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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kerpen; Kerria; Kerry; Kersantit; Kersey; Kertbeny; Kertsch

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Kerpen - Kertsch.

Kerpen, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Köln, Kreis Bergheim, unweit der Erft, 88 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht und (1885) 3016 Einw. K. war früher Festung und Hauptort der reichsunmittelbaren Grafschaft K. im Herzogtum Jülich. Letztere gehörte 1252-1410 einem Seitenzweig der Herren v. Manderscheid, bis 1504 den Herren v. Reckheim, fiel dann an die Herren v. Manderscheid und 1711 an die Grafen von Schäsberg, die sie noch besitzen. Durch den Lüneviller Frieden kam sie an Frankreich, 1815 an Preußen und bildet jetzt einen Teil des Kreises Bergheim.

Kerria Dec., Gattung aus der Familie der Rosaceen, Sträucher mit ganzen Blättern und gelben, ziemlich großen, einzeln am Ende kurzer Zweige stehenden Blüten. K. japonica L. (Corchorus japonicus Thunb., Goldröschen, Goldnessel), ein aus Japan stammender, sehr früh blühender, kleiner Zierstrauch mit eirund-länglichen, doppelt gesägten Blättern und meist gefüllten Blüten, hält bei uns im Freien aus. Erst seit einigen Jahren ist die ungefüllte Form eingeführt.

Kerry, Grafschaft in der irischen Provinz Munster, reicht vom Ästuar des Shannon bis zum Kenmare River und umfaßt 4799 qkm (87,1 QM.) mit 1851: 238,254, 1881: 201,039 Einw. (wovon 96,6 Proz. katholisch). Noch 49,4 Proz. der Bevölkerung sind der irischen Sprache mächtig. K. ist die rauheste, aber an Naturschönheiten reichste Provinz von ganz Irland. Die Baien von Tralee, Dingle und Kenmare schneiden tief in das Land ein und bilden von Bergen erfüllte Halbinseln. Zwischen den beiden ersten erstreckt sich die Halbinsel Corkaguiney, auf der sich im O. der Berg Baurtregaum zu 852 m, im NW. der Mount Brandon zu 953 m erheben; der westlichste Punkt derselben ist Dunmore Head, vor dem die Inselgruppe der Blaskets liegt. Im östlichen Teil der zwischen der Dingle- und der Kenmarebai liegenden Halbinsel erheben sich die Mac Gillicuddy's Reeks, das höchste Gebirge Irlands, mit dem 1041 m hohen Carrantuo Hill, und am Ostfuß der Reeks liegen die herrlichen Seen von Killarney, der obere ganz von Gebirgen eingeschlossen, der untere mit steilem West-, aber flachem Ostufer. Der Fluß Laune verbindet die Seen mit der Dinglebai. Südlich von Killarney steht der 840 m hohe Mangerton und nordöstlich davon, nahe der Grenze Corks, die 691 m hohen Paps. Der Nordostteil von K. ist ein Hügelland mit wenigen breiten Thalebenen. Der Ackerbau liegt danieder, nur die Viehzucht und Milchwirtschaft sind von einiger Bedeutung. Von der ganzen Oberfläche sind etwa 14 Proz. Ackerland, 48 Proz. Weiden, 1,5 Proz. Wald und 2,7 Proz. Gewässer. Der Viehstand bestand 1881 aus 209,739 Rindern, 82,929 Schafen, 46,630 Schweinen und 15,373 Pferden. An Mineralien gewinnt man sehr schöne Schiefer und Fliesensteine; Kupfer, Blei und Eisenerze kommen vor. Der Fischfang beschäftigt 480 Boote. Der Gewerbfleiß ist unbedeutend. Der Handel bringt Butter, Käse, gesalzenes Fleisch und Schlachtvieh zur Ausfuhr. Hauptstadt ist Tralee.

Kersantit (Kersanton), dunkles, feinkörniges, bisweilen sehr zähes Gestein, ein Glimmerdivrit, besteht aus Plagioklas und Magnesiaglimmer und enthält außerdem Augit, Hornblende, Calcit, Erzkörnchen etc. Er bildet meist schmale, weithin ziehende, eruptive Gänge in den kristallinischen Schiefern des Erzgebirges, im Oberharz, in Nassau, in den Vogesen, der Bretagne, im niederösterreichischen Waldviertel, in Asturien etc. und wird zu mancherlei Bauzwecken benutzt.

Kersey (engl., spr. -si, Kirsey), halbtuchartiger, geköperter, stark gewalkter Flanell, der weiß und gefärbt, in sehr verschiedener Feinheit, wie das feine Tuch zugerichtet und bearbeitet ist, und bei dem der Köper durch den dazu genommenen starken Einschlag bedeckt wird.

Kertbeny (spr. kertbenj, eigentlich Benkert), Karl Maria, deutsch-ungar. Schriftsteller, geb. 28. Febr. 1824 zu Wien, erlernte in Pest den Buchhandel, ging dann zum Militär, verließ dieses aber 1843 wieder und lebte seit 1845, mit litterarischen Arbeiten beschäftigt, in verschiedenen Städten des In- und Auslandes, bis er sich schließlich in Berlin niederließ. Seit 1874 unheilbar krank, starb er 23. Jan. 1882 in Budapest. K. hat sich besonders durch seine Übersetzungen ungarischer Dichter, namentlich Petöfis, Aranys, Vörösmartys und Jókais, verdient gemacht. Außerdem veröffentlichte er historisch-politische und litterargeschichtliche Skizzen, wie: "Silhouetten und Reliquien" (Prag 1861-63, 2 Bde.), "Diskretes und Indiskretes" (Brüssel 1864), "Spiegelbilder der Erinnerung" (Leipz. 1869), "Große Leute, kleine Schwächen" (Berl. 1871), "Petöfis Tod" (Leipz. 1880) u. a.

Kertsch (K.-Jenikale), Hafenstadt im russ. Gouvernement Taurien, auf der Ostküste der Halbinsel Krim, an der Straße von K. (auch Straße von Jenikale, bei den Alten Kimmerischer Bosporus genannt), die 42 km lang und 4-40 km breit ist, aber zum Teil nur 4,2 m Tiefe hat, so daß zur Durchfahrt die Schiffe gelichtet werden müssen. Die Stadt, am Fuß des steilen Mithridatesbergs amphitheatralisch in Halbmondform gelegen, mit Festung, 4 Kirchen, einem berühmten Museum für Altertümer etc., wurde im Krimkrieg (11.-14. Juni 1855) von den verbündeten Westmächten eingenommen und dem Erdboden gleich gemacht. Nachher wieder aufgebaut, hat sie sich rasch erholt und mit dem benachbarten Jenikale zusammen eine Bevölkerung von (1880) 22,449 Einw. Sie besitzt 11 griechisch-kath. Kirchen, 6 Synagogen und Moscheen, ein Gymnasium, ein adliges Fräuleinstift, ein Seminar und viele jüdische, russische und armenische Volks- und Privatschulen (mit zusammen 1300 Schülern), ein Theater, eine städtische Bank (Umsatz 1881: 12 Mill. Rubel), 2 Bibliotheken, eine Buchhandlung, Fabriken für Kaviar, Seife, Leder, Tabak, Schiffszwieback und den belebtesten Hafen der Krim, obschon sich der Handel noch nicht wieder zu der Höhe erhoben hat, die er vor der Katastrophe von 1855 einnahm. Ausgeführt werden besonders Weizen, Gerste, Leinsaat, Leder, Fische, Kaviar, im ganzen 1885 für 1,654,127 Rub.; die Einfuhr ist sehr unbedeutend (25,736 Rub.), namentlich Holz und Tischlerarbeiten, Früchte und Öl. K. ist auch Station der Dampfer von der Linie Odessa-Krim-Asow und der Sitz eines deutschen Konsuls. Gegen 4 km südlich von der Stadt liegt die gleichnamige starke Festung, 85 m ü. M., bestimmt, die Durchfahrt ins Asowsche Meer zu hindern. Die 3 km lange Linie der Befestigungen ist so gebaut, daß auf jeden Punkt ein starkes Kreuzfeuer konzentriert werden kann. Die Garnison ist in bombenfesten Gebäuden untergebracht. Von der Landseite ist die ganze Festung durch einen hohen Wall verdeckt. - An der Stelle von K. lag im Altertum die Stadt Bosporos oder Pantikapäon, später die Hauptstadt des bosporanischen, dann des pontischen Reichs unter Mithridates und Pharnakes. Im Mittelalter gehörte die Stadt den Genuesen (bis 1475),