oberdorf, Obergünzburg, Schongau, Sonthofen und Weiler), einer Handelskammer und eines Forstamtes. Von höhern Schulen befinden sich dort ein Gymnasium und eine

^[Abb.: Wappen von Kempten.]